09. März 2023

Donald Trump, Tucker Carlson, Chuck Schumer, der Schamane und ein Gefangenenchor Sturm auf das Kapitol, ach wirklich?

Amerika steht unter Schock: Was geschah wirklich am 6. Januar 2021 in Washington?

von André F. Lichtschlag

Amerika bebt gerade – und die deutschen Medien schweigen mal wieder: Hier gibt es nichts zu sehen, gehen Sie bitte weiter.

Letzte Woche Freitag, am 3. März, wurde ein „Lied“ auf dem Videoportal Youtube unter dem Titel „Justice for all“ veröffentlicht (Link unten). Donald Trump spricht hier – eigens in Mar-a-Lago dafür aufgenommen – den patriotischen Fahneneid. Und ein „Gefangenenchor“ singt im Wechsel die Nationalhymne. Der Gefangenenchor ist allerdings echt. Es singen einige der bis heute knapp 1.000 Inhaftierten des 6. Dezember 2021. Ihre jeweiligen Tonspuren konnten erfolgreich aus einem Gefängnis in Washington, D. C herausgeschmuggelt und eigens für die Songkomposition zusammengefügt werden. Die Einnahmen aus der Veröffentlichung sollen rechtlichen Beistand für sie finanzieren helfen.

Die amerikanische Presse tobte. Was erlauben Trump? Die Inhaftierten sollen gefälligst schweigen, schließlich haben sie sich des vielleicht größten Megaverbrechens der Neuzeit schuldig gemacht, dem „Sturm auf das Kapitol“ am 6. Januar 2021, dem „Umsturzversuch gegen die amerikanische Demokratie“, dem „Putschversuch“. Nebenbei: Deutsche Zuschauer und Leser kennen das Spiel mit den Worten, medial inszenierte „Putschversuche“ sind gerade en vogue. Der „Reichstagssturm“ im Sommer 2020, gewissermaßen die Generalprobe für Washington und später Brasilia, lässt ebenso grüßen wie zuletzt der gerade noch verhinderte Putsch durch die Rollator-Gang um den Karnevalsprinzen. Auch diese älteren Herrschaften sitzen seit Monaten im Gefängnis, ohne dass man so ganz genau weiß, was sie denn jetzt überhaupt verbrochen haben, außer ihrer blühenden Phantasie freien Lauf gelassen zu haben. Aber wenn das strafbar wäre, wo müsste Karl Lauterbach dann eigentlich sitzen?   

Was hierzulande mit Prinz Heinrich XIII. schillernd bebildert wurde, dafür war in Washington, D. C. der „Schamane“ unter den Demokratiestürmern zuständig: der Navy-Veteran Jacob Anthony Angeli Chansley mit ikonographischer Fellmütze und Hörnern auf dem Kopf. Auf ihn kommen wir gleich zurück.

Drei Tage nach der Veröffentlichung von „Justice for all“, die amerikanischen Hauptstrom-Medien hatten das Video gerade noch als ein typisches Werk des „immer irrer werdenden“ Donald Trump abgetan, ging der Tanz um die Deutung des 6. Januar 2021 erst richtig los.

Am Montag, 6. März, ließ Fox-News-Moderator Tucker Carlson in seiner täglichen Abendsendung die Bombe platzen (Link zum Video unten). Dem Sender waren vom neuen republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus Kevin McCarthy bereits im Februar sämtliche Innenaufnahmen vom „Sturm auf das Kapitol“ übergeben worden – mehr als 40.000 Stunden Videomaterial. Das Team um Carlson hatte die Filme akribisch gesichtet, und nun veröffentlichten sie einen Zusammenschnitt. Und siehe da, hierauf war gar kein gewalttätiger Mob zu sehen, vielmehr – wie es Carlson denn auch beschreibt – „friedliche Spaziergänger im Kapitol“, „freundlich begleitet von der Kapitol-Polizei“, die den Besuchern zuvorkommend Türen öffnet.

Und dann sehen wir auch wieder das „Gesicht der Ausschreitungen“, der Oberbösewicht des Putschversuchs Schamane Chansley bei der Arbeit: Nachweislich völlig unbewaffnet wird er von der Kapitol-Polizei umhergeführt, zweitweise von neun Polizisten begleitet, die ihm zuvorkommend und stets freundlich die Wege öffnen. Fehlt eigentlich nur noch die Untermalung durch Fahrstuhlmusik.

Putsch? Revolution? Umsturz? Anschlag auf die Demokratie? Nichts sieht hier danach aus. Wofür genau noch mal sitzt Chansley seit mehr als zwei Jahren hinter Gittern? Welches Schwerverbrechen hat er – verurteilt zu vier Jahren Gefängnis – begangen, wenn ihm währenddessen doch Polizisten freundlich helfen, statt ihn irgendwo zu hindern oder gar zu verhaften? Ist schrilles Aussehen jetzt strafbar? Chansley, auch das zeigen die Original-Aufnahmen, die Tucker Carlson nun öffentlich machte, hat sich sogar für den freundlichen Beistand und die Fürsorge durch die Beamten im Kapitol herzlich bedankt.

Und dann zeigt Carlson Aufnahmen vom Polizisten Brian Sicknick. Von ihm hatten die Mainstreammedien wochenlang berichtet, er sei brutal von mehreren Demonstranten mit einem Feuerlöscher erschlagen worden und einen Tag später den Verletzungen erlegen. Im Video nun, das Carlson präsentiert, spaziert Sicknick nach dieser „Tat“ sehr munter umher. Laut Obduktionsbericht starb er denn auch am Tag nach dem „Kapitol-Sturm“ eines natürlichen Todes, an einem Schlaganfall.

Die Medien, auch in Deutschland, präsentieren uns bis heute ständig „fünf Tote“ des 6. Januar. Insofern war dieser Tag wirklich tragisch, daran besteht gar kein Zweifel.

Nur: Neben Sicknick starben zwei Demonstranten an Herzattacken, einer an einer Überdosis Amphetamin. Nur ein Opfer im Kapitol ist tatsächlich durch Gewalt umgekommen – ein unbewaffneter Demonstrant, der von einem Polizisten im Kapitol gezielt erschossen wurde.

Tatsächlich also haben die „Putschisten“ des 6. Januar gar niemanden umgebracht, das Gegenteil ist richtig: Das Opfer – und nicht etwa die Täter – war einer von ihnen. 

Tucker Carlsons Videoveröffentlichung schlug in den USA ein wie eine Atombombe. Im TV, in den sozialen Medien und auf Youtube wurden die Aufnahmen Dutzende Millionen Male angesehen. Die Zuschauer sind oft aufgewühlt. Was ist tatsächlich am 6. Januar 2021 in Washington, D. C. geschehen? Haben die Medien die Amerikaner vorsätzlich belogen und betrogen?

Einen halben Tag später sahen sich Politiker zu Reaktionen genötigt. Allen voran Chuck Schumer, der demokratische Mehrheitsführer im Senat. Er ließ nun auch ein Video verbreiten, seine Stellungnahme, aufgenommen im Kapitol, die ihrerseits in die jüngere US-Geschichte eingehen wird (Link zum Video unten). Schumer ist außer sich. Er fordert den Sender Fox News und namentlich den Gründer Rupert Murdoch inständig auf, Tucker Carlson jetzt sofort zu stoppen! Dessen Präsentation der Videos, die die Senatsverwaltung unter Schumer so lange erfolgreich unter Verschluss gehalten hatte, sei der vielleicht „beschämendste Moment der TV-Geschichte gewesen“. Darunter macht er es nicht.

Sie sind also getroffen. Sie, die, wie sagt man es heute so schön, das „Narrativ“ vom „Umsturzversuch des Trump-Mobs“ in die Welt gesetzt und mithilfe willfähriger Medien täglich wiederholt verbreitet haben.

Selbst wenn die Wahrheit dieses 6. Januar 2021 irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Erzählungen vom gewalttätigen Mob – schließlich gab es auch dazu Aufnahmen, Tucker bestreitet das nicht – und von friedlichen Besuchern zu finden ist (wobei interessanterweise immer noch völlig unklar ist, wer genau die Eingangstüren mehr oder weniger gewaltsam öffnete): Wie verhältnismäßig sind eigentlich die Gefängnisstrafen, wenn man weiß, dass Schläger und Brandschatzer der Antifa-Szene, andere Menschen brutal nötigende und Kunstwerke zerstörende Klimakleber oder die Initiatoren der Black-Lives-Matter-Krawalle mit gezielten körperlichen Angriffen gegen Polizisten und Passanten meist nicht länger als einen Tag im Gefängnis verbringen? War es nicht genau diese auf groteske und obszöne Art in Amerika und auch hierzulande verlustig gegangene Verhältnismäßigkeit, das ständige Messen mit zweierlei Maß, womöglich auch bei den Wählerstimmen, die wütende Menschen erst in Massen vor und in das Kapitol trieb? Wollten sie wirklich „Recht und Freiheit zerstören“, wie man uns erzählt? Oder waren sie gekommen, genau diese Werte gegen die Bigotten, die Skrupellosen, die Scheinheiligen, die Doppelmoralisten, die Lügner zu verteidigen?

Wem wird am Ende die Geschichte recht geben?

Justice for All

Tucker: This video tells a different story of Jan 6

Sen. Schumer on Fox News Depiction of January 6th


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