Covid-Terror: Die wahren Freunde sind geblieben
Ein Hoch auf die Parallelgesellschaft
Nach zwei Jahren im Ausland freue ich mich momentan ganz besonders über Familienbesuche. Das liegt sicher auch daran, dass tatsächlich ausnahmslos niemand in meiner Familie in den vergangenen Jahren der staatlichen Propaganda auf den Leim gegangen ist und die Gespräche somit alle ein gewisses intellektuelles Mindestmaß nicht unterschreiten, was eine Unterhaltung einfach angenehmer macht. Von allen Familienmitgliedern hatte ich aufgrund meiner Abwesenheit sicher am wenigsten mit Diskriminierung und Ausgrenzung zu kämpfen.
Umso gespannter lausche ich, wenn Eltern und Tanten von Begebenheiten aus dieser Zeit erzählen, die sich für mich oft anhören wie aus einem dystopischen Film. Ein wenig wie die Erzählungen meines Großvaters aus der Zeit des Nationalsozialismus oder die meiner Tante aus der ehemaligen DDR. Was mich dabei am meisten beeindruckt, ist, dass quasi niemand in meiner Verwandtschaft diese Zeit in ausschließlich schlechter Erinnerung behält. „Ich bin dankbar für diese Jahre“, sagte mein Vater neulich bei einem Familientreffen. „Die wahren Freunde sind geblieben und um die falschen ist es nicht schade.“ Jeder nickte.
Dabei hätte gerade mein Vater alles Recht, mit dem Geschehenen zu hadern. Nach über 50 Jahren vermeintlicher Freundschaft lud ihn sein bester Freund aus Schultagen nicht einmal zu dessen 70. Geburtstag ein. Begründung: ungeimpft. Den Verein, den er als Schatzmeister vor dem finanziellen Ruin gerettet hatte, durfte er aus demselben Grund monatelang nicht betreten. Auch andere Kontakte starben in dieser Zeit wohl für immer. Doch die wenigen Freundschaften, die geblieben sind, sind dafür umso intensiver geworden. Man weiß jetzt, wem man, auch wenn es hart auf hart kommt, vertrauen kann.
Mit dem Impfstatus hatten diese Freundschaften übrigens nie etwas zu tun. Unter den Freunden, die geblieben sind, sind Geimpfte und Umgeimpfte gleichermaßen. Eine von regierungstreuen Journalisten herbeiphantasierte „Solidarität unter Umgeimpften“ gab es, zumindest in meiner Familie, nie. Die Trennlinie war eine andere. Mit jenen, die sich vor den Karren des Staates haben spannen lassen und darüber Freundschaften vor die Hunde gehen ließen oder sich gar aktiv an Ausgrenzung und Denunziation beteiligten, mit solchen Leuten, auch hier übereinstimmendes Nicken, wolle niemand mehr etwas zu tun haben.
Die vergangenen drei Jahre waren ein Charaktertest. Ich habe mir in dieser Zeit auch aus dem Ausland genau angeschaut, was Freunde und Bekannte, frühere Arbeitgeber oder lokale Brauereien und Restaurants in sozialen Netzwerken so vom Stapel gelassen haben. Die negativen Überraschungen haben dabei leider überwogen. Menschen, die ich bis dahin eindeutig im freiheitlichen Lager verortet hatte, haben sich als autoritätsbesoffene Mitläufer entpuppt, für die das Eintreten für Freiheit wahrscheinlich immer schon lediglich Mittel zum Zweck gewesen war. Im Nachhinein gab es da so einige rote Flaggen, die ich wohl in der Vor-Corona-Zeit einfach nicht sehen wollte. Corona hat diese Naivität beerdigt – ein reinigendes Gewitter.
Baff bin ich über die Chuzpe vieler, die jetzt ohne ein Wort der Entschuldigung einfach zur Tagesordnung zurückkehren wollen. Sind sich diese Leute eigentlich der Tragweite dessen bewusst, was sie getan haben, welch menschliches Leid sie mitzuverantworten haben? Da tun viele jetzt so, als hätten sie keine Wahl gehabt. Schuld sind die Politiker und, ja, der Drosten und andere Virologen natürlich. Die Deutschen sind ein Volk von großen Kindern, die nie gelernt haben, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Im Englischen gibt es dafür einen beißend ironisch konnotierten Begriff: „Good German“. Eine gewisse historische Kontinuität kann man kaum von der Hand weisen.
Was eine politische Aufarbeitung der vergangenen drei Jahre angeht, da mache ich mir keine Illusionen. Es sind schließlich nach wie vor dieselben Leute an den Schalthebeln der Macht, die politisch und publizistisch den Covid-Terror zu verantworten haben. Und eine gesellschaftliche Aufarbeitung scheitert auch daran, dass sich eben einfach zu viele Menschen im Alltag schuldig gemacht haben: der Lehrer genau wie die Kassiererin im Supermarkt, der Hausarzt, die Krankenschwester, der Schaffner, der Busfahrer, selbst der Bäcker und der Metzger.
Doch vielleicht gibt es zwischen Aufarbeiten und Vergeben und Vergessen noch einen dritten Weg. Viel ist in den vergangenen Monaten von der „Heilung gesellschaftlicher Spaltungen“ die Rede gewesen. Warum sollte das wünschenswert sein? Mal ehrlich: Mit den Leuten, die meine Eltern ausgegrenzt und zu Aussätzigen erklärt haben, die sich zu Helfershelfern einer autoritären Gesundheitsdiktatur gemacht haben und heute nicht einmal ein Bekenntnis der Reue über ihre Lippen bringen, möchte ich gar nicht mehr Teil derselben Gesellschaft sein. Ich lebe gerne in einer Parallelgesellschaft, in der ich mich, ähnlich wie Ausländer, die ohne Sprachkenntnisse hierherkommen, gerne nur noch mit denen abgebe, die meine Sprache sprechen, die nicht totalitär denken, den Wert wahrer Freundschaft verstehen, und die sich ihre Menschlichkeit bewahrt haben. Der Rest kann mir gestohlen bleiben.
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