14. Mai 2023 20:00

Gesellschaftliche Lernprozesse Mehr Schmerzen?

„Es muss erst noch mehr wehtun, bevor sich etwas ändert“

von Stephan Unruh

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Bildquelle: photokup / Shutterstock „Gebranntes Kind scheut das Feuer“: Lässt sich nicht auf Gesellschaften übertragen

Dahinter steht die intuitive Erkenntnis, dass wir (auch) durch Schmerzen lernen. Wer von Hause aus nicht hinreichend Verstand mitbringt, um deduktiv zu erkennen, dass das Berühren einer heißen Herdplatte keine gute Idee ist, der wird dauerhaft „geheilt“, wenn er sich einmal die Hand ordentlich verbrannt hat. Für die lehrreiche Erfahrung aber muss die Herdplatte heiß genug sein und der Schmerz somit hinreichend groß – andernfalls käme die betreffende Person unter Umständen gar auf die Idee, dass die Herdplatte keinesfalls gefährlich ist, sondern vielleicht sogar ein trefflich geeigneter Ort, um sich klamme Finger, Hände oder gar andere Körperteile zu wärmen.

Allerdings – dies gleich vorweg – sind Gesellschaften, Mitmenschen und dergleichen keine Herdplatten, und dort, wo das das Individuum vielleicht etwas lernt, lernt die „Gesellschaft“ eher nichts. Zumal wenn ich den Blick nach Deutschland wage, dann meine ich, dass der Schmerzpegel doch schon eigentlich längst für eine zünftige Revolution hinreichend hoch sein müsste: angefangen bei der täglichen Messerstecherei in einer (oder mehreren) deutschen Innenstadt über explodierende Preise für Strom, Gas und/oder Benzin bis hin zu dem katastrophalen Zustand der Bildungsstätten – die zerfallende Infrastruktur will ich gar nicht erwähnen, und nüchtern betrachtet ließe sich die Aufzählung beliebig fortsetzen. Die meisten von Ihnen sind ob der Zustände in Deutschland deutlich besser im Bilde als ich, der auf der anderen Seite der Welt lebt.

Wo immer man eigentlich hinblickt, muss man feststellen, dass „mehr Schmerz“ meistens nur sehr schlecht als Erziehungsmethode funktioniert. Das ist einer der Gründe, weshalb in heutigen Bildungsinstitutionen der Rohrstock eher selten zum Einsatz kommt (oben erwähnte Stützen der Gesellschaft mögen murmelnd einwenden, dass genau darin der Niedergang der Bildungsinstitute begründet liege). Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass mehr „Schmerzen“ nur dazu führen werden, dass es noch mehr von der schlechten, der falschen Medizin gibt.

Weiter steigende Mietpreise werden mit Mietpreisdeckeln gekontert werden, für steigende Energiepreise gibt es dann ebenfalls entsprechende Deckel und Unterstützungsfinanzierungen. Einer sich allgemein verschärfenden Teuerung wird man mit einerseits steigenden Mindestlöhnen versuchen zu begegnen und andererseits mit Preisdeckeln/-bremsen. Das Gros der Menschen beziehungsweise der Wahlbürger wird es fordern und die Politik wird gerne liefern.

Angesichts des wirtschaftlichen Bildungsniveaus und der Durchschnittsintelligenz in Deutschland (und nicht nur dort) sowie des gelagerten Interesses der Politik (und auch der Medien) sollte man sich keinerlei Hoffnungen darauf machen, dass eine Verschärfung der Situation, also ein Mehr an Schmerzen, dazu führen wird, dass Erkenntnis einsetzt und daraufhin gegengesteuert werden wird. Je größer die Not sein wird, desto mehr werden die Menschen nach dem Staat als Retter rufen. Schon aus dieser Perspektive sollte klar werden, dass die Schmerzen quasi von alleine zunehmen werden – ändern aber wird sich nix.  


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