21. März 2023

Bisher beste Entscheidung im Reichstag Karten neu gemischt mit sogenannter „Wahlrechtsreform“

Die Zeichen stehen auf Sezession

von Christian Paulwitz

Die fünf größten Parlamente der Welt – in etwa dem demokratischen Anspruch entsprechend – sind derzeit die Chinesische Volkskammer, der Deutsche Bundestag, das sogenannte Parlament der Europäischen Union, die Beratende Volkskammer von Indonesien sowie die Oberste Volksversammlung von Nordkorea. Obwohl man sich im Bundestag immerhin das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, das Klima der Welt zu retten und zumindest offiziell keinen Zweifel daran aufkommen lassen will, der Aufgabe auch gewachsen zu sein, ist man sich dort im Allgemeinen erstaunlicherweise bewusst (natürlich nicht ohne den einen oder anderen ergangenen Wink mit dem Zaunpfahl), dass einem die eigene aufgeblasene Größe durchaus ein bisschen peinlich sein müsste. Hintergrund ist das gemischte Wahlsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht und die Konsequenz der Überhang- und Ausgleichsmandate, die sich ergibt, wenn man weiß, dass das mit der Unabhängigkeit des Abgeordneten nur auf dem Papier steht, weil letztendlich so gut wie alle Klatschhasen den Finger dort heben, wo es die Fraktionsführung vorgibt, auch wenn es nicht selten in direktem Widerspruch zu dem steht, was man mal in ein Wahlprogramm hat schreiben lassen. Damit sich „der Wähler“ nicht betrogen fühlt, müssen daher Überhangmandate aus Direktwahlen bei den anderen Parteien des Parlaments mit zusätzlichen Klatschhasen-Mandaten ausgeglichen werden. Ich hab’s auch nicht verstanden. Jedenfalls hat dies dazu geführt, dass der Bundestag mit zunehmender Zahl der in ihm vertretenen Parteien immer größer wurde, zumal der Bundestag über Landeslisten gewählt wird, und die aus den Ländern kommenden Mandatsträger auch noch zueinander irgendwie im richtigen Verhältnis stehen müssen, damit keinesfalls eine Wählerstimme zu geringgeachtet wird, wie Sie sicher ohne Weiteres missverstehen können.

Nach dem Scheitern bisheriger Versuche hinsichtlich der strukturellen Parlamentsverkleinerung hat nun die rot-grün-gelb-sozialistische Volksbefreiungsregierung angesetzt, mit lenin‘scher Konsequenz den gordischen Knoten endgültig zu zerschlagen und dabei das Notwendige mit dem Nützlichen zu verbinden. Der geniale Einfall: Drei Direktmandate einer Partei führen nicht mehr automatisch zur Überwindung der 5-Prozent-Hürde, was bisher dafür gesorgt hatte, dass eine Partei dann auch entsprechend ihres Stimmenproporz einziehen durfte; vielmehr soll eine Partei künftig auch die Direktmandate mit der Verfehlung der 5-Prozent-Hürde verlieren. Aus Regierungssicht ist das nicht nur praktisch gegenüber ihrem kommunistischen Wettbewerber (man beachte die außergewöhnliche Wortkombination!), der auch jetzt nur aufgrund der gewonnenen Direktmandate in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten ist, sondern auch gegenüber dem sich bisweilen etwas bürgerlich gebenden bayerischen Rivalen innerhalb der sozialistischen Einheitsfront, der CSU, die sich zwar in der Sache, jedenfalls wenn sie formal mitentscheiden sollte, immer gefügig gezeigt hat, weswegen man sie aber trotzdem nicht unbedingt lieben muss. Denn da die CSU nur in Bayern antritt, ist die Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde bundesweit für sie nicht (mehr) selbstverständlich; bei der letzten Wahl waren es gerade 5,2 Prozent (nur noch 24,1 Prozent Zustimmung in Bayern), wobei sie in Bayern aber alle Direktmandate gewonnen hat, während der bayerische Lockdown-Spezialist und Ministerpräsident Söder weiterhin für den abnehmenden Rückhalt der Partei bei der Listenwahl arbeitet.

Ja, und da es mir relativ egal ist, ob in Berlin rote, grüne, schwarze oder gelbe Sozialisten und in welcher Zusammensetzung Unsinn machen, finde ich das am Freitag verabschiedete neue Wahlrecht einfach großartig. – Nicht etwa, weil ich glaubte, durch einen kleineren Bundestag würden Kosten gespart – so läuft das nicht. Erinnern Sie sich noch an den Brexit, als man nach Ausscheiden der britischen Abgeordneten inklusive der britischen Beiträge für den EU-Korruptionsapparat die Abgeordnetenzahl beibehielt und die ohnehin zwangsweise erhobenen Mittel dafür an andere Partner verschacherte? Beim Bundestag, so er denn tatsächlich mal kleiner wird, werden wir sehen, dass man die Kosten auch mit weniger Abgeordneten auf gleichem Niveau halten oder (wahrscheinlicher) sogar erhöhen kann. In dieser Beziehung – und nur in dieser – haben wir es schließlich mit absoluten Vollprofis zu tun. Kleinere Abgeordnetenzahlen bedeuten ceteris paribus weniger Posten für verdiente oder zu befriedende Parteikader – aber man kann die Posten ja auch um die verbliebenen Abgeordneten herum schaffen, sofern noch Abgeordnete verbleiben. Nur wenn man keine Abgeordneten mehr nach Berlin schicken kann, obwohl man das bisher immer durfte, trifft das eine Partei ziemlich existentiell und dürfte sogar die CSU zu ungewöhnlichem Handeln motivieren.

Leider gibt es davor noch eine Hürde, nämlich das Bundesverfassungsgericht. In dieses hat sich bekanntlich die CDU während ihrer letzten 16 Regierungsjahre recht zielsicher und erfolgreich eingekauft, wie sich deutlich unter dem Merkel‘schen Coronaregime gezeigt hat. Da das Geschäftsmodell der CDU als Kanzlerwahlverein ohne die CSU einer recht ungewissen Zukunft entgegensieht, ist zu befürchten, dass das oberste deutsche Gericht die Wahlrechtsänderung wieder kassiert und zurückverweist. Wäre ja nicht das erste Mal – vom Bundestag beschlossene Wahlrechtsreformen gehören offenbar zu den Dingen, die sich das Gericht nicht durch Annahmeverweigerung auszusitzen traut. Man wird sich also wohl tatsächlich juristisch damit befassen müssen, das wird also noch spannend.

Sollte es dann aber doch durchgehen, dürfte es bereits 2025 vorbei sein mit der CSU im Bundestag, die dann ein noch größeres Problem bekommt, in ausreichender Zahl Posten an ihre Kader zu vergeben. Da kommt Bewegung in die verkrusteten Strukturen. Dann müsste die CSU ein starkes, selbstbewusstes Signal geben, um ihre Reihen zusammenzuhalten. – Sezession? Ein Ausscheiden Bayerns aus den von Berlin regierten Deutschen Landen? Berlin ist aus bayerischer Sicht ohne Abgeordnetenmandat ziemlich doof und hässlich, wenn man sich es recht überlegt. Und Kohle wollen sie da auch noch ständig. Während die Probleme durch die korrupten Verflechtungen bis auf inter- und supranationaler Ebene immer noch weiter anwachsen und ihre Auflösung ohne konsequente Dezentralisierung nicht vorstellbar ist, könnte die CSU nun geradezu zur Sezession getrieben werden. Daran wird man auch andernorts schon denken. In Sachsen zum Beispiel. Berlin darf dann den Euro behalten – einfach Mauer drum rum und gut is‘. Und wenn dann erst einmal der Anfang gemacht ist, kann das Sezessionsmodell in Bayern schnell zum Selbstläufer werden, wo man in den fränkischen Regionen mit Bezug auf den Freistaat Bayern schon immer etwas anders buchstabiert hat: „Frei statt Bayern“. jetzt müssen Sie nur noch wissen, dass der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Söder, der die CSU auf bundesweite fünf Prozent gedrückt hat (nach 2017: 6,2 Prozent, 2013: 7,4 Prozent), Mittelfranke ist: Wenn da mal kein von langer Hand vorbereiteter Plan dahinter steht…


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