04. Mai 2023

Für eine neue politische Hufeisentheorie Warum die Unterscheidung in links und rechts tatsächlich immer weniger relevant ist

Wir sind das Hufeisen! Lasst und den Schmodder in der Mitte entfernen!

von André F. Lichtschlag

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Bildquelle: New Africa / Shutterstock Hufeisen: Bringt Glück!

Kennen Sie die Hufeisentheorie der Politikwissenschaft?

Oft werden politische Positionen zwischen den Polen linksaußen und rechtsaußen abgestuft zum Beispiel in links, mitte-links, Mitte, mitte-rechts und rechts als lineares Kontinuum betrachtet. Doch das, so erkannten Politikwissenschaftler spätestens mit Blick auf den roten („linksaußen“) und braunen („rechtsaußen“) Sozialismus, zeigt gerade nicht an, wie ähnlich sich diese Pole in vielen Fragen sind. Die Geschichte ist voll von Beispielen, wo Kommunisten und Faschisten nicht nur strukturell, sondern auch inhaltlich große Ähnlichkeiten aufwiesen oder sogar in konkreten politischen Initiativen zusammenarbeiteten, gemeinsam sozusagen gegen die „Kräfte der politischen Mitte“. Das Hufeisen als Modell der Totalitarismusforscher war geboren – bei dem die äußeren Enden bekanntlich fast wieder zusammenlaufen.

Der Libertäre David Nolan entwickelte 1971 das Nolan-Diagramm als Alternative. Zwei Achsen beschreiben den Grad der erstens persönlichen und zweitens wirtschaftlichen Freiheit. Wer beides stark befürwortet, landet im Feld der Libertären oben. Wer beides stark beschneiden will, ist autoritär unten. Wer persönliche Freiheit unterstützt und wirtschaftliche Freiheit bekämpft, ist links. Wer wirtschaftliche Freiheit fordert und persönliche Freiheit unterdrückt, ist rechts. In der Mitte von allen liegen die Zentristen.

Zurück zum Hufeisen: Natürlich schmeckte diese Theorie den Linken nie. Für sie ist links immer gut und rechts immer böse. Vertreter von Mitte-Links deuten linksextreme Positionen dann allenfalls als „übertrieben, aber ja gut gemeint“, während „rechtsaußen“ aus ihrer Sicht nur von Grund auf böse gemeint sein kann. Eine absurde Annahme mehr im Kosmos linken, absurden Denkens, aber das sei nur am Rande bemerkt.

Ich glaube nämlich, dass sich die alte Hufeisentheorie tatsächlich überlebt hat, aber aus gänzlich anderen Gründen, als sie linke Kritiker in ihrer Einfalt anführen. Tatsächlich haben sich in den letzten Jahren die Positionen rund um die „politische Mitte“ von links bis rechts einander derart angenähert, dass sie ununterscheidbar, ja austauschbar geworden sind. Wechselt eine deutsche Landesregierung zum Beispiel von rot-grün auf schwarz-gelb, so unterscheidet sich danach, anders als noch vor 30 Jahren, die konkrete Politik in genau … nichts.

Freiheitsfunken-Schmiede-Kollegin Monika Hausammann hat es zuletzt auf den Punkt gebracht, als sie ausführte, dass die gesamte politische Klasse, das politische Establishment, die Altparteien von links bis rechts im Krieg stehen. Und die Fronten sind hier eindeutig: der Staat gegen das Volk.

In Opposition dazu verblieben sind ausgerechnet die „Außenpositionen“, nämlich ganz links (zum Beispiel Wagenknecht, Schwarzer), unverbesserliche Bürgerrechter halblinks (Die Basis, der „Demokratische Widerstand“), die Libertären als „Extremisten des Individualismus“ (in der Mitte?), unverbesserliche religiöse Fundamentalisten halbrechts (von Evangelikalen über Piusbrüder bis Muslime) und eben ganz rechts (Neue Rechte etwa). Sie alle stehen irgendwie quer „zum Zeitgeist“, contra wuchernden Staat, so wie er sich heute gegen die Bürger stellt. Und sie alle – auch das ist neu – lassen sich nicht mehr so einfach wie früher gegeneinander ausspielen. Die Masche der Kontaktschuld verfängt nicht mehr oder jedenfalls immer seltener – jeder in diesem bunten, breiten Spektrum wurde vom immer dreisteren Polit- und Medienestablishment bereits als Aluhut oder Nazi diffamiert, weshalb diese Anwürfe auch nicht mehr wirklich wehtun. Und ja, diese neue Gemeinsamkeit stellt tatsächlich den alten Links-rechts-Dualismus infrage. Denn was ist heute schon noch links, was rechts? Was rinks, was lechts?

Und das Hufeisen? Das sollte neu interpretiert werden!

Pferdefreunde wissen: Zwischen dem Hufeisen sammelt sich beim Ausritt der Dreck, all der Schmodder, der anschließend abgekratzt werden muss. Die Schmiere zwischen dem Hufeisen, das ist das „alternativlose Establishment“ der „politischen Mitte“, das sich den Staat zu eigen gemacht hat. Diesen Schmodder gilt es zu entfernen, die Hufe zu reinigen.

Und das Hufeisen? Ist traditionell ein Glückssymbol! Das Hufeisen ist lang und enthält verschiedene Segmente: entschiedene Linke, unbeugsame Rechte, echte Bürgerrechtler und wirkliche Gläubige – und die Libertären in der Mitte des Runds. Wir alle umschließen den staatsversessenen Dreck von politischen oder antipolitischen Außenpositionen aus. Wir sind zum Beispiel auch der bunte Reigen der alternativen Medienmacher, entschieden links, rechts, libertär oder sonst wie positioniert als stets radikale Kritiker am immer unerträglicheren Status quo zwischen uns. Wir sind das Hufeisen! Es lebe das Hufeisen!   


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