r/K-Selektionstheorie: Ist es möglich, einen r-Typus in einen K-Typus umzuprogrammieren?
Eine spannende Frage, die auch die Epigenetik mit ins Spiel bringt
von M 2.0 (Pausiert)
Kürzlich erreichte mich über meinen Blog eine spannende Frage eines interessierten Lesers bezüglich der r/K-Selektionstheorie: Ist es möglich, einen r-Typus in einen K-Typus umzuprogrammieren, oder ist jeder Versuch vergebens? (Diejenigen Leser, die von r- und K-Typen zum ersten Mal hören, verweise ich auf frühere Kolumnen, mein unten verlinktes Buch oder meinen YouTube-Kanal.)
Ich werde heute versuchen, diese Frage so gut wie möglich zu beantworten, weise aber gleich zu Beginn darauf hin, dass ich zunächst Vermutungen anstelle, zumal mir zu dieser konkreten Begebenheit keine Studien oder Untersuchungen bekannt sind. Allerdings gibt es einige andere interessante Studienergebnisse, die den Einfluss der Epigenetik untermauern. Doch der Reihe nach.
Gescheiterte Programmierungsversuche
Meine grundsätzliche Antwort auf die obige Frage lautet: Nein. Wäre dies möglich, wären wir bereits alle entweder das eine oder andere, nachdem Herrschende diese Möglichkeit mithilfe von Zwang und Gewalt bewusst (aus-) genutzt – also einmal mehr missbraucht – hätten. Interessanterweise versuchen sie es dennoch, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass ihr Gen-Set agiert. Die Geschichte ist voll von (gescheiterten) Versuchen, bei denen der eine Typus den anderen Typus quasi „umprogrammieren“ wollte. Doch nicht einmal die bis dato gigantischsten, staatsterroristischen Bemühungen vermochten dies zu vollbringen, blicken wir beispielsweise nach China zur Zeit Mao Tsetungs (1893–1976), welcher dem wohl K-strategischsten Volk der Welt, dessen Kultur meiner Überzeugung nach genau aus diesem Grund seit über 3000 Jahren nicht untergegangen ist, eine aus dem Westen importierte r-„Philosophie“ aufzwängen wollte, dabei unendliches Leid und nicht zuletzt ein Abermillionengrab in Kauf nahm.
Die Evolutionspsychologie argumentiert, dass unser Denken und Handeln mit biologischen Prozessen sowie evolutionär gewachsenen Entwicklungskapazitäten übereinstimmen beziehungsweise dass sie sich entsprechend angepasst haben. Politik an sich ist ein stetiger Kampf zwischen Gen-Sets, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Ein Kampf, der sich nicht zufällig immer wieder um dieselben Themen dreht. Die Auswirkungen auf sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sind im Zuge dessen evident, je nachdem, welches Set gerade die Oberhand hat. Regieren r-Strategen, werden Sie zum Beispiel sukzessive mehr und mehr „Antikapitalismus“ beziehungsweise Marktfeindlichkeit erleben: In den Medien, Lehrplänen und nicht zuletzt beim Wirtschaften selbst. Regieren r-Strategen, werden Sie zum Beispiel sukzessive schwächere Familienverbände, mehr Scheidungen und immer frühreifere (frühsexualisierte) Kinder erhalten. Regieren K-Strategen, ist tendenziell das Gegenteil der Fall, dafür neigen entsprechende Gesellschaften zur Stagnation (wieder: siehe die jahrtausendealte Mandarin-Gesellschaft Chinas), beispielsweise im künstlerischen Bereich. Und so weiter.
Umwelt oder Genetik?
Die Frage dabei lautet nicht: Was war zuerst da – Umwelt oder Genetik? Die Frage, was „wichtiger“ ist oder mehr Einfluss hat, ist für mich dabei ebenfalls relativ irrelevant, da beides so sehr miteinander verbunden ist, dass die Frage der sprichwörtlichen „Henne-oder-Ei“-Frage ähnelt. In praxi könnte das Zusammenspiel aus beidem unter anderem anhand der im Allgemeinen bekannten Begebenheit dargestellt werden, wonach viele junge Leute aktuell und in vergangenen Jahrzehnten überwiegend „links“ sind, und erst etwa Ende ihrer 20er Jahre „umdenken“. Viele bleiben aber auch zeitlebens links.
(M)eine Theorie, warum das so sein könnte, lautet, dass der Umwelteinfluss in jungen Jahren – also die stetige „linke Bombardierung“ von allen Seiten, insbesondere in Schule, Politik und Medien – selbstverständlich Macht und Einfluss hat. Ist ein Individuum jedoch insgeheim K-selektiert, gewinnt diese Natur letztlich doch die Oberhand. Das menschliche Gehirn ist erst nach rund 25 Jahren vollständig „ausgereift“ – und „zufällig“ vollzieht sich ab genau diesem Zeitpunkt zunehmend eine geistige Kehrtwende in vielen jungen Erwachsenen. Ich selbst war während meiner Studienzeit extrem links, doch ich erinnere mich daran, selbst zu jenem Zeitpunkt in den damaligen sozialistischen Kreisen hin und wieder mit „seltsamen Fragen“ dahergekommen zu sein, die die „Genossen“ einigermaßen nervten und mich trotz des nach außen getragenen Linksseins stets mit einem „Also-irgendwas-stimmt-da-doch-nicht-ganz“-Gefühl zurückließen. Heute glaube ich nicht mehr, dass mich dann letztlich die (brillante) Literatur von Baader, von Mises, Hoppe und Co. zum Umdenken brachte, sondern umgekehrt: Meine dem r-strategischen Sozialismus zuwiderlaufende (genetische) Natur führte mich zur Literatur! Und ich denke, bei sehr vielen Leuten war und ist es ähnlich. Eine zutiefst r-strategische Person wird sich auch nicht von noch so logischer Literatur überzeugen lassen, davon bin ich heute überzeugt.
Unsere Genetik und Psychologie passten und passen sich an die Umwelt an und waren beziehungsweise sind seither tief in uns verwurzelt. Das bedeutet nicht, dass ein Wechsel von „r“ zu „K“ oder umgekehrt nicht möglich ist, allerdings nicht mal eben so – ad hoc.
Epigenetik
Doch genau aus diesem Grund, also inwiefern sich Wechsel innerhalb relativ kurzer Zeit vollziehen können, kommt der Wissenschaft der Epigenetik eine meines Erachtens spannende Rolle zu. Vielleicht mag sich der eine oder andere fragen, warum in „Widerstand“ epigenetische Effekte thematisiert werden. Antwort: Es geht deshalb um epigenetische Wirkungen, weil diese letztlich mit hoher Wahrscheinlichkeit einer der Hauptgründe für die ideologische Ausrichtung einer Kultur sind.
Eines der Dinge, das man, so man gewillt ist, sehenden Blickes erkennen kann, ist die langsam korrumpierende Natur von Ressourcenüberschuss und Frieden. Dies geschieht nicht auf einmal in einer Kultur, sondern führt zu einem langsamen, spürbaren Abrutschen von Generation zu Generation. Verzeihen Sie, wenn ich im Folgenden etwas aushole, um einen Punkt zu verdeutlichen. Ein älterer amerikanischer Bekannter, von dem ich sehr viel über Evolutionspsychologie und nicht zuletzt Epigenetik lernte, trainierte, als er mit dem Kampfsporttraining begann, in einem Verein, der voller Veteranen war, die gerade aus dem Koreakrieg kamen. Das waren harte Kerle, wie man sie laut ihm heute in der zivilen Gesellschaft nicht mehr sieht. Der Cheftrainer hatte die „Special Forces“ der Armee verlassen, und das wusste man schon nach wenigen Minuten. Er war ein wirklich harter Hund, wie ihn sich mein Bekannter nie hätte vorstellen können, wenn er ihn nicht tatsächlich getroffen und gekannt hätte, aber das waren die anderen Veteranen im Club auch. Sie beherrschten nicht nur eine Kampfsportart. Sie beherrschten Schusswaffen und Klingen ebenso gut wie ihre Hände, und sie besaßen eine geistige Qualität, die schwer zu beschreiben ist, die aber „normale“ Menschen heute sofort in Angst und Schrecken versetzen würde. Es waren Männer, für die das Studium der Fähigkeit, andere Männer körperlich zu vernichten, fast eine religiöse Pflicht war. Man hätte diese Männer in das härteste Gefängnis des Landes stecken können, und es bestünde kein Zweifel daran, dass die schlimmsten und gewalttätigsten Männer in diesen Gefängnissen instinktiv einen großen Bogen um sie gemacht hätten. Er trifft solche Typen heute nicht mehr so oft, aber auf seinen Reisen hatte er festgestellt, dass sie damals in einigen Kreisen relativ häufig anzutreffen waren.
Als mein Bekannter die Künste weiter studierte, fiel ihm etwas auf. Gewalttätige Männer, die nur darauf aus waren zu lernen, wie man andere am besten verletzt, begannen einer sanfteren, weniger bedrohlichen, lebenslustigeren Variante von Menschen zu weichen. Die Männer der Vietnam-Ära waren hart, aber sie hatten nicht diese kalte, gewalttätige, rücksichtslose Seite. Späteren Generationen ging es mehr und mehr um Spaß als um die Kunst, Menschen zu verletzen. Heute fühlt er sich irgendwie komisch, wenn er von diesen Typen berichtet, als ob niemand glauben würde, dass sie existieren könnten. Aber diese Typen waren genau so, und sie waren aus einem bestimmten Grund anders. Ihre Augen leuchteten, als sie den nächtlichen Himmel beschrieben, und die Artilleriegranaten mit weißem Phosphor beleuchteten sogar den Ort, an dem sie sich befanden, was vermutlich ziemlich weit hinter der offiziellen Frontlinie des Krieges lag, in dem sie kämpften.
Auch wenn er sich über ihre stählerne Härte wunderte, so stammten sie doch aus einem noch härteren Lager aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, als der Braunsozialismus die Welt so sehr bedrohte, dass Amerika in die Sklaverei hätte geraten können, wenn nur ein paar Dinge anders gelaufen wären. In jenem Krieg hatten Amerikaner regelmäßig Japaner zu Tode geflammt, Zivilisten bombardiert, als wäre es ein Videospiel, – und Gott sei jedem gnädig, der irgendetwas davon ablehnte oder gar Sympathie für jemanden bekundete, der nicht zur amerikanischen „Ingroup“ meines Bekannten gehörte. Seine Spezies, so sagte er, unterschied sich grundlegend von den lebenslustigen „Yolo“-Menschen von heute.
Wenn Sie den Artikel „Epigenetics: The sins of the father“ durch dieses Prisma betrachten, wird Ihnen klar, warum die Epigenetik für die Politik beziehungsweise das Verstehen von Politik so wichtig ist. Was in einer Studie bei Mäusen epigenetisch verändert wurde, waren die Leichtigkeit und das Ausmaß der Amygdala-Reaktivität und Konditionierung auf einen bestimmten Reiz, dem die Eltern ausgesetzt waren – mit anderen Worten: Die Fähigkeit der Amygdala zu lernen, einen Bedrohungsreiz wahrzunehmen und darauf zu reagieren, was auf zukünftige Härte hindeutet. Obwohl in dem Artikel auf ein spezifisches Gen für einen Geruchsrezeptor verwiesen wird, der möglicherweise betroffen ist, gibt es auch Gene für Neurotransmitterrezeptoren, die sich auf die Reaktivität und Konditionierung der Amygdala auswirken (ein spezifisches Gen für diese Art von Neurotransmitterrezeptoren wurde mit einer ideologischen Prädisposition in Verbindung gebracht, siehe eine frühere Kolumne), und es wäre überraschend, wenn die Expression dieser Gene nicht auch von der Epigenetik beeinflusst würde.
Das ist es, was nach Meinung meines Bekannten bei seinen alten Veteranenfreunden aus dem Koreakrieg anders war. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass Gewalt schlichtweg kommt, ob man das nun wahrhaben will oder nicht, und wenn sie kommt, darf man nicht herumalbern; und aus irgendeinem Grund schienen sie diese Lektion besonders leicht gelernt zu haben.
Das ist auch der Grundmechanismus der politischen Ideologie. Da wir lange keine Erfahrungen mit Härte gemacht haben, verlor „unsere Gesellschaft“ stetig die Fähigkeit, unsere Amygdalae zu trainieren, um verschiedene, bevorstehende Probleme zu erkennen – Schuldenblasen vergrößern sich jenseits von Gut und Böse, westliche Militärs kommen gut mit einer schwulen/lesbischen/transgender Kerntruppe zurecht, und so weiter.
Die in der Studie an Mäusen beschriebene Veränderung erfolgte nicht durch genetische Selektion, die das Verhältnis der Allele in der Population im Laufe der Zeit verändert, oder durch die Dopamin-Desensibilisierung, die bei einem Individuum aufgrund der reichlichen, anhaltenden, endogenen Dopaminausschüttung aufgrund von Vergnügen und Leichtigkeit eintritt. Die in der Studie festgestellte Veränderung trat vielmehr durch Stress auf, der auf die Eltern einwirkte und die Genexpression bei den Nachkommen veränderte. Die Nachkommen erhielten dieselben Gensequenzen wie die Eltern, mit denselben Promotoren und Repressoren, aber ihre Körper waren weniger in der Lage, einige Gene abzulesen, oder mehr in der Lage, andere abzulesen, oder eine Kombination davon, aufgrund von Veränderungen an den peripheren Teilen des DNA-Moleküls, oder anderen zusätzlichen Strukturen, die verändert, hinzugefügt oder entfernt wurden, alles dank der Biochemie der Eltern.
In einer ähnlichen Studie an Menschen könnte man sagen, dass Menschen, die wiederholt Bedrohungsreizen (gefolgt von Härte) ausgesetzt sind, Menschen hervorbringen, deren Kinder schneller als ihre Eltern lernen, Bedrohungsreize mit anschließender Härte zu assoziieren. Mit anderen Worten: Die Amygdalae der Kinder würden schneller lernen, den Beginn von Härte auf der Grundlage einer Analyse der aktuellen Bedingungen vorherzusagen. Sie würden wahrscheinlich auch ein größeres Amygdala-Volumen aufweisen und ihr Verhalten und ihre Entscheidungsfindung besser strukturieren, um spätere Härte zu vermeiden. Dies wird diejenigen nicht überraschen, die „Widerstand“ gelesen und die Forschungsarbeiten gesehen haben, in denen untersucht wurde, wie epigenetische Effekte die Ausprägung einer r- oder K-selektierten Fortpflanzungsstrategie bei Säugetieren beeinflussen. Dies ist nur ein weiteres Indiz für die Richtigkeit dieser These.
Die koreanischen Veteranen, die mein Bekannter kannte, stammten von Eltern, die (nach einer flüchtigen Untersuchung der Merkmale, die ihre Kinder trugen) während des Zweiten Weltkriegs wahrscheinlich eine blutige Schneise durch einen Ort schlugen, an dem die Gefahr eines gewaltsamen Endes durch die Hand eines brutalen Feindes allgegenwärtig war. Und das Nächste, was er wusste, war, dass er mit Typen kämpfte, die eine Bar voller „Hells Angels“ in Angst und Schrecken versetzen würden.
Jahrzehntelang hat er sich über dieses Phänomen gewundert, als er es langsam vor sich ablaufen sah, lange bevor er wusste, warum es geschah. Es konnte nicht genetisch bedingt sein, denn dafür ging es zu schnell. Es war keine endogene biochemische Desensibilisierung, sie erfolgte zu allmählich, über Generationen und Jahrzehnte. Epigenetik ist der einzige mir bekannte Mechanismus, der zu dem passt, was er beobachtet hatte. Und der Mechanismus ist derselbe, den man sowohl in der amerikanischen als auch deutschen Politik beobachten konnte, als die Jahrzehnte vergingen und jeder neuen Generation etwas zu fehlen schien, was die vorherige Generation noch hatte. Wenn man heute auf die Nationen schaut, muss man leider feststellen, einer immer schneller wachsenden Schar von schwachsinnigen Ideologen ausgesetzt zu sein, die völlig blind sind für wirtschaftliche Zerstörung, einen Verfall in quasi allen gesellschaftsrelevanten Bereichen, kurz, für tatsächliche Bedrohungen. Umprogrammieren lässt sich da auf die Schnelle nichts.
Quellen und Querverweise:
Widerstand. Warum zwischen linker und rechter Politik eine Schlacht der Gene wütet.
Genetik und politische Zugehörigkeit (Freiheitsfunken)
Menschliches Verhalten aus der evolutionspsychologischen Perspektive (Freiheitsfunken)
Epigenetics: The sins of the father (nature)
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