18. April 2024 16:00

Einreiseverbot für Schengen-Bürger Sellner und Varoufakis Sie könnten hier etwas Oppositionelles sagen!

In Brüssel wird im besten Europa, das wir je hatten, derweil gleich ein ganzer Kongress belagert

von André F. Lichtschlag (Pausiert)

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Bildquelle: Alexandros Michailidis / Shutterstock Der griechische Ex-Minister Yanis Varoufakis: Zutritt nach Deutschland verboten

Mit dem Dammbruch ist das so eine Sache. Es dauert, bis er plötzlich bricht. Dann aber gibt es kein Halten mehr. In der Bundesrepublik Deutschland durfte knapp ein Dreivierteljahrhundert verstreichen, bis einem Menschen, dem der deutsche Staat im Schengen-Abkommen mit Inländern gleichgestellte Bewegungsfreiheit garantiert, die Einreise verweigert wurde, weil der in Deutschland etwas Oppositionelles sagen könnte. Dieser Präzedenzfall trägt den Namen Martin Sellner. Er wurde Mitte März im Jahr 2024 des Herrn publik. Sellner ist österreichischer Staatsbürger und rechtsidentitärer Publizist.

Fast 75 Jahre lang hätte dieses nordkoreanische Gebaren in Deutschland niemand für möglich gehalten. Doch nur einen Monat nach Sellner traf es mit Yanis Varoufakis das nächste Opfer neuer deutscher Grenzüberschreitungspolitik, diesmal einen griechischen linkssozialistischen Politiker, dem ebenfalls dank Schengen Bewegungsfreiheit in Deutschland genauso garantiert ist wie deutschen Staatsbürgern. Und was nun also zweimal „passierte“, das dürfte fortan die Regel sein, sicher auch bald für aus dem Ausland heimkehren wollende deutsche Staatsbürger, denn rechtlich ist es kein Unterschied.

Wohlgemerkt: Beide Schengen-Inländer, Sellner wie Varoufakis, durften ganz offen nicht nach Deutschland einreisen, weil die deutsche Politik und eine ihr hörige Gerichtsbarkeit erwarten, dass sie hier eine ungenehme Meinung äußern könnten. Und falsche Meinung wird im freiesten Staat deutscher Geschichte per se verfolgt, mal direkt durch die längst willfährige Gesinnungsjustiz, mal indirekt durch staatlich alimentierte Hilfstruppen fürs Gröbere. Das ist dystopisch.

Doch in Deutschland 2024 gebärdet sich der außer Rand und Band geratene Staat nicht nur einfach orwellianisch, sondern geradezu dystopisch im Quadrat. Denn Sellner und Varoufakis werden nicht nur für ihre oppositionelle Meinung haftbar gemacht, was einer Demokratie, zumal einer, die sich noch liberal schimpft, mehr als unwürdig ist, sondern dies geschieht auch noch präventiv, da sie die „Tat“, die keine ist, noch gar nicht begangen haben. Orwell hoch zwei!

Wir dürfen gespannt sein, ob einige aus dem Ausland anreisende Redner zur achten großen Konferenz der Zeitschrift eigentümlich frei auf Usedom im November 2024 noch ungehindert einreisen werden dürfen. Freiheitsfunken-Mitkolumnist Markus Krall zum Beispiel wird aus der Schweiz kommen, wenn das noch möglich sein wird.

Bei alldem ist es fast ein Treppenwitz, wenn der erwähnte Grieche Varoufakis gegenüber dem britischen Journal „Unherd“ einen weiteren Skandal kommentierte, der sich gestern in Brüssel ereignete. Dort hetzte der Bürgermeister des Stadtteils Saint-Josse-ten-Noode, Emir Kir, seine Polizeitruppen zur Belagerung eines oppositionellen – diesmal konservativen – Kongresses auf. Zu den hochkarätigen Teilnehmern der Veranstaltung aus Politik und Publizistik unter dem Titel „NatCon 2024“ gehörten die Briten Nigel Farage und Suella Braverman, der Franzose Éric Zemmour, der ungarische Regierungschef Viktor Orbán, der ehemalige polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und die Deutschen Hans-Georg Maaßen und Gloria von Thurn und Taxis, um einige wenige zu nennen. Sie alle sollten, so wollte es der Lokalpolitiker, in der Hauptstadt des besten Europas, das wir je hatten, präventiv nicht mehr frei tagen und reden können, weil sie ja etwas Böses sagen könnten.

Linksaußen Yannis Varoufakis kommentiert die Vorgänge als „ein weiteres Symptom für Europas Abgleiten in einen Sumpf aus absurdem Autoritarismus“. Und weiter: „Ich bin kein politischer Freund von Nigel Farage, aber ich würde es hassen, wenn jemand wie Nigel am Reden gehindert würde, nur weil er vielleicht Dinge sagt, die unter anderem mich selbst verärgern könnten.“ Varoufakis fügt hinzu: „Ich denke, wir haben den Punkt überschritten, an dem es kein Zurück mehr für die Europäische Union gibt. Ob links oder rechts, diejenigen, die an grundlegende menschliche Anständigkeit und Redefreiheiten glauben, sollten jetzt Widerstand leisten.“

Wohlan.


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