11. April 2023

Praxeologie Heizungsumrüstungs-Zwang

Und wie „Abweichler“ bestraft werden sollen

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

Die Berliner Zeitung (BZ) titelte jüngst: „Verbot für neue Gasheizungen ab 2024“ und untertitelte sogleich: „Und wie werden Abweichler bestraft?“ Vieles bliebe zwar noch unklar, erfahren wir im Text, zum Beispiel wie und in welchem Umfang „der Staat“ die Verbraucher unterstützen wolle. Ab dem ersten Januar 2024 dürften im Neubau sowie im Altbau keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Bereits ein Gesetz aus dem Jahr 2020 sehe für den Übergang eine Betriebszeit von 30 Jahren für alle bestehenden Öl- und Gasheizungen vor. Spätestens nach dem Ablauf dieser Frist müssten die Haushalte auf eine alternative Heizung umstellen.

Dem deutschen Gemüt scheint es ja zu eigen zu sein, sich daran erfreuen zu können, wenn vor allem auch der Nachbar gezwungen wird, zu gehorchen. Wir erfahren im Artikel, dass zu solcher Vorfreude Grund besteht: Wenn einer entgegen den Vorschriften „fossile Heizkessel“ betriebe, so die BZ, könne das mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden, niedrigere „Strafen“ bis zu 10.000 Euro seien etwa für eine verpasste Inspektion drin oder für einen nicht überreichten Energieausweis.

Handlungslogische Implikationen

Dieser Artikel ist aus der Sicht der Handlungslogik ein kleines Schatzkästchen. Er sagt viel aus über das implizite Bild der Masse der Menschen von der Lebenswirklichkeit des Handelns.

Immanuel Kant sagte bereits sinngemäß, dass das staatliche Strafen keine Vergeltung im apriorischen Sinne sei, sondern schlicht das Zufügen von Übeln wegen Befehlsverweigerung. Die sogenannten „Abweichler“ – was für ein Begriff! – werden handlungslogisch also nicht „bestraft“, denn es handelt sich ja nicht um die Vergeltung eines Angriffs, sondern ihnen wird ein Übel zugefügt: Ihr Wille soll durch die Drohung mit Zwang gebeugt werden.

Es wird zudem implizit davon ausgegangen, dass der Mensch einer Obrigkeit Gehorsam schuldig sei, auch wenn er sich hierzu überhaupt nicht verpflichtet hat. Handlungslogisch ist das Recht dem Handeln jedoch nicht vorausgesetzt, sondern es entsteht erst durch normative Interaktion, also dass Parteien übereinkommen, was getan werden soll. Ohne dass sich einer verpflichtet hat, gibt es kein „Recht“ zu strafen. Und um Vergeltung handelt es sich auch nicht, weil mit der Methode des „eigentümlichen Mutmaßens“ der Klimaforscher in Bezug auf ein komplexes, nicht-wiederholbares Phänomen mit Rückkoppelungen (Verlauf des Erdklimas) a priori kein Beweis für ihre Annahmen erbracht werden kann. Kann den Menschen aber eine konkrete Gefährdung durch ihr Verhalten nicht bewiesen werden, sind Zwangsmaßnahmen gegen diese weder „Strafen“ im Sinne von Vergeltung noch Verteidigung im Sinne von Abwehr eines Schadens, sondern handlungslogisch sind es feindliche Handlungen beziehungsweise Drohungen mit dem Mittel Zwang.

Auch wird nicht „der Staat“ die Verbraucher unterstützen, sondern die Gruppe von Menschen, die sich Staat nennt und in dessen Namen handelt, wird die Mittel hierzu entweder von den Netto-Steuerzahlern erzwingen oder durch das Geldmonopol und Neuverschuldung erzeugen – und mit der einhergehenden Inflation somit auf Kosten und zu Lasten der Geldsparer handeln. Der „Staat“ ist nicht der Weihnachtsmann, er hat nichts zu verschenken, sondern alles, was er gibt, muss er vorher – auf die eine oder andere Weise – jemand anderem abnehmen.

Fazit

Am Ende des Tages wird die „Realpolitik“ ins Spiel kommen. Wird die Masse der Menschen sich fügen oder wird es zu solchen Protesten kommen, dass aus der Sicht der politischen Akteure ein teilweises Nachgeben oder Einknicken geboten sein wird? Das Klima-Narrativ ist tief verwurzelt bei der Masse der Menschen. Dass es so tief verwurzelt ist, ist dank der „erkenntnistheoretischen Kriegsführung“ so. Gemäß dem post- oder anti-modernen Szientismus soll sich der Mensch gerade nicht im Kant’schen Sinne des eigenen Verstandes bedienen, sondern er soll auf „die Experten“ hören, „der Wissenschaft“ folgen und „offiziellen Quellen“ vertrauen.

Spannend an dieser Entwicklung ist, dass Menschen in Krisen geneigt sein können, mit dem eigenen Denken zu beginnen, wenn sie merken, dass sie mit ihren bisherigen Haltungen zu sich und der Welt ihre Lebenswirklichkeit nicht mehr ausreichend verstehen können. In Folge dessen sind sie nicht mehr erfolgreich im Hinblick auf das letzte Ziel allen Handelns: Die Verminderung der Unzufriedenheit. Die Heizungsumrüstungs-Thematik ist aus erkenntnistheoretischer und handlungslogischer Sicht also Teil eines viel größeren Phänomens, nämlich des Kampfes um die öffentliche Meinung betreffend das Selbst- und Weltbild des Individuums.

„Disclaimer“

Zum Abschluss wieder ein „Disclaimer“: Die Praxeologie, also die Handlungslogik, ist das nüchterne, wertfreie Schließen aus der selbstevidenten Tatsache, dass der Mensch handelt. Wir können Handeln a priori danach kategorisieren, ob es sich bei zwischenmenschlichen Handlungen um feindliche, freundliche oder zumindest friedliche Handlungen handelt. Wann immer als Mittel Drohung oder Zwang eingesetzt werden, um eine Handlung oder Unterlassung eines anderen zu bewirken oder an dessen Besitz zu gelangen, liegt von vornherein (das heißt, wir müssen das nicht „testen“) eine feindliche Handlung vor, wenn der Betroffene sich selbst friedlich verhalten hat. Aus der Praxeologie folgt aber nicht, dass sich ein Mensch friedlich oder freundlich gegenüber seinen Mitmenschen verhalten „sollte“. Es gibt keine normative Wissenschaft, keine Wissenschaft von etwas, das sein sollte, bemerkte schon Ludwig von Mises.

Quellen:

Verbot für neue Gasheizungen ab 2024: Ab wann auf die Wärmepumpe umsteigen? (Berliner Zeitung)

Der Kompass zum lebendigen Leben, Kapitel X Abschnitt 3: Vergeltung, mit Hinweis auf Immanuel Kant (Andreas Tiedtke)

Die staatlichen Corona- und Klimamaßnahmen können wissenschaftlich nicht begründet werden (Andreas Tiedtke, Misesde.org)

Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter? – zu Immanuel Kants 218. Todestag (Andreas Tiedtke, Misesde.org)


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