27. März 2023 08:00

Gestahlfedert: Grölemeyer Willfähriger Staatsclown und hoffnungsloser Ökonomielegastheniker

Si tacuisses, philosophus musicus mansisses!

von Michael Werner

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Herbert Grönemeyer hat ein neues Album herausgebracht. Klappern gehört zum Handwerk, man muss Promotion machen, zum Beispiel Interviews geben, und dabei kann man sich auf die Musik fokussieren und sich politisch bedeckt halten, man kann schlaue politische Statements damit verbinden oder man kann dumme Dinge sagen. Grönemeyer hat sich leider – nicht zum ersten Mal – für Letzteres entschieden.

Nach vier Alben, von denen es nur das letzte, „Gemischte Gefühle“, in die Charts schaffte (Platz 43), hatte er 1984 mit seinem fünften Album „4630 Bochum“ seinen großen Durchbruch: Platz Eins der Album-Charts (was ihm fortan mit jedem weiteren Album gelingen sollte) sowie etliche erfolgreiche Singles, unter anderem der Klassiker „Männer“. Jenseits der Geschmacksfrage muss man ihm für diese ungebrochene Erfolgsgeschichte Respekt zollen. Auch wenn es heute für ein Nummer-Eins-Album bereits reicht, wenn die beinharte Fan-Basis zuschlägt; anders als in den 80ern, als man dafür noch Verkäufe im sechsstelligen Bereich vorweisen musste. Und ja, der Mann kann was als Komponist, Textdichter und Musiker. Über seinen Gesang kann man geteilter Meinung sein, doch den möchte ich ihm – ähnlich wie bei Bob Dylan – gerne als Markenzeichen durchgehen lassen.

Für Erfolg muss man sich beileibe nicht schämen, ganz im Gegenteil. Dennoch ließ mich nie der Eindruck los, dass dieser Mann von einer typisch deutschen Art des „Erfolgsschams“ gepeinigt war. Zur Zeit seines großen Durchbruchs wurde mir zugetragen, dass er zu öffentlichen Terminen wie Autogrammstunden et cetera zwar mit seinem schicken Auto fuhr, es aber etwas weiter weg parkte und den Rest zu Fuß ging, um bei seinen Fans nicht abgehoben zu wirken, sondern als „einer von ihnen“. Ob diese Geschichte stimmt, weiß ich nicht und kann ich auch nicht belegen; das betone ich hier ausdrücklich, weil Grönemeyer gerne mal vor Gericht zieht, wenn jemand etwas über ihn verbreitet, das ihm widerstrebt. Es soll aber auch nicht ehrenrührig sein, bescheiden aufzutreten und Bodenhaftung zu zeigen. Und es ist auch unerheblich, ob es wirklich so war – hier geht es darum, welchen Gedankengang es damals in mir ausgelöst hat, das zu hören.

Ich weiß noch zu gut, dass ich das seinerzeit keineswegs für Heuchelei gehalten habe (was ich auch heute noch nicht tue), sondern einfach nur nicht nachvollziehen konnte. What’s the fucking problem? Du hast ein Nummer-Eins-Album, du hast mehrere Top-Ten-Single-Hits, die im Radio rauf und runter laufen, und du spielst vor ausverkauften Hallen. Du bist also höchstwahrscheinlich Millionär, du bist ein Superstar, und jeder erkennt dich auf der Straße. Niemand erwartet daher allen Ernstes von dir, dass du dich im Feierabendverkehr in eine Straßenbahn quetschst, um zur Autogrammstunde in ein Plattengeschäft in der Innenstadt zu fahren. Und niemand hält dich für abgehoben, wenn du dir ein teures Auto leistest, mit dem du zu solchen Terminen anrückst. Nein, es ist einfach normal, und eigentlich müsste dir das sogar so ziemlich jeder von Herzen gönnen!

Ich war damals wie heute ein großer Elvis-Fan, und Elvis machte es „the American Way“: Von seiner ersten großen Kohle kaufte er seiner Mutter als Dankeschön für alles, was sie in ihrer Erziehung richtig gemacht hatte, einen rosa Cadillac. Nun besaß Mutter Presley keinen Führerschein, so musste dann der Filius notgedrungen mit dem stylischen Vehikel durch die Gegend cruisen, und alle waren glücklich. Fortan gönnte er sich auch jeden weiteren Luxus, den man von einem Star seines Kalibers erwartet, wobei sein berühmtes Anwesen „Graceland“ im Direktvergleich mit den Villen heutiger Megastars eher wie eine Hundehütte wirkt.

Elvis konnte sich problemlos mit edlen Klunkern behängen und die dicksten Schlitten fahren, ohne abgehoben zu wirken oder es gar zu sein. Er hat seinen Erfolg in vollen Zügen genossen, aber auch andere daran teilhaben lassen und vor allem nie vergessen, wem er ihn zu verdanken hat: Es gibt keine einzige Story, dass er jemals einem Fan ein Autogramm, einen Handshake, eine Umarmung, ein gemeinsames Foto oder, wenn die Zeit es zuließ, einen kurzen Plausch verweigert hat. Zudem war er der Ansicht, jeder sollte einen Cadillac haben, und so ließ er keine Gelegenheit aus, jeden, der nicht bei drei auf den Bäumen war, mit einer solchen Karosse zu beschenken. Mitunter wildfremde Menschen, die zufällig zugegen waren, wenn er gerade einen Autohändler mit seinem typischen Kaufrausch beglückte. Er hat Abermillionen für wohltätige Zwecke gespendet, und zwar vornehmlich in Abwesenheit der Medien. Halten wir fest: Elvis war definitiv kein Sozialist, denn er bezahlte seine Wohltaten stets aus eigener Tasche.

Mir ist nicht bekannt, ob Herbert Grönemeyer seinen Freunden, seinen Fans oder zufällig Herumstehenden aus einer spontanen Laune heraus schicke Autos schenkt oder einen erheblichen Teil seines nicht unerheblichen Vermögens für wohltätige Zwecke spendet. Wenn, dann tut er es im Verborgenen, was ihn ehren würde. Eine Google-Suche ergab lediglich, dass er nach einer „Wetten, dass…“-Sendung im November 2022 einen Monat lang die Betriebskosten der Berliner Tafel übernahm. Das war sein Wetteinsatz, aber er löste ihn ein, obwohl er die Wette gewonnen hat – feine Sache! Zwei Jahre zuvor rief er öffentlichkeitswirksam die 1,8 Millionen deutschen Millionäre dazu auf, für die durch Corona in Not geratenen deutschen Musiker zu spenden. Ob er als einer dieser 1,8 Millionen Millionäre mit gutem Beispiel voranging oder sich selbst eher auf Seiten der Lockdown-geplagten Musikanten verortete, ging aus seinem Pamphlet in der „Zeit“ leider nicht hervor.

Generell passt Grönemeyer eher ins Bild der stramm linientreuen, sozialistisch daher schwadronierenden „Kulturschaffenden“, derer sich bereits die zwei vorherigen Unrechtsregimes auf deutschem Boden zu Propagandazwecken nur allzu gerne bedient haben. Im September 2019 hielt er während eines Konzerts in Wien zwischen zwei Songs eine kurze „Ansprache“, die nicht wenige Menschen sowohl inhaltlich als auch vom Tonfall her ziemlich befremdlich fanden; einige fühlten sich sogar an die berühmte „Sportpalastrede“ des Hinkejupps aus Rheydt erinnert. Mit sich überschlagender Stimme bellte Häbäät unter anderem ins Mikrofon: „Wenn Politiker schwächeln, liegt es an uns, zu diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat“, um sich dann noch ekstatischer über die Demokratiefeinde von rrrääächz auszulassen. Alle Achtung, das muss man erst mal hinbekommen!

In einem aktuellen Interview anlässlich des Erscheinens seines neuen Albums behauptet Grönemeyer, in Deutschland würden 13 Millionen Menschen nicht genug Geld zum Leben haben, gerade Kinder, Familien, Alleinerziehende und Ältere. Wörtlich legt er nach: „Setzt mal das Thema Armut in den Fokus! Das würde Identität stiften. Nicht dieses neoliberale ,Meine Freiheit über alles‘-Gedöns.“

Ob die Zahl von 13 Millionen Menschen nun stimmt oder nicht, weiß ich nicht, aber dass immens viele Menschen in Deutschland nicht mehr genug Geld zum Leben haben, ist zweifellos zutreffend, und täglich werden es mehr. Schön, dass Grönemeyer, der für einen Stehplatz bei seinem Konzert am 27. Mai in Köln 109 Euro verlangt, dieses Thema einmal anspricht.

Doch dann macht er den typisch linken Doppelfehler, zum einen die Ursachen der rasant fortschreitenden Verarmung nicht klar zu benennen (unter anderem die inflationäre Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die höchste Steuerlast der Welt durch einen nimmersatten Umverteilungsstaat, den sich seine Protagonisten längst zur persönlichen Beute gemacht haben, und eine verantwortungslose, schwerstkriminelle Regierung, die alles tut, um mit ideologiegetriebenem Öko-Wahn die schnellstmögliche Massenverelendung herbeizuführen), und zum anderen mit dem Kampfbegriff „neoliberales ,Meine Freiheit über alles‘-Gedöns“ in die völlig falsche Richtung zu keilen.

Abgesehen von der falschen Verwendung des Wortes „Neoliberalismus“ könnte man wissen, dass mehr individuelle Freiheit, mehr Eigenverantwortung und weniger ,Kollektivismus über alles‘-Gedöns automatisch zu mehr allgemeinem Wohlstand und damit weniger Armut führt. Dafür müsste man jedoch über ein grundlegendes Verständnis für simpelste ökonomische Zusammenhänge verfügen. Was man von einem Herbert Grönemeyer durchaus verlangen könnte, der dafür bloß mal einen kurzen Blick zurück auf seine eigene Karriere werfen bräuchte. – Oder sich alternativ die Frage stellen könnte, wie es in einem sozialistischen System wohl um seinen eigenen Status und Wohlstand bestellt wäre. Wo alle gleich (arm) sind, hätte auch er ein gutes Jahrzehnt auf seinen Trabbi warten müssen; doch immerhin hätte er diesen dann auch nicht verschämt um die Ecke parken brauchen. Oder er hätte sich redlich bemüht, die Privilegien eines prominenten Systemclowns zu nutzen, um ein wenig gleicher zu sein. Aber hätte das wirklich so viel gebracht? Wie man nach der Wende in etlichen Dokus über die Parteibonzen-Siedlung Wandlitz sehen konnte, musste Erich Honecker 16 Millionen Menschen einsperren, unterdrücken und ausbeuten, um auf dem Wohlstandsniveau eines westdeutschen Installateur-Meisters zu leben. Die schicke Villa im Londoner Nobelviertel hätte Herbert sich da wohl von der Backe putzen können…

Halten wir fest: Bei seinem Kampf gegen die Freiheit des Individuums in einer Gesellschaft nach seinem Diktat weicht Grölemeyer keinen Millimeter nach rrrääächz.

Colonel Tom Parker, der gleichermaßen legendäre wie ausgebuffte Manager von Elvis Presley, hatte seinem Schützling stets geraten, sich niemals öffentlich politisch zu äußern. Er müsse davon ausgehen, dass die eine Hälfte seines Publikums den Republikanern und die andere Hälfte den Demokraten zugetan sei, und es gebe keinen vernünftigen Grund, mit einer unbedachten Äußerung die eine Hälfte unnötig gegen sich aufzubringen. Elvis war so schlau, sich an diesen guten Rat zu halten. Selbst als ihn im Juni 1972 bei einer Pressekonferenz anlässlich seiner ausverkauften vier Shows im Madison Square Garden (damals ein Rekord) die linke New Yorker Journaille mit Fragen zu seiner Haltung zum Vietnamkrieg und zur Frauenbewegung fast schon penetrierte, antwortete er stur, aber charmant: „Ich ziehe es vor, meine persönlichen Ansichten über diese Themen für mich zu behalten, denn ich bin nur ein Unterhaltungskünstler.“

Tja, Herbert, hättest du bloß geschwiegen, hätte man dich für einen musikalischen Philosophen gehalten…

Quellen:

Herbert Grönemeyer übernimmt einen Monat unsere Betriebskosten (Berliner Tafel)

Herbert Grönemeyer will Geld reicher Leute für Kultur (Zeit Online)

Politische Rede von Herbert Grönemeyer (YouTube)

Grönemeyer kritisiert „dieses neoliberale ‘Meine Freiheit über alles‘-Gedöns“ (Welt)

Elvis Presley – The Complete 9 June 1972 New York Press Conference (YouTube)


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