17. April 2023 14:00

US-Präsidentschaftskandidatur von Robert F. Kennedy Jr. Er hat keine Chance, aber er nutzt sie

Wie Ron Paul kann auch RFK die Strukturen gebrauchen, um uns auf eine Zeit nach dem Zusammenbruch vorzubereiten

von Robert Grözinger

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Welche Chancen hat ein Corona-Impfgegner, im Jahr 2024 US-Präsident zu werden? Gegenwärtig weniger als null, würde ich sagen. Wie stehen die Chancen, wenn er mit Nachnamen Kennedy heißt und Neffe eines ermordeten US-Präsidenten ist sowie Sohn eines Präsidentschaftskandidaten, der während seiner Kandidatur ebenfalls ermordet wurde? Vielleicht ein wenig besser, aber immer noch nahe Null. Welche Chancen hätte ein solcher Mann, seine Amtszeit, sollte er gewählt werden, lebend zu beenden?

Darüber zu spekulieren ist müßig, denn unter den gegenwärtigen Umständen wird Robert F. Kennedy (RFK) Jr., früher von der Linken als „Umweltanwalt“ gefeiert, nun als Autor des Buches „The Real Anthony Fauci: Bill Gates, Big Pharma, and the Global War on Democracy and Public Health“ von linken wie rechten Technokraten und sonstigen Möchtegerndiktatoren so gehasst wie gefürchtet, niemals US-Präsident. Dafür werden allein die vom tiefen Staat gekauften und kontrollierten – alten und neuen – Medien sorgen. Immerhin aber: Mit dem Nimbus, den ihn seine tragische Familiengeschichte verleiht, würde er sicher zusätzliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Diese wird er zu nutzen versuchen. 

Vorvergangene Woche kündigte Kennedy an, für das Amt des US-Präsidenten zu kandidieren. Und zwar auf dem Parteiticket der Demokraten. Da kann man nur sagen: Viel Glück. Ausgerechnet bei der Organisation, die von den beiden Hauptparteien der Supermacht derzeit die totalitärere, diktatorischere, sozialistischere und elitärere ist. Es waren die von den Demokraten geführten Bundesstaaten, die die harscheren Covid-Maßnahmen einführten und zumeist länger in Kraft behielten als in den republikanisch beherrschten „red states“.

Andererseits: Mit seinem Familienhintergrund – und seiner eigenen ökologisch-aktivistischen Vergangenheit – würde es für RFK schon optisch nicht passen, für die Republikaner zu kandidieren. Daher geht die Vermutung herum, dass er die Kandidatur bei den Demokraten beginnen will, um über die Medien ein Maximum an Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, auch wenn sie überwiegend negativ sein wird. Um dann zu einem günstigen Zeitpunkt abzuspringen und als unabhängiger Kandidat anzutreten.

Wenn das der Plan ist, können wir sicher sein, dass Kennedy es mit der US-Präsidentschaft nicht ernst meint. Was nicht bedeutet, dass seine Kandidatur sinnlos wäre. Gut möglich, dass es ihm um die Botschaft geht, die er verbreiten will. In dieser Hinsicht wäre er Ron Paul nicht unähnlich. Der Kandidat der Republikaner hatte 2008 und 2012 von Anfang an auf verlorenem Posten gestanden, weil er als prinzipienfester Libertärer antrat. Dennoch kann man bei seiner Kandidatur nicht von einem Misserfolg sprechen, da sie spürbar dazu beitrug, die Grundideen des Libertarismus in der amerikanischen Gesellschaft tiefer zu verankern, als sie es seit vielen Jahrzehnten, vielleicht sogar seit kurz vor dem Ersten Weltkrieg gewesen waren. Viele lernten erst von Paul etwas über die Rolle der Zentralbank und die Existenz und das Übel des Teilreservebankwesens. Sehr zum Verdruss der herrschenden Klasse.

Viele lernten von Paul darüber hinaus, dass es durchaus möglich war, „konservativ“ zu sein und gleichzeitig gegen militärische Interventionen. Nicht zuletzt aufgrund von Pauls standfester Haltung gegen Eingriffe im Ausland protestierten viele Amerikaner 2013 gegen eine bevorstehende Intervention in Syrien. Sie wurde schließlich abgeblasen, als auch in Großbritannien dafür keine Mehrheit im Parlament zustande kam.

Etwas Ähnliches könnte auch eine RFK-Kandidatur zustande bringen. Etwa eine Verbreitung des Bewusstseins, dass die pharmazeutische Industrie die Regulierungsbehörden im Gesundheitsbereich gekapert hat und daher dem Rat der Ärzte und den Medikamenten nicht mehr ohne Weiteres zu trauen ist.

Die Webseite „freenations.net“, die über seine Kandidatur berichtet, zitiert Kennedy mit den Worten: „Meine oberste Priorität wird es sein, die korrupte Fusion zwischen staatlicher und unternehmerischer Macht zu beenden, die unsere Wirtschaft ruiniert, den Mittelstand zerschlagen, unsere Landschaften und Gewässer verschmutzt, unsere Kinder vergiftet und uns unserer Werte und Freiheiten beraubt hat.“ Der Autor des Artikels, Rodney Atkinson, weist darauf hin, dass die britische UKIP den „Brexit-Krieg“ gewann, obwohl sie nie eine nennenswerte Vertretung im Unterhaus hatte. So auch könne „Kennedy, ohne unbedingt die Vorwahlen der Demokratischen Partei zu gewinnen, den Niedergang des korporatistischen Faschismus in den USA einleiten.“

Allerdings: Die UKIP wurde im Jahr 1993 gegründet, als der Maastricht-Vertrag in Kraft trat, 23 Jahre vor dem Brexit-Referendum und 26 Jahre vor dem Vollzug der Trennung von der EU. Ob der Westen nochmal so viel Zeit hat, sich vom „korporatistischen Faschismus“ zu befreien, bevor er so tiefgreifenden Schaden anrichtet, dass hernach von Zivilisation, westlicher gar, vorerst keine Rede mehr sein kann, ist fraglich.

Dennoch: Man kann Leute wie Paul – über den ich in der Vergangenheit viel und oft geschrieben habe – und Kennedy mit den ersten Säugetieren vergleichen, die um die Dinosaurier herumhuschten, als jene noch die Welt, das Ökosystem zu beherrschen schienen. Diese Warmblüter vermehrten sich still und leise, solange ihre Chance noch nicht gekommen war, „im Untergrund“. Paul und Kennedy nutzen die existierenden Strukturen, um jene Ideen zu verbreiten – und die Zahl ihrer Träger zu vermehren – die zum Aufbau einer neuen Zivilisation beitragen werden, wenn die alte endgültig verschieden ist.    


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