24. Juni 2025 16:00

Vom libertären Standpunkt Gedanken zum Frieden

Die Kriegsunterstützer liegen alle falsch!

von Christian Paulwitz drucken

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Bildquelle: Shutterstock Auswirkungen des Krieges: Selbst der Gewinner verliert

Gerade in Zeiten zunehmenden Massenwahnsinns lohnt es sich, den Außenseiterstandpunkt einzunehmen, wenn man über die bedrängende Gegenwart hinausdenken will. Wenn es um Krieg und Frieden geht, haben der (klassische) Liberalismus beziehungsweise der Libertarismus einen eindeutigen Standpunkt. In seinem 1927 erschienenen Standardwerk „Liberalismus“ schreibt Ludwig von Mises (1881–1973) dazu:

„Der philanthropische Friedensfreund tritt an den Mächtigen heran und sagt ihm: ‚Führe keinen Krieg, wenn du auch Aussicht hast, durch einen Sieg deine eigene Wohlfahrt zu fördern. Sei edel und großmütig und verzichte auf den dir winkenden Sieg, wenn es dir auch ein Opfer, den Entgang eines Gewinnes bedeutet.‘ Der Liberale denkt anders. Er ist der Überzeugung, dass der siegreiche Krieg auch für den Sieger ein Übel ist, dass Frieden immer noch besser ist als Sieg. Er verlangt vom Starken keine Opfer, sondern nur das, dass er sein wahres Interesse erfasse und verstehen lerne, dass der Frieden auch für ihn, den Starken, ebenso vorteilhaft ist wie für den Schwächeren.“

Krieg zerstört zunächst Kapital und Infrastruktur – immer auch friedlich-produktive Infrastruktur neben der möglicherweise primär ins Auge gefassten militärischen Infrastruktur. Der Schaden für den Wohlstand im Land, in dem der Krieg stattfindet, ist offenkundig. Aber auch wenn der Krieg in einem anderen Land stattfindet, werden Ressourcen dem wohlstandsfördernden produktiven Sektor der Volkswirtschaft entzogen und in den militärisch-industriellen Sektor gelenkt.

Anhänger einer bestimmten Schule esoterischer Voodoo-Ökonomie glauben, Wohlstand könne geschaffen werden, indem man mit aus dem Nichts geschaffenen Geld die einen dafür bezahlt, Löcher zu graben, die man andere mit derselben Art der Bezahlung wieder zuschaufeln lässt. Jeder Mensch mit einem Minimum an Verstandeskraft kann erkennen, dass hier durch die Arbeit kein Nutzen geschaffen wird und somit auch kein Wohlstand. Es handelt sich um Verschwendung von Ressourcen, die in anderer Weise sicher nützlicher einzusetzen wären. Besagte ökonomische Schule dient allein der Rechtfertigung von staatlicher Lenkungswirtschaft, also der Kriegswirtschaft. Führt man den Unsinn weiter aus, kann man am Ende sogar wohlstandsfördernde Ergebnisse eines Krieges herbeihalluzinieren.

Um die Gemüter zu besänftigen und Akzeptanz zu schaffen, redet man dann weniger von den Zerstörungen von Bomben, sondern vom vermeintlichen Geschäft des Wiederaufbaus, von dem – in staatlicher Lenkungswirtschaft – vor allem Sonderinteressengruppen profitieren können. In dieser Weise wird jedoch tatsächlich die Zerstörung von Wohlstand im bekriegten Land noch über den Krieg hinaus fortgesetzt. Aber selbst das Siegerland, auf dessen Gebiet vielleicht keine unmittelbaren Zerstörungen stattgefunden haben, muss die Kriegskosten, zumindest die mit Rücksicht auf die Kriegswirtschaft dem produktiven Sektor vorenthaltenen Ressourcen, zu Gunsten von Sonderinteressengruppen tragen.

Weiter schreibt Mises: „Die Schädlichkeit des Krieges für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation ergibt sich klar für jeden, der den Nutzen der Arbeitsteilung erkannt hat.“ Sie ist der eigentliche Motor für Produktivität und Wohlstand für die breite Bevölkerung. „Die Entfaltung der Arbeitsteilung ist nur soweit möglich, als die Gewähr ewigen friedlichen Zusammenlebens geboten ist. Die Arbeitsteilung kann sich nur unter dem Schutze eines gewährleisteten Friedens entwickeln.“

In dieser Erkenntnis stecken weitgehende Konsequenzen. Zunächst muss der innere Frieden auf lokaler und regionaler Ebene gewährleistet sein, damit die Arbeitsteilung ihr volles wohlstandsförderndes Niveau entwickeln kann. Erst auf dem im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten Ausmaß der internationalen Arbeitsteilung entfaltet der Krieg zwischen Staaten eine umfassende wohlstandsvernichtende Wirkung, die nicht nur die am Krieg direkt beteiligten Länder betrifft, sondern letztlich der ganzen Welt schadet.

Ludwig von Mises relativiert direkt im Anschluss seine eingangs zitierte Begründung etwas, warum der Liberale den Frieden als der für beide Seiten nutzenstiftendere Weg stets dem Krieg vorzieht, indem er weiter ausführt: „Wenn ein friedliebendes Volk von einem kriegslustigen Gegner angegriffen wird, dann muss es sich zur Wehr setzen und alles tun, den Ansturm der Feinde abzuwehren.“

Doch wie realistisch ist es, ein Volk und seine politische Führung als kollektive Einheit zu begreifen? Die Frage ist, wie weit dieses Bild in der heutigen Zeit der Einteilung der Welt in Staaten zutreffend ist, die sich ohne Ausnahme – wenn auch die einen mehr, die anderen weniger – feindlich gegenüber ihren eigenen Bevölkerungen verhalten, indem sie sie durch Geldwertverfälschung berauben, Steuern von ihnen erpressen und dem Zwang unsinniger Regulierungen unterwerfen, die die Freiheit der Menschen zu Gunsten der Machtausübung des Staates beschneiden. Das Bild des friedliebenden Volkes, das von einer feindlichen Horde angegriffen wird, passt eher in die mehr oder weniger vorstaatliche Zeit unabhängig voneinander siedelnder Stämme, welche von kriegerischen Horden überfallen werden, die sich durch schnellen Raub einen leichteren Wohlstandsgewinn versprechen.

In der Welt moderner Staaten trifft es ohne Zweifel zu, dass für die breite Bevölkerung Frieden nutzenbringender ist als Krieg. Das steht völlig außer Frage. Für die politischen Unternehmer des jeweiligen Landes, die unterschiedlichen Interessengruppen verpflichtet sind, kann das jedoch ganz anders aussehen. Daher ist es abwegig, davon ausgehen zu können, dass Kriege in der heutigen Staatenwelt aufgrund unglücklicher Verkettungen „passieren“ – sie werden vielmehr geplant und gemacht, so wie auch Staatsschulden, Geldinflation oder Energiesteuern. Gleichzeitig ist jede politische Führung von einem Mindestmaß an Unterstützung seitens der eigenen Bevölkerung abhängig und stellt sich entsprechend in Einheit mit den Staatsbürgern als selbst angegriffen dar – oder will wenigstens einem angeblich unausweichlichen Angriff des Gegners zuvorkommen, um Schlimmeres abzuwenden.

Der Kampf der Narrative geht dem Krieg voraus, begleitet ihn und folgt ihm. In der kognitiven Kriegsführung (Jonas Tögel) ist das Schlachtfeld der Mensch selbst – nicht nur der des als Feind auserkorenen Staates, sondern mehr noch der des eigenen Landes. Vor einiger Zeit habe ich das in einem anderen Kolumnenbeitrag beleuchtet (siehe Verlinkung unten). Natürlich wird in den politischen Narrativen gelogen, was das Zeug hält. Das Kriegsmarketing versucht die Menschen emotional auf die eine Seite des Krieges oder gegen die andere Seite zu ziehen, die jedoch beide nur abstrakte Konstrukte sind.Bomben und Zerstörungen betreffen das Leben normaler Menschen. Gerne dienen ausgerechnet Geheimdienste, zu deren Profession die Lüge und Irreführung gehören, als Kronzeugen. Indem die Menschen solchen Narrativen folgen, werden sie zu Gefolgsleuten der jeweiligen politischen Unternehmer und Teil des daraus folgenden kriegerischen Konflikts. Die Akzeptanz wächst. Krieg wird eine realistische Option.

Jeder mag für sich selbst entscheiden, ob es würdevoll ist, politischen Führern, die einen über das ganze Jahr hinweg belügen, betrügen, berauben und bevormunden, ausgerechnet in den Geschichten zur Kriegsbegründung zu folgen. Wenn wir ehrlich sind, können wir kaum den Wahrheitsgehalt der Narrative prüfen; und wo wir uns einigermaßen sicher sind, halten sie nach objektiven Maßstäben kaum der Kriegsbegründung stand oder offenbaren eklatante Versäumnisse zur diplomatischen Kriegsvermeidung.

Sicher wissen wir jedoch, dass das politische Unternehmertum die Kriegswirtschaft liebt, da sie seine Machtausübung fördert – und auch ohne Panzer und Bomben steht diese Frieden und Wohlstand entgegen. Lassen wir uns also nicht vereinnahmen und stellen bei jeder Gelegenheit die Kriegsnarrative aller Seiten in Frage; die mit Bomben und die ohne Bomben. Dann gelingen am Ende auch Frieden und Wohlstand.

Nachtrag:
Erst nachdem ich den obigen Kolumnenbeitrag verfasst hatte – das war am Freitagabend –, wurde die Nachricht veröffentlicht, dass die USA auf Befehl des US-Präsidenten Atomproduktionsstätten im Iran bombardiert hätten. Trump hat also zuvor gelogen, als er eine Bedenkfrist zum Eintritt in den Krieg Israels gegen den Iran angekündigt hat. Am Sonntagabend ist nicht klar, was tatsächlich passiert ist – eine erhöhte Strahlung konnte nicht nachgewiesen werden. Sicher ist nur eines: Es wurde und wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Wie würdevoll ist es, diesen oder jenen Lumpen zu folgen?

Siehe auch:

Krieg im Gaza: Das Schlachtfeld sind auch Sie (Christian Paulwitz, Freiheitsfunken)


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