Radioaktivität: kontrafunk.radio
Die völlig andere Hörerfahrung
von Carlos A. Gebauer (Pausiert)
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Burkhard Müller-Ullrich ist seit jeher Journalist. Er arbeitete unter anderem für die „Frankfurter Rundschau“, „die „Zeit“, die „Welt“, den „Focus“ und die „Süddeutsche Zeitung“, für ARD-Sender und den Deutschlandfunk. Man kann also sagen: Er kennt das Geschäft aus vielen Perspektiven und in unterschiedlichsten Facetten. Er schrieb und redete – und er leitete die Kulturredaktion des Deutschlandfunks. Irgendwann auf diesem Weg verlor er allerdings die Geduld mit seinen Kollegen und dem, was sie an Arbeit präsentierten. Der erwachsene und lebenserfahrene Journalist wurde ungehalten. Er stellte Augenblicke des Trotzes an sich fest. Im Jahre 2020 begann er dann, für die Achse des Guten einen Podcast zu moderieren. Und weil das Schicksal ihm eine begnadete Rundfunkstimme geschenkt hat, die er zum Moderieren klug einzusetzen weiß, gewann er schnell Zuspruch für das Konzept, mit intelligenten Menschen ruhige Gespräche über ernste Themen zu führen. Schnell wuchs eine Fangemeinde, die es schätzt, wenn der Moderator nicht nur vorgefertigte Antworten abfragt, wenn er nicht das in seine Gesprächspartner Hineinsuggerierte wieder inquisitorisch aus ihnen herausquetscht, wenn an die Stelle des Vorwurfes im journalistischen Gewand ein wahres Interesse tritt, den anderen zu Wort kommen zu lassen.
In der Konsequenz fanden handlungsbereite Kräfte zusammen und gestalteten aus dem singulären Podcast pünktlich zum Sommeranfang 2022 ein nun ganztägiges Radioprogramm. Unter der Regie des Meistertalkers sammeln sich seit dem 21. Juni 2022 in Gestalt des Schweizer Radiosenders „Kontrafunk“ immer mehr Enttäuschte der guten alten bundesrepublikanischen Publikationsszene und verbinden sich mit Profis aus der Schweiz und Österreich, um feine Radioqualität für das deutschsprachige Publikum inmitten Europas zu liefern. Und alle jene, die in den vergangenen Jahren das Radiohören verlernt hatten, weil dieses scheinbar antiquierte Medium überall zu einer Art surrealem Haltungsäther umfunktioniert wurde, finden plötzlich wieder eine Heimat für ihr Ohr. Hundert Millionen potenzielle Adressaten mit gutem Rundfunk bedienen zu können, ist – sagt Müller-Ullrich – eine faszinierende Perspektive. Und dass genau dies auch noch in einem Umfeld geschieht, das sich durch wenig zielgruppenaffine Sonderlichkeiten selbst aus der Konkurrenz nimmt, macht das Ganze umso spannender.
Wer in den letzten Monaten via Internet den medialen Weg zu Kontrafunk gefunden hat, der lernt oft nach langen Jahren der Radioabstinenz die Vorteile dieses Mediums neu schätzen. Praktisch ohne Musik und rein mit Geist, Witz und Informationen breitet sich ein verloren geglaubtes Universum neu aus. Und manche Reisen erweisen sich bedauerlicherweise als zu kurz, um auch noch diesen oder jenen Beitrag ganz bis zum Ende gehört zu haben.
Die Macher von Kontrafunk – die Köpfe also, die die „Stimme der Vernunft“ zum Klingen bringen – versammelten sich in dieser Woche, in der 41. Woche des Sendebetriebes, zu einer Art manöverkritischem Betriebsfest. Die Zusammenkunft in der Schweiz erwies sich als ein gleichsam unvermuteter Almauftrieb intellektueller Prominenz. Als sich die Gruppe zuletzt zu einem Erinnerungsfoto scharte, waren zwar manche schon abgereist. Doch Radio wird ja für die Ohren und nicht für die Augen produziert. Dass auch die Stimmen mancher eigentümlich frei- und Freiheitsfunken-Autoren auf Kontrafunk zu hören sind, garantiert handfeste liberale Qualität. Bald, hörte man am Rande der ungezählten Gespräche, werde der Sender sich auch jugendlich erweitern wollen. Wer also am Beginn seiner Karriere steht und das Radio liebt, sollte sich bei Burkhard Müller-Ullrich und seinem Team melden. Aufbruchstimmung ist garantiert.
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