21. April 2023 14:00

Kleine Geschichtsstunde Was hätte jedermann schon im April 2020 wissen können?

Eine kleine Hilfestellung für die postpandemische Aufarbeitung

von Carlos A. Gebauer

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Am morgigen 22. April 2023 werden genau drei Jahre vergangen sein, seit ich bei eigentümlich frei einen Text unter der Überschrift „Öffnet endlich wieder Kaufhof und Karstadt!“ veröffentlichte. An diesem 22. April 2020 kam ich nach juristischer Prüfung mittels hergebrachter rechtlicher Methodik zu dem Schluss: „Vieles, wenn nicht alles, spricht dafür, dass die Warenhäuser von Kaufhof und Karstadt bereits auf Grundlage summarischer Rechtsprüfung der Verfassungsrichter durch einstweilige Anordnungen geöffnet werden müssen.“

Inzwischen warten breite Teile nicht nur der deutschen Öffentlichkeit auf den Beginn einer effektiven und konsequenten Aufarbeitung der pandemischen Jahrhundertkrise. Im Zentrum einer solchen Aufarbeitung steht – historischer Erfahrung gemäß – immer auch die Frage nach der Schuld: Was hätte wer schon wann wissen können, um bei gehöriger Sorgfalt und unter Anspannung seines Gewissens noch zu verhindern, was dann dennoch tatsächlich geschah? Wer ist pflichtwidrig untätig geblieben und hat die Dinge laufen lassen, statt dem Schicksal in die Speichen zu greifen?

Bei solchen rückblickenden Wertungen geht es zwangsläufig um Fiktionen: Der tatsächliche geschichtliche Ablauf wird mit einem nur hypothetischen (wünschenswerten) verglichen, wie er sich eingestellt hätte, wären die Akteure damals bereits andere Wege gegangen. An die Stelle wirklicher Entscheidungen treten also in dieser Betrachtung Mutmaßungen. Aus der Differenz zwischen geschehenem „Ist“ und alternativem „Soll“ wird der Schaden berechnet.

Üblicherweise verteidigen sich schadenstiftende Akteure mit dem Argument, man habe seinerzeit dieses und jenes noch gar nicht wissen können. Wesentlich zu Vergleichszwecke ist also, auf zeitgenössische Quellen zurückzugreifen: Was haben andere denn seinerzeit gesagt und geschrieben?

Dies vorausgeschickt, erlaube ich mir ausnahmsweise, mich einmal selbst zu zitieren. Am 22. April 2020, genau sechs Wochen nach Ausrufung der „Pandemie“ am 11. März 2020, schrieb ich das Nachstehende. Möge daraus jeder seine eigenen Rückschlüsse für die Aufarbeitung ziehen:

„Was dem Bürger Toilettenpapier und Nudeln, sind der Politik derzeit offenbar Kontaktverbot und Warenhausschließung. Denn ebenso maßlos, wie die Deutschen zu Beginn der ‚Corona-Krise‘ ganze Wagenladungen von Hygienepapier aus den Geschäften trugen, scheint sich die deutsche Politik inzwischen ungehemmt durch das gesamte gesellschaftliche Leben zu administrieren. Gastwirte, Hoteliers, Gewerbetreibende, Kurzarbeiter und Vermieter wurden dabei durch eilig neu geschaffene Infektionsschutzgesetze bereits in die Pleite getrieben. Währenddessen blieb aber der planungspolitisch als sicher angenommene Ansturm auf hastig leer geräumte Krankenhausbetten und Beatmungsplätze praktisch vollständig aus.

Statt also das öffentliche Leben in Ansehung der ausbleibenden Großkatastrophe durch Aufhebung der Verbote wieder hervortreten zu lassen, wünschen führende Politiker nun aber erst feinjustiert ausbalancierte ‚Lockerungen‘. Die Krisenmanager wollen augenscheinlich noch nicht nach Hause gehen. Im Alarmmodus kündigten sie erst wochenlang das unmittelbar bevorstehende Chaos an. Als es ausblieb, erschien hilfsweise die Warnung vor einer ‚zweiten Welle‘. Verleitet etwa der einmal gelungene politische Zwangszugriff auf das allgemeine Leben, die politisch gewonnene Wichtigkeit und Steuerungsmacht, immer noch etwas weiter fortzuschreiben?

Was sagt das Verfassungsrecht dazu? Dürfen – um es konkret am fassbaren Beispiel zu erörtern – die Warenhäuser von Kaufhof und Karstadt bis auf Weiteres geschlossen bleiben? Die Antwort des Verfassungsrechts ist aktuell klar. Sie lautet: Nein! Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland steht diesen Schließungen per jetzt entgegen. Und dies lässt sich ohne unverständliche Juristerei auch plausibel erklären.

Grundsätzlich genießen Bürger für ihr Handeln – insbesondere auch für ihr gesamtes berufliches und wirtschaftliches Tun – den verfassungsrechtlichen Schutz von Grundrechten. Juristen weisen einzelnen Grundrechten spezifische Schutzbereiche zu: Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit, allgemeine Handlungsfreiheit. In diesen Bereichen dürfen der Gesetzgeber und die staatliche Verwaltung bürgerliches Handeln prinzipiell nicht einschränken oder behindern. Allenfalls ausnahmsweise sind dem Staat in klaren Grenzen sogenannte Eingriffe in diese Schutzbereiche erlaubt. Voraussetzung zulässiger Eingriffe ist stets, dass diese verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind.

Den typischen Fall einer Möglichkeit zur Grundrechtsbeschränkung stellen Situationen der sogenannten Gefahrenabwehr dar. Besteht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, dann können Grundrechte eingeschränkt werden. In Artikel 11 des Grundgesetzes heißt es beispielsweise ausdrücklich, dass die Freizügigkeit der Deutschen im ganzen Bundesgebiet ‚zur Bekämpfung von Seuchengefahr‘ eingeschränkt werden kann. Dies wirft naturgemäß die zentrale Frage auf, wann eine solche Gefahr tatsächlich gegeben ist. Denn das kann ohne Weiteres zweifelhaft oder umstritten sein. Der eine hält für gefährlich, was dem anderen noch harmlos erscheint – und umgekehrt. Die verfassungsrechtliche Frage nach einem legitimen Grundrechtseingriff setzt also vorgreiflich voraus, begriffliche Klarheit darüber zu gewinnen, von welcher Art Gefahr hier überhaupt die Rede ist.

Zur gedanklichen Präzision empfiehlt es sich, hier der Einfachheit halber auf erprobte und lange herausgearbeitete Begriffe des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen, statt unklare oder nicht allgemein akzeptierte Begriffe einzuführen. Gerade auf diesem Rechtsgebiet ist nämlich die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen einer zu Eingriffen legitimierenden Gefahr traditionell am deutlichsten beantwortet worden.

Polizeirechtlich wird davon ausgegangen, dass eine nicht nur irgendwie diffuse (abstrakte), sondern auch juristisch konkret greifbare ‚Gefahr‘ im eigentlichen Sinne dann besteht, wenn Anhaltspunkte tatsächlicher Art vorliegen, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit die nicht unerhebliche Beeinträchtigung eines Rechtsgutes ergeben kann. Notwendig ist eine verständige Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Das Bestehen einer Gefahr wird dadurch von der sogenannten ‚Scheingefahr‘ abgegrenzt. Geht ein Polizist nämlich nur infolge eines subjektiven Irrtums davon aus, dass eine Gefahr (scheinbar) vorliege, so ist ihm sein etwaiger Eingriff in fremde Rechte nicht erlaubt.

Auch ein bloßer ‚Gefahrenverdacht‘ legitimiert in aller Regel nicht, Rechtseingriffe vorzunehmen. Erlaubt sind bei einem solchen Verdacht allenfalls weitere Erforschungsmaßnahmen, um zu ermitteln, ob sich der bloße Anschein einer Gefahr überhaupt als eine tatsächliche Gefahr erweist. Zeigt sich bei einer solchen Gefahrüberprüfung, dass die Gefahr, von der ursprünglich ausgegangen wurde, in Wahrheit nicht dringend oder gegenwärtig droht, so ist die Schwelle für einen Grundrechtseingriff nicht erreicht.

Übertragen auf die aktuell breit diskutierte Seuchengefahr der „Corona-Krise“ ist folglich grundlegende Voraussetzung für legitime Grundrechtsbeschränkungen, dass nicht nur die Möglichkeit einer künftigen Gefahr für Leib und Leben droht. Notwendig für gerechtfertigte Grundrechtseingriffe ist vielmehr das definitive Vorliegen von Tatsachen, die nach professioneller Gesamtwürdigung aller Umstände einen ernsthaft erheblichen, bevorstehenden Schadeneintritt in diesem Sinne als wahrscheinlich annehmen lassen.

Es bedarf an dieser Stelle keiner Erklärung, dass oder warum der fachwissenschaftliche und der allgemein-öffentliche Meinungsstand zu dieser Frage seit Wochen sehr diffus sind. Während einerseits eine wirkliche Gefahr im beschriebenen Sinne angenommen wird, stellen andere dies – nicht selten bezogen auf dieselben wissenschaftlichen Grundlagen – dezidiert in Abrede. Derzeit steht alleine sicher fest, dass die freigeräumten und vorgehaltenen Krankenhausbehandlungsplätze in Deutschland nicht im Ansatz für die ursprünglich prognostizierte Anzahl von Behandlungs- und insbesondere Beatmungsfällen benötigt werden. Es besteht also Unsicherheit allenfalls über die künftige dortige Lage, nicht aber über die inzwischen eingetretene. Für die Zwecke der nachstehenden Überlegungen soll gleichwohl davon ausgegangen werden, dass die allgemeine Gefahrenlage noch nicht beseitigt ist, sondern dass die Möglichkeit einer sich intensivierenden Gefahr weiterhin unverändert akut besteht.

Auf Basis dieser Möglichkeit, das heißt auf Grundlage dieser unsicheren Tatsachengrundlage, muss also verfassungsrechtlich erörtert werden, ob gesetzlich angeordnete Grundrechtseingriffe wie Warenhausschließungen akut (weiter) legitim möglich sind. Denn auch wenn unklar ist, wie sich die Tatsachen darstellen, besteht – wie am Beispiel des Polizei- und Ordnungsrechts beschrieben – ein nachvollziehbares Bedürfnis danach, dass mindestens irgendjemand die Entscheidungsbefugnis hat, die Lage weiter zu erforschen.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist für solche Fälle das Rechtsinstitut der sogenannten ‚Einschätzungsprärogative‘ konturiert worden. Ebenso wie einem erfahrenen und besonnenen Polizisten bei gefährlichen Situationen ein Spielraum für die Einschätzung der nächsten Lageentwicklung zugestanden wird, soll auch einer Regierung verfassungsrechtlich erlaubt sein, die künftigen Entwicklungen zunächst rein spekulativ abzuschätzen. Dem staatlichen Akteur ist dadurch die Möglichkeit gegeben, an die Stelle tatsächlicher Unsicherheiten vorläufig eine eigene Tatsachenannahme zu setzen, auf die er dann rechtswirksam und rechtmäßig sein nächstes Handeln stützen kann.

Auch im Rahmen dieser Einschätzungsprärogative unterliegt staatliches Gesetzgebungs- und Verwaltungshandeln indes konsequent dem allgemeinen rechtsstaatlichen Übermaßverbot. Kurz gesagt gilt die Regel: Ein Staat darf niemals, auch nicht auf Grundlage seiner Einschätzungsprärogative, grenzenlos über das eigentliche Ziel seines legitimen Handelns hinausschießen. Selbst Gefahrerforschungsmaßnahmen und vorläufige Beschränkungen bürgerlicher Freiheiten haben, wenn sie legitim bleiben sollen, unter allen denkbaren Gesichtspunkten das notwendige Maß zu halten.

Daraus folgt zuallererst, dass jedwedes staatliche Handeln sich selbst nur solche Handlungsziele setzen kann, die ihrerseits definitiv legitim sind. Legitim bei der Abwehr einer Seuchen- und Infektionsgefahr kann nur sein, die unkontrollierbare Ausbreitung der in Rede stehenden Krankheit zu verhindern beziehungsweise einzudämmen. Maßnahmen, die diesem Ziel nicht zu dienen bestimmt sind, scheiden also von vornherein schon begrifflich als verfassungsrechtlich erlaubt aus.

Anerkanntermaßen hat staatliches Handeln bei der Verfolgung eines jeden seiner Ziele das sogenannte Angemessenheitsgebot zu berücksichtigen. Dieses zwingt, drei Fragen zu beantworten.

Die erste dieser Fragen lautet: Ist die staatliche Maßnahme geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen? Die hier thematisierte weitere Schließung von Kaufhäusern kann nur dann in diesem Sinne zur angemessenen Zweckerreichung geeignet sein, wenn genau die durch sie verhinderte Öffnung des Warenhauses andernfalls eine weitere Verbreitung der Seuche ermöglichen würde. Ob dies der Fall ist, muss mindestens in Ansehung des hier ebenfalls zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes zweifelhaft sein. Warum nämlich sollte spezifisch die Schließung eines Warenhauses geeignet sein, weitere Infektionen zu verhindern, wenn dieselbe körperliche Nähe zwischen einkaufenden und verkaufenden Menschen erst recht auf kleineren Ladenflächen gegeben ist, auf denen zu handeln erlaubt wird? Desgleichen eignet sich die Schließung eines Warenhauses zur Erreichung der angestrebten seuchenrechtlichen Zielstellung dann und deswegen nicht, wenn und weil zugleich Möbelhäuser und/oder die Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs für die Öffentlichkeit nutzbar sind. Darüber hinaus dient es nicht der seuchenrechtlich allgemein wünschenswerten räumlichen „Entzerrung“ zwischen Verbrauchern und Verkaufspersonal, wenn die zur Verfügung stehende Gesamtverkaufsfläche innerhalb einer Gemeinde insgesamt durch die fortdauernde Schließung ausgerechnet von großräumigen Warenhäusern vermeidbar verknappt wird.

Die zweite Frage, die im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung verfassungsrechtlich zu stellen ist, ist die nach der Erforderlichkeit der Warenhausschließung: Ist die vollständige Schließung des Warenhauses zur Zweckerreichung unabweisbar notwendig oder gäbe es ein milderes Mittel, mit dem sich dasselbe Ziel erreichen ließe? Jenseits der Möglichkeit, auch und gerade innerhalb von großräumigen Warenhäusern Abstandsgebote zwischen Personen einzuführen, fällt auf: Kein Kunde wird gezwungen, ein Warenhaus zu betreten, wenn er es zur Meidung einer befürchteten Selbstgefährdung nicht will. Etwas anderes kann allenfalls für die Mitarbeiter eines Warenhauses gelten, die durch eine Warenhausöffnung absehbar arbeitsvertraglich verpflichtet wären, tätig zu werden. Der Gesetzgeber hat aber als Regelungsvariante auch hier in der Hand, jedem Arbeitnehmer zu gestatten, der Arbeit fernzubleiben, soweit er eine daraus resultierende gesundheitliche Gefahr befürchtet. Die vorübergehende Suspendierung von der Arbeitspflicht für Warenhausmitarbeiter wäre somit ein augenscheinlich milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeitsprüfung, um die Warenhausschließung insgesamt entbehrlich zu machen.

Drittens ist bei der Angemessenheitsprüfung zu fragen, ob die Schließung des Warenhauses insgesamt noch verhältnismäßig ist. Hier wird verfassungsrechtlich üblicherweise abgewogen, welche nachteiligen Nebenfolgen die angestrebte Zweckerreichung auslöst und ob diese in einem vernünftigen, ausgewogenen Verhältnis zum Handlungsziel stehen.

Weitverbreitet war in der öffentlichen Debatte an genau dieser Stelle zuletzt das Missverständnis, es müsse zwischen den wirtschaftlichen Folgen der angeordneten Sperrmaßnahmen einerseits und dem Leben oder der körperlichen Unversehrtheit konkret einzelner Personen andererseits abgewogen werden. Eine solche seuchenrechtliche Abwägung kann es indes schon deshalb nicht geben, weil die staatlichen Kontaktverbote und Handlungsbeschränkungen rein faktisch niemals darauf zielen konnten oder könnten, das Leben oder die Gesundheit eines konkreten (gar vorerkrankten) Bürgers zu schützen. Jedenfalls hier haben die handelnden politischen Akteure stattdessen richtigerweise die drohende Überlastung des Gesundheitssystems als solche in ihr Argumentationsgerüst eingeflochten. Sache des Staates konnte und kann hier schon rein faktisch nur sein, die verfügbaren Ressourcen des Gesundheitssystems angemessen erreichbar und leistungsbereit zu halten. Genau dieses Ziel ist indes – wie eingangs dargestellt – bislang kontinuierlich erreicht. Die Schließung eines Warenhauses steht folglich auch insoweit in keinem denkbaren Angemessenheitsverhältnis zur Erreichung des diskutierten Regelungsziels.

Selbst wenn man – wie es die Grundlage aller hiesigen Überlegungen ist – vorsichtig davon ausgeht, dass die Seuchengefahr insgesamt derzeit noch nicht gebannt ist, sondern dass sie latent tatsächlich fortbesteht und sich also auch jederzeit wieder intensivieren kann, so bleibt es mangels akut gegenwärtiger Gefahr und eines stattdessen aktuell bloßen Gefahrverdachts derzeit einzig bei der Befugnis des Gesetzgebers, Gefahrenermittlungsmaßnahmen auszubringen, nicht aber Gefahrenbekämpfungsmaßnahmen. Der gegebene Zustand der dynamischen Entwicklung legitimiert derzeit einzig Beobachtung und Untersuchung, nicht aber Verbote, Einschränkungen oder gar die Schließung von Warenhäusern insgesamt. Das Privileg der Einschätzungsprärogative verpflichtet den Staat, seine ausgebrachten Maßnahmen kontinuierlich auf deren Richtigkeit und Angemessenheit hin zu überprüfen. Stellt er fest, übervorsichtig Unangemessenes angeordnet zu haben, muss er sofort zurücksteuern. Andernfalls handelt er verfassungswidrig.

In der gegebenen Krise hat sich zu erweisen, ob die oft geäußerte Kritik am überzogenen Wohlfahrts- und Präventionsstaat berechtigt ist oder ob es den handelnden Politikern gelingt, durch Selbstbeschränkung die Grenzen der Legitimität bei ihrem legalen Tun angemessen zu wahren. Der moderne Interventionsstaat muss im Interesse einer breiten Akzeptanz seiner Maßnahmen – und also schlicht auch im Interesse seines eigenen Fortbestandes – der Versuchung widerstehen, in die obrigkeitsstaatliche Autorität der historischen ‚Polizeystaaten‘ zurückzufallen.

Das Gebot der Selbstbeschränkung gegen die Verlockungen eines beliebig ausgedehnten Präventionsanspruchs im Rahmen allgegenwärtiger staatlicher Sozial- und Kontrolltechnologie richtet sich nicht zuletzt auch an diejenigen Verfassungsrichter, die über die Grundrechte der Bürger und deren Schutz zu entscheiden haben. Sie sind die Hüter des rechtsstaatlichen Rahmens, innerhalb dessen Politik stattfinden darf.

Vieles, wenn nicht alles, spricht dafür, dass die Warenhäuser von Kaufhof und Karstadt bereits auf Grundlage summarischer Rechtsprüfung der Verfassungsrichter durch einstweilige Anordnungen geöffnet werden müssen. Denn die Aufrechterhaltung des Öffnungsverbots dürfte bereits ein illegitimes gesetzliches Handlungsziel fortschreiben, was selbst eine nur summarische Abwägung der Folgen verbietet.“


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