04. April 2023 14:00

Gedanken zum Frühjahrsfest Freiheit beginnt im eigenen Kopf

…und für den ist natürlich jeder selbst verantwortlich

von Christian Paulwitz

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Am Freitagmorgen sang mir beim Öffnen des Schlafzimmerfensters der erste Zilpzalp sein ausdauerndes, munteres Lied entgegen und versetzte mich sogleich in gute Laune. Aber war er tatsächlich der Erste, der mir sein Lied in diesem Frühjahr ans Ohr brachte, oder war ich nur erst jetzt bereit, den unverwechselbaren Gesang des optisch unscheinbaren Vogels wahrzunehmen? – War ich doch die letzten Wochen und Monate stark beschäftigt und habe viel gearbeitet. Ja, und den politischen Schwachsinn verfolge ich auch, denn er greift ja in mein Leben ein und zwingt mich dazu, mich irgendwie zu arrangieren. Das kostet zusätzlich Zeit. Doch nach und nach wird es sichtbar Frühling und immer öfter lenkt mich dies vom Alltag ab. Bei uns gibt es immer noch jede Woche ein oder zwei leichte Nachtfröste, und die Natur hält sich noch etwas zurück. Ich mag dieses sich langsam entwickelnde Aufblühen der Natur, wenn sich die Obstblüte aus Furcht vor dem Frost noch lange Zeit lässt, aber bereits merkt, dass ihre Zeit unweigerlich kommen wird. Das Grün deutet sich erst nach und nach an und gewinnt dann immer mehr an Farbe. Zuerst am Boden, die Saat auf den Feldern, die Wiesen und Grasflächen und nach und nach in unterschiedlicher Geschwindigkeit an Büschen und Bäumen.

Bis sich die ganze Schönheit der Natur entfaltet hat, wird es noch einige Wochen dauern, aber jetzt lässt sie uns noch Zeit, sie nach und nach in ihren Einzelheiten im Jahreslauf wieder aufs Neue zu entdecken und zu bewundern. Praktisch jeden Tag – oder für den weniger Aufmerksamen und dafür Vielbeschäftigten zumindest doch jede Woche – kommt etwas zurück, was der Winter zeitweise vertrieben hatte. Die Meisenarten waren als Standvögel bereits seit Februar zu hören, und nun sind doch schon einige Zugvögel wieder da.

Ich habe keinen christlichen Zugang zum Osterfest – es ist das in grauer Vorzeit nach dem Mondkalender entstandene uralte Frühlingsfest unserer germanischen und keltischen Vorfahren, auch wenn die alten Mythen längst vergessen und durch neue verdrängt wurden, mit denen die christlichen Herrscher zu Beginn im Mittelalter klug ihren Machtanspruch etabliert haben, um den eigenbrödlerischen, unkontrollierbaren, alten Naturglauben nach und nach zu verdrängen, da er mit Gewalt nicht zu beseitigen war. Und doch ist es auch wieder nicht gelungen, denn im Osterei lebt der alte Fruchtbarkeitszauber weiter und Christen feiern am Ende doch das Gleiche, was bereits vor vielen tausend Jahren gefeiert wurde: Die Wiedererstehung des Lebens nach dem Tod durch den Winter.

Wie ja auch zur Wintersonnwende noch dasselbe gefeiert wird, nämlich der Aufgang des Lichts und der Hoffnung in der Zeit der tiefsten Dunkelheit; nur die Erzählungen dazu wurden ausgetauscht. Die Fastenzeit, die in der christlichen Erzählung einen anderen Hintergrund bekommen hat, beginnt nach der heidnischen Austreibung des Winters zu Fasching und ist nach meiner Überzeugung einfach jahrtausendealte Realität nördlich der Alpen: Am Ende des Winters werden die Vorräte knapp, doch immerhin gibt es im März hier und da das erste Grün, die ersten Kräuter, die den Speisezettel zwar nicht üppig, aber doch zumindest wieder mit frischen Vitaminen bereichern. Vermutlich sind wir über zig Generationen genetisch so konditioniert worden, dass uns diese Zeit des Jahres besonders entgegenkommt, um maßzuhalten und weniger zu essen. Dieses Jahr habe ich es auch so gemacht und einige überflüssige Pfunde abgeworfen – hat mir sehr gutgetan und mich gerade nun zum Frühlingsbeginn mit einem gewissen Tatendrang und Optimismus für die Zukunft gestärkt.

Das Gartenjahr hat begonnen, das Frühbeet steht schon ein paar Wochen und lässt Salat und Radieschen wachsen, während ich andere Flächen von dem noch spärlich vorhandenen Unkraut befreie, um sie für Kartoffeln und Zwiebeln vorzubereiten. Es ist eine Zeit der Erdung für mich, wenn ich die Finger in die Erde grabe und sie wieder regelmäßig von der Berührung mit den frisch sprießenden kleinen Brennesseln jucken; nach und nach entsteht die diesjährige Gestaltung des Gemüsegartens vor meinem Auge. Die Freude, etwas zu gestalten, nimmt Raum ein und spendet über das Jahr hinweg Zufriedenheit, während der kollektive Wahnsinn unserer Tage, der den Menschen in allen Lebensbereichen Zwänge und Kontrollen auferlegen will, zurücktritt und an Bedeutung verliert. An manchen Ecken des Gartens muss ich meine Gestaltungspläne wetterbedingt etwas verschieben und anpassen, wenn der Boden zu nass und schwer ist, denn es gibt bei uns derzeit ergiebige und ausdauernde Niederschläge.

Gleichzeitig versucht die Hauptstrom-Propaganda mein Ohr mit der Botschaft zu erreichen, man müsse die Verteilung von Wasser in Deutschland mittelfristig unter Zuteilungsbewirtschaftung stellen. Wären die Leute besser geerdet, würden sie dem medial verbreiteten Unsinn wenig Glauben schenken. Wer seinen Kopf frei macht für die Dinge, die er selbst nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten anstrebt, der hat es überdies nicht nötig, sich nach den Vorstellungen anderer auszurichten.Das scheint mir die eigentliche Krankheit unserer Zeit zu sein: Der Wunsch oder zumindest die Bereitschaft, nach den Ideen anderer zu leben, dasselbe sogar noch von Dritten zu fordern und sich dabei selbst den Raum und letztlich den eigenen Sinn wegzunehmen.

Ja, auf der kollektiven Ebene sehen wir das Unheil anklopfen und immer zudringlicher nach der Freiheit und dem Leben des einzelnen greifen. Wo dies genau hinführen mag, ist schwer abzusehen, nur dass es zum Scheitern verurteilt ist, weil eine auf Zwang gebaute menschliche Gesellschaft nicht prosperieren kann, das ist gewiss. Das Fest des Frühlings erinnert uns an die Erneuerung, die ein Naturgesetz ist. Der Mensch als Teil der Natur kann neu beginnen und gestalten, woran er früher gescheitert ist – er muss sich nur darauf besinnen und seine Konsequenzen ziehen. Nichts, was der Einzelne mit Sinn und Verstand angeht und im Frieden mit sich und der Welt um ihn herum, ist gänzlich umsonst, sondern ein Baustein für morgen.

Am Abend nimmt nun wieder die Amsel regelmäßig ihre Singwarte oben auf dem großen, unberührten Apfelbaum auf dem Nachbargrundstück ein. Manchmal sitzt sie auch auf dem Giebel des Nachbarhauses auf der anderen Seite. Ihr Gesang dauert immer noch einige Zeit länger in die Dämmerung hinein als der aller anderen Singvögel. Sie scheint die ausschließliche Aufmerksamkeit, die ihr nun zuteilwerden kann, besonders zu genießen, und ich schenke ihr sie ab und an sehr gerne. Jeder Tag in dieser wunderbaren Welt ist es wert, gelebt und zum Dank mit eigenem Sinn gefüllt zu werden. Das Jahr verspricht im Frühling, ein gutes zu werden. Was wir daraus machen, das ist unsere Aufgabe.


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