09. April 2023 14:00

Menschliche Selbstüberschätzung Das frohe Wort zum Ostersonntag

„Gott hat Christus von den Toten auferweckt und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel“ (Epheser 1, 20,22)

von Reinhard Günzel

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Ostern, das höchste christliche Fest – im Gedenken an die Auferstehung Jesu feiern Christen den Sieg des Lebens über den Tod. Doch auch wenn wir einen Papst haben, den Stellvertreter Gottes auf Erden, kann sich die Christenheit nicht auf ein einheitliches Datum zum Feiern einigen, was diese Religion bereits sehr sympathisch macht. Jedenfalls ist der Karfreitag für wackere Protestanten der höchste Feiertag, da mit Christi Opfertod die Erbschuld, ewige Verdamnis und Sünden von uns genommen wurden – dies gilt zwar auch für unsere Katholiken, doch begehen jene am Ostersonntag das Mysterium der Auferstehung als höchstem Feiertag. Die orthodoxen Kirchen wiederum feiern Ostern am 16. April nach dem julianischen Kalender, der schon zu Zeiten Cäsars genutzt wurde. Für alle ist Ostern ein so bedeutendes Fest, dass es sich über Tage hinzieht – verständlich, denn es geht schließlich um den Triumph des Lebens über den Tod an sich. Durch Jesu Sterben und seine Auferstehung wird für alle Menschen, deren Sünden er auf und mit sich nahm, die Verheißung der Überwindung des Irdischen in Gott offenbar.

Das Leiden Christi begann freitags in der Früh, ehe der Hahn dreimal krähte, mit einer tiefen, aber erwarteten Enttäuschung, dem Verrat eines seiner Brüder, dem er noch am Vortag die Füße gewaschen und der ihn um schnöder Silberlinge willen an die Beauftragten der Macht verraten hatte, die ihn daraufhin zum Sitz des Bevollmächtigten des Römischen Reiches, Pontius Pilatus, brachten, der nach Anhörung ohne Verteidiger einen Schuldspruch zu fällen hatte. Der Vorwurf war nicht ohne – Delegitimierung des Staates kannte man vor 2.000 Jahren noch nicht: Es ging gleich um Hochverrat.

Bis hierhin sind sich die historisch verbürgten Berichte zum Geschehen ziemlich einig, aber über das Folgende gibt es unterschiedliche Darstellungen, so auch darüber, wem denn nun die Schuld am Tod Jesu anzulasten sei. Einige meinen, dass die Priester, die in Jesu eine lästige Konkurrenz sahen, die sie möglicherweise Macht, Einfluss und Opfergaben kosten würde, an seinem Tode schuld seien, andere wiederum meinen, dass Pontius Pilatus zu streng regiert und seine Kompetenzen überschritten habe. Und so ist Pilatus in der Christenheit das, was heutzutage gern mit dem Attribut „umstritten“ charakterisiert wird, was die koptisch-orthodoxe Kirche allerdings nicht daran hinderte, ihn zum christlichen Märtyrer zu machen – ein Märtyrer deshalb, da er einst zum Christentum übergetreten sein soll und später auf Geheiß des Kaisers Selbstmord verübte.

Während sich Pilatus’ Spuren rasch im Dunkel der Geschichte verlieren, ist Jesus für alle Christen der Held, der Überwinder Satans, dem er in der Wüste hungernd widerstand, und der Überwinder des Todes.

Doch auch wer sich nicht als Christ sieht, hat zu Ostern Grund, in Andacht zu versinken und eines großen Denkers und Philosophen zu gedenken, eines Mannes, der, obwohl jung gestorben, dennoch ein gewaltiges Werk geschaffen hat – ein Werk von immensem Einfluss auf Europa und die Welt, das heute unterschätzt, ja teilweise verworfen wird, obwohl wir Christus doch so unglaublich viel zu verdanken haben.

Jesus stellte die irdische Obrigkeit nicht infrage. Sie war gegeben und ein Teil von Gottes Welt, und somit gab es eine Regierung, die auch über dem Menschen stand. Doch zum obersten Gebieter war Gott allein gesetzt, und der Mensch musste sich bei allen Handlungen zuerst einmal fragen, ob diese mit seinem Gewissen vereinbar, also gottgefällig seien. Das hat enorme Konsequenzen, denn Gewissensentscheidungen stehen damit über weltlichem Recht, womit Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf Befehl eigentlich ausgeschlossen wären. Es ist daher der Mühe wert, den christlichen Ursprung des Osterfestes zu durchdenken und Ostern nicht einzig auf ein Familienfest mit Ostereiersuche, Schokoladen-Osterhasen und bunten Eiern, verbunden mit dem üblichen Feiertagsaufregungen, zu reduzieren.

Die Auferstehung Christi vom Tode ist für Atheisten schwer zu akzeptieren und erscheint ihnen völlig unrealistisch. Wir haben den Tod zwar weitgehend aus unserer Wahrnehmung verdrängt – eine Verabschiedung am offenen Sarg findet kaum noch statt –, aber man kann sich eine Auferstehung nicht so recht vorstellen, sie wirkt irgendwie realitätsfern und der Gedanke entspricht ganz und gar nicht unseren Erfahrungen.

Ich kann mich übrigens noch gut daran erinnern, wie ich mit Gleichaltrigen in meiner Kindheit über die Frage diskutierte, wie Gott es denn anstellen könne, all unserer Sünden habhaft zu werden. Die Mehrheit folgte dem Lehrer und meinte, dass dies schlicht unmöglich sei. Ich hatte, unter Berücksichtigung von Gottes Allmacht, die Meinung vertreten, dass er es irgendwie hinbekommen müsse, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie. Schließlich sei die Anzahl der Menschen endlich und die der Sünden auch. Das Ganze sei also eher ein technisches Problem und für einen Allmächtigen lösbar.

Und ein paar Jahrzehnte später? Jeder Überwachungsstaat versucht genau das. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR zog die Sache gnadenlos durch und hätte seine Überwachung sicher noch weiter perfektioniert, wenn ihm bessere technische Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Heute ist die Menschheit beim Sammeln, Speichern und Wiederaufrufen von Informationen technisch viel weiter, und es wird trotz Datenschutzverordnungen, die das Datensammeln im Privatbereich unterbinden soll, dort, wo es darauf ankommt, auch gemacht.

Wem allen mussten Sie Ihren Impfstatus oder Genesenenstatus offenbaren, was eigentlich Privatsache sein sollte? Meldeportale, die Sie dazu aufrufen, Mitmenschen an den Pranger zu stellen, haben Hochkonjunktur, und das sind nur die, von denen wir wissen. Und die Entwicklung geht immer weiter, haben wir doch die KI, künstliche Intelligenz, die uns bereits das Leben nach dem Tode verspricht – noch auf einer Festplatte, doch eines nicht zu fernen Tages könnte man uns beliebig oft kopieren, mit allen körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Ja, was dann? Hallo liebe Reinhards!

Der Mensch vermag vieles, aber nicht alles. Ein limbisches System zu kopieren, stelle ich mir schon recht kompliziert vor, doch vielleicht gelingt auch das eines Tages? Meine Seele jedoch ist einzig und Gottes und lässt sich, unberechenbar wie sie ist, nicht in einem Algorithmus fassen.

Eine Pointe soll man sich möglichst bis zum Schluss aufsparen und daher erst hier noch die eine Frage zum Osterfest, bei der es jetzt doch ins Politische abdriftet: Die Grünen leiteten ihre Selbstbezeichnung ja von ihrer vorgeblichen politischen Ausrichtung ab: dem Schutz von Umwelt und Natur. Sie assoziierten sich daher gern mit dem ersten frischen Grün, wählten auch die Sonnenblume zum Symbol –so weit alles klar. Doch woher kommt eigentlich die Bezeichnung Gründonnerstag für den Tag vor Karfreitag, den Tag des Abendmahls vor Christi Verhaftung, die freitags in der Früh erfolgte?

Nun, der Gründonnerstag hat mit der Farbe Grün genauso viel zu tun wie eine Partei, die Naturschutzgebiete dem Klimagötzen opfert, mit dem Umweltschutz.

Linguisten meinen, Gründonnerstag leite sich vom althochdeutschen Grunen, dem Greinen ab, das einen Christen bei dem Gedanken überkommt, welch schlimmen Leiden seines Erlösers er am Karfreitag gedenken wird – und da sind wir wieder bei den Grünen, von denen keine Erlösung zu erwarten ist und von denen uns, scheint mir, auch niemand so bald erlösen wird. Es ist einfach zum Greinen mit den Grünen!

Trotzdem, Ihnen allen frohe Ostern!


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