Guter Einkauf: Youngtimer (2): Von Panzern und Ziegelsteinen
Die Welt der guten, alten Autos
von David Andres
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Im ersten Teil dieser Kolumne begründete ich, wieso der perfekte Zeitraum angebrochen ist, in ein gutes altes, aber nicht zu altes Auto zu investieren. Denn selbst, wenn das Verbrennerverbot von Brüssel nicht überleben sollte, so überlebt doch in jedem Fall der Wahn der Autohersteller, in deren Modellplanung das Elektrische tief und unumkehrbar eingesickert ist. Das Digitale übrigens auch, schon seit Längerem, die Fahrzeuge sind rollende Rechner geworden, überwachbar, hackbar, nicht länger unabhängig. Ein dritter Grund, in die Vergangenheit zu schreiten, um als erwachsener Autofahrer seine Unabhängigkeit zu waren.
In diesem Sinn soll hier die Rede nicht von komplett antiken Oldtimern sein, die man rein als Wertanlage kauft und allenfalls am Wochenende fährt, sondern von Youngtimern oder Oldtimern an der äußersten Grenze der Definition, von Modellen für den tagtäglichen Gebrauch, die als positiver Nebeneffekt dennoch bei guter Pflege jeden Tag im Wert steigen statt sinken. Bei einem Oldtimer, den man mit dem H-Kennzeichen anmeldet, handelt es sich um ein mindestens dreißig Jahre altes Fahrzeug; ein Youngtimer landet mit seiner ehemaligen Erstzulassung je nach Ansicht und Glaubenssatz im Bereich zwischen diesen dreißig und rund fünfzehn Jahren der Vergangenheit. Welche Fahrzeuge sich lohnen, hängt zum einen von den persönlichen Bedürfnissen und zum anderen davon ab, wieviele Stimmen Sie einholen und wie tief Sie sich in dieses faszinierende Themenfeld hineingraben. Ein paar halbwegs zu verallgemeinernde Aspekte seien aber hier genannt.
Zum einen achten Sie beim Kauf auf die Menge der Vorbesitzer, die im Optimalfall gering sein sollte und selbstverständlich auf das Nichtvorhandensein von Unfallschäden. Nehmen Sie, sollten Sie selber kein Fachmann sein, zum Besichtigungstermin immer jemanden mit, der versteckte Schäden oder für kundige Augen erkennbare Schwächen zu identifizieren vermag. Ein solcher Fachmann kann zudem dank seiner Erfahrung Auskunft über einen der entscheidenden Aspekte geben – ob es für das avisierte Modell noch Original-Ersatzteile gibt. Seitens der Fabrikanten selbst wird das häufig nicht mehr der Fall sein, stellen doch beispielsweise gerade gute Hersteller wie Audi, aber auch Mercedes, schrittweise die Produktion von Ersatzteilen ein, sobald ein Modell die 10-Jahres-Altersgrenze erreicht. Entscheidend ist hier bei der Recherche also der Blick auf den Gebrauchthandel, in dem „Reseller“ Ihnen eine gesetzlich vorgeschriebene Garantie von einem Jahr gewähren müssen. Für spezifische Fahrzeuge wie etwa den 5er-BMW des Modells E34, gibt es allerdings tatsächlich noch Teile-Vorräte beim Hersteller selber.
Erfahrene Mechaniker bevorzugen häufig robuste Dieselfahrzeuge, doch auch Benziner befinden sich unter den Klassikern, denen besondere Robustheit nachgesagt wird. Die 190er-E-Klasse von Mercedes, die dieser Tage dank fortschreitender Zeit bereits in die Oldtimer-Kategorie fällt, ist in weiten Teilen eine Bank, ebenso die C-Klasse W203 C220 CDI oder die W211er-Reihe, die ich selber fahre, die allerdings hier und da Probleme mit der Elektronik bekommen kann, so etwa mit der heutzutage nicht mehr genutzten Telefonanlage, an die sich alte Handys andocken ließen. Auch andere „Tanker“, „Panzer“, „Schlachtschiffe“ oder „Ziegelsteine“ haben ihre Namen im Volksmund als positives Vorurteil verdient, so etwa die 700er-Reihe von Volvo (mit Ausnahme des V6-Euromotors im 760) oder der Saab 900, ein absolutes Kultfahrzeug, das ein persönlicher Freund etwa in Ehren hält, der sich weitaus kostspieligere Neufahrzeuge leisten könnte. Hunderttausende von Kilometern Laufleistung, hervorragende Karrosserie und trotz des Todes der gesamten Marke weiterhin eine solide Versorgung mit Ersatzteilen.
In diesen beiden schwedischen Fällen ist die Grenze zum Oldtimer ebenfalls schon überschritten. Beim Volvo sind jedoch auch vergleichsweise neue Modelle solide, beim Saab etwa für dickere Geldbeutel das 9-3 2.0 Turbo Cabrio ein Sommertraum. Bei den Kleinwagen und der Kompaktklasse, mit der man die eigenen Kinder zu guten Preisen auf ihre ersten Pendelstrecken zu Job und Uni schicken kann, schwören viele erfahrene Schrauber auf den VW Golf IV und sogar auf den VW Lupo, der sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt teilweise schon für unter 500 Euro ankaufen lässt. Sollten Ihre Kinder sich entweder lieber auf die Straße kleben statt auf ihr zu fahren, oder aber ohne Gegenleistung hochklassigere Modelle als Erstfahrzeug verlangen, haben Sie in beiden Fällen bei der Erziehung was falsch gemacht.
Recherchieren Sie, tauchen Sie ein, es macht Freude, sich dem Thema zu widmen… im Netz, aber vor allem aus Stilgründen und weil es zu der angemessen altmodischen Entschleunigung passt, auch und gerade auf Papier. Daher sind unten bei den Quellen das gedruckte Magazin „Youngtimer“ sowie der Verlag „GeraMond“ verlinkt, dessen Autobücher ästhetisch wie inhaltlich große Freude machen.
Quellen:
Youngtimer (Fachmagazin)
GeraMond (Buchverlag)
Youngtimer – Autos, Technik & Kaufen...?! Tipps vom Kfz Meister (GC-Dynamics) (YouTube)
Sieben Klassiker, die fast ewig halten (mobile.de)
12 Klassiker mit Potenzial zur Wertsteigerung Diese Autos sollten Sie jetzt kaufen (Youngtimer in „Auto, Motor, Sport“)
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