25. April 2024 14:00

Unternehmenskiller Lieferkettengesetzgebung Der älteste Schnupftabakhersteller Deutschlands gibt auf

Über eines der vielen Opfer unter den Klein- und Mittelbetrieben, die bald Geschichte sein werden

von André F. Lichtschlag

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Bildquelle: vichni / Shutterstock Schnupftabak: Bald auch nur noch großindustriell gefertigt erhältlich

Es ist mehr als 20 Jahre her, da frönten ein Mitautor von eigentümlich frei und ich hin und wieder dem Laster Schnupftabak. Das ging so weit, dass wir irgendwann planten, ein kurzweiliges „Schnupferlbuch“ mit libertären Spitzen (ähnlich dem im letzten Jahr tatsächlich erschienenen Bier-Brevier von Helge Pahl unter dem Titel „Freibier“) zu verfassen und ef-nah zu verlegen. Das Schupferlbuch wurde bis auf eine Einleitung fertiggeschrieben und dann über die Jahre zunächst immer mal wieder verschoben, weil politisch Aktuelles vorging, und irgendwann, auch weil wir nicht mehr viel schnupften, vergessen.

Vor ein paar Tagen stolperte ich im Internet über irgendeinen Schnupftabak-Link und musste mehrfach laut lachen, als plötzlich die alten Erinnerungen wach wurden und ich nach einigem Suchen die Buchdatei in den Tiefen des Archivs zur Lektüre wieder ausgraben konnte. Mal schauen, vielleicht sollten wir das Büchlein nach mehr als 20 Jahren jetzt gut abgehangen doch noch zur Welt bringen, sodass sich auch andere Leser daran erfreuen können.

Ein anderer Fund in diesem Zusammenhang stimmte mich nun allerdings sehr traurig und bietet den eigentlichen Aufhänger für diese Kolumne. Denn ich habe auch ein wenig im Internet „gesurft“, um zu schauen: Gibt es die Firmen überhaupt noch, die vor zwei Jahrzehnten in Deutschland Schnupftabak herstellten? Es waren damals zwei Unternehmen. Und siehe da, die größere der beiden, die Firma Alois Pöschl GmbH & Co. KG mit Sitz im niederbayrischen Geisenhausen ist nach wie vor auf dem Markt aktiv und gilt heute als der weltweit größte Schnupftabakproduzent der Welt. Goliath lebt. Wunderbar.

Und David? Das ist oder war der Familienbetrieb der Brüder Bernard, ebenfalls – na klar – in Bayern zu Hause, genauer: in Sinzig in der Oberpfalz. Bernard ist nicht der größte, aber der älteste Schnupftabakhersteller Deutschlands. Nächsten Monat, im Mai 2024, wird der Betrieb nach 291 Jahren eingestellt. Ein Trauerspiel.

Was war geschehen? Nun, die Europäische Union hat 2023 die dritte Tabakproduktrichtlinie (TPD 3) erlassen. Der zufolge müssen nun auch für Schnupftabak weltweite Lieferketten genau dokumentiert werden. Die Geschäftsführerin des Unternehmens Bernard, Toni Alhäuser-Clausen, erklärte dem Bayrischen Rundfunk, das Unternehmen könne diese EU-Richtlinie, die ab Pfingstmontag, dem 20. Mai 2024, gelte, nicht umsetzen. Man werde deshalb den Betrieb einstellen.

Die Bernard GmbH ist natürlich nur ein Beispiel der unzähligen Klein- und Mittelbetriebe, die unter der Last zunehmenden bürokratischen Wahnsinns still und leise aufgeben und ihren Betrieb schließen. Der Bundeswirtschaftsminister würde sagen: Alle diese Unternehmen sind keine Opfer der neosozialistischen Politik, nein, sie produzieren nur nicht mehr.

Bleibt die Frage, welchen Umständen genau diese Klein- und Mittelbetriebe nun zum Opfer fallen. Ist es Vorsatz? Oder nur irgendwie dumm gelaufen?

Familiengeführte Klein- und Mittelbetriebe sind in ihrer störrischen Autarkie und Halt wie Haltung verleihenden Tradition die natürlichen Feinde jeder Zentralisierungspolitik. Das ausgesprochene Ziel von Robert Habeck und seiner politökonomischen Vordenkerin Mariana Mazzucato ist eine Planwirtschaft 2.0, bei der die Politik die Vorgaben macht und Großunternehmen sie umsetzen. Gelenkt wird von oben, von Mastermind Habeck und Konsorten, ihre Transmissionsriemen sind die Verbände, die Großindustrie und die multinationalen Unternehmen. Diese machen jeden woken Blödsinn, Grippewahn, Genderkokolores und Klimahokuspokus willig mit, glänzen unter den Zeitgeistvorgaben der Politik. Unabhängige, widerborstige Familienunternehmen stören und scheitern unter der Last immer neuer Vorgaben und bürokratischer Auflagen. Irgendwann werden auch die letzten von ihnen aus dem Weg geräumt sein.

Doch Wille und Plan sind das eine. Motivation von manchen, sicherlich. Und selbst wenn nicht – die von der Österreichischen Schule der Nationalökonomie tiefgreifend untersuchte Interventionsspirale sorgt von sich aus ganz automatisch für ähnliche Tendenzen. Politik und Bürokratie mästen sich selbst und breiten sich metastasenartig immer weiter aus. Mehr und mehr. Bis alles zusammenbricht, weil auch die letzten Wirte ausgesaugt oder geflüchtet sind – oder ihren Betrieb still und leise eingestellt haben.

Mein Lieblingsschnupftabak war der Kownoer – produziert von Bernard in der Oberpfalz nach einer alten Rezeptur aus dem Jahr 1909. Noch sind letzte Reste der final produzierten Palette im Fachhandel erhältlich.


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