US-Wahlkampf: What a difference a day makes …
Bidens TV-Desaster
von Stephan Unruh
von Stephan Unruh drucken
Wie schnell sich die Dinge ändern. Wer am Donnerstagmittag Josef Biden einen senilen alten Mann und nicht fit für das Amt des US-Präsidenten nannte, war ein Schwurbler, Trump-Anhänger, vermutlich auch ein Putin-Versteher, Staatsverächter und aller Wahrscheinlichkeit nach gefährlich weit „rechts“. Wer genau dasselbe Statement am Freitagmittag tätigte, fand sich im Mainstream wieder und darf sich als besorgter Bürger, der um die Demokratie in den USA fürchtet, fühlen. Schließlich trat in der Nacht des Donnerstags (US-Zeit) jedem Menschen klar vor Augen, was die Schwurbler, Staatsverächter und so weiter schon seit vier Jahren wissen: nämlich, dass es sich bei Joseph Biden um einen senilen alten Mann handelt, der unter gar keinen Umständen fit für das Amt des US-Präsidenten ist (und es vermutlich auch schon die letzten vier Jahre nicht war). Auch in der Politik muss man eben flexibel bleiben. Schon zu Beginn der Plandemie war das ähnlich: Wer anfangs vorsichtig sein wollte, war ein Ausländerhasser, der nur deshalb die Grenzen schließen wollte, und zwei Monate später konnten Lockdowns und allgemeine Freiheitsbeschränkungen gar nicht weit und lang genug gehen …
Nach der erstaunlich früh angesetzten Debatte – weder Trump noch Biden sind von ihren Parteien final auf den jeweiligen Nominierungsparteitagen bestätigt worden – erscheint nach dem verheerenden Auftritt Bidens eigentlich klar, dass der amtierende Potus („President of the United States“) nicht auf der Convention der Demokraten im August nominiert werden wird. Zumindest wurde diese Perspektive schnell von zahlreichen Medien kommuniziert, und entsprechend schwirrten potenzielle Kandidatennamen sofort nach dem Ende der Debatte durch den Raum: allen voran natürlich Michelle Obama, deren Hauptkompetenz darin liegt, die Ehefrau eines Expräsidenten zu sein. Natürlich auch die unvermeidbare Hillary Clinton, die nicht alleine die Ehefrau eines Expräsidenten ist, sondern es dank dieses Umstandes sogar zur Senatorin von New York und darüber hinaus zur US-Außenministerin gebracht hatte. Weitere Kandidaten sind Gretchen Whitmer, ihres Zeichens Gouverneurin von Michigan, sowie der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom. Beide sind aber nicht mit ehemaligen US-Präsidenten verheiratet und verfügen insofern eher nur über Außenseiterchancen, via Hintertür Präsidentschaftskandidaten zu werden.
Dass übrigens die Frage, wer denn tatsächlich die Macht in Washington innehat, wenn nicht der amtierende Präsident, dabei komplett ausblieb, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich: Die „Macht“ hat die Frontfigur eben nur höchst selten alleine und schon gar nicht absolut in den Händen. Das musste Trump in seiner Amtsperiode bereits erfahren – er konnte nicht schalten und walten, wie er wollte (beziehungsweise wie er sich das vielleicht ausgemalt hatte), sondern wurde eigentlich am laufenden Band von der eigenen Administration ausgebremst. Die Aussage gilt quasi für alle Machtstrukturen und für alle Zeiten: Im römischen Kaiserreich waren es zumeist die Legionskommandeure und vor allem die Führer der Prätorianergarden, welche die Macht neben den Verwaltungsbeamten innehatten. Ähnliches gilt für das chinesische Kaiserreich – die wahren Herrscher waren hier zumeist die Palasteunuchen. Und selbst das Sinnbild für den absoluten Herrscher, der französische Sonnenkönig „L’État, c’est moi“-Louis XIV. war keineswegs ein so absoluter Herrscher, wie das gerne von Geschichtslehrern dargestellt wird: Denn wer nach einem nicht selbst gestalteten Fahrplan seine Morgentoilette verrichten muss, der ist – zumindest nach meinem Verständnis von Souveränität – keinesfalls so souverän und absolut herrschend, wie er vielleicht meint. Zweifelsohne gibt der Mann (oder die Frau) an der Spitze die Richtung vor und macht die Vorgaben, aber inwieweit diese dann erfolgreich und tatsächlich in seinem Sinne um- und durchgesetzt werden, steht auf einem anderen Blatt. Das Räderwerk der Palasteunuchen, Prätorianer- und Feldkommandeure, Schreiberlinge und Verwaltungsbeamten mahlt eben langsam und manchmal anders.
Darüber hinaus ist trotz des katastrophalen Eindrucks, den Joseph Biden hinterließ, keinesfalls sicher, ob er im August wirklich ausgetauscht wird. Denn zum einen dürfte der amtierenden Präsidentengattin Jill Biden der Sitz im Weißen Haus gefallen und – der vorangegangene Absatz hin und her – die Machtfülle als den Potus kontrollierende Flotus („First Lady of the United States“) durchaus schmecken: Kampflos wird sie sich von anderen Präsidentengattinnen sicher nicht verdrängen lassen (das Gleiche gilt natürlich für die ganze Biden-Entourage, die nicht notwendigerweise in die Entourage anderer Kandidaten aufgenommen werden wird). Außerdem sind auch die Spender relevant – wer Geld für Bidens Wahlkampfkasse gab, wird nicht notwendigerweise noch einmal die Börse für Michelle Obama oder Hillary Clinton öffnen. Last, but not least muss dann auch noch irgendwie der Wählerwille abgebildet werden: Wenn nun auf der Convention im August einfach so ein in Hinterzimmern ausgemauschelter Kandidat aus dem Hut gezaubert wird, ohne dass die Mitglieder der Demokraten landesweit darüber zumindest (mit-) entscheiden durften, wird das wenigstens für einigen Unmut und in der Folge für weniger Unterstützung durch die Fußsoldaten führen, als vielleicht notwendig wäre …
Aber eigentlich sind das alles Nebensächlichkeiten. Die – zumindest für mich – entscheidende Frage wurde bisher nirgendwo gestellt: Wie soll es eigentlich, völlig unabhängig vom Wahlausgang, nach dem 5. November weitergehen? Wird der jeweils Unterlegene den Ausgang der Wahl akzeptieren? Mit Blick auf die Ereignisse nach 2016 und 2020 darf man hier ein klares Nein konstatieren. Trump musste sich vier Jahre lang gegen die von einem Anwalt der Clinton-Kampagne erfundenen Vorwürfe, dass Putin ihm die Wahl in den Schoß gelegt habe, wehren, und Bidens Präsidentschaft stand stets – zumindest bei rund zwei Drittel der Republikanischen Wähler – unter dem Ruch des Wahlbetrugs. Der 6. Januar ist im Verständnis vieler Amerikanern kein Putschversuch der Verliererseite gewesen, sondern ein berechtigter (oder gar zu harmloser) Akt des Widerstands.
Zudem halte ich persönlich eine Wiederwahl Trumps für völlig ausgeschlossen, da ich davon ausgehe, dass er die Wahl im Jahr 2020 tatsächlich gewonnen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gruppen, die hinter den Aktionen 2020 standen, sich nur vier Jahre später einfach so wieder die Butter vom Brot nehmen lassen. Insofern wäre eine „reibungslose“ Wiederwahl Trumps natürlich ein klarer Beleg dafür, dass meine Perspektive falsch ist. Zeitgleich sehe ich kaum ein Szenario, das Biden oder einen anderen Demokraten auf normalem Wege gegen Trump gewinnen ließe, und gar kein Szenario, in dem Demokraten oder Republikaner eine Wahlniederlage akzeptierten.
Natürlich wäre es elegant, die Wahl einfach nicht stattfinden zu lassen. Schon der ebenfalls nicht amtsfähige Franklin D. Roosevelt schleppte sich dank des Zweiten Weltkriegs in eine eigentlich nicht statthafte dritte und vierte Amtszeit, aber dafür bräuchte es entweder eine massive Eskalation im Ukraine-Krieg (oder zum Beispiel um Taiwan), doch ist es eher unwahrscheinlich, dass Putin oder Xi ein Interesse daran haben – zumindest Ersterer verweigerte sich der Eskalation nach dem Streubombenangriff auf Sewastopol. Auch eine neue Plandemie kann man so kurz nach der letzten schlecht aus dem Ärmel schütteln.
Insofern wird die Wahl stattfinden, vermutlich mit beiden derzeitigen Kandidaten, und danach wird sich die Spaltung der USA weiter vertiefen – vielleicht sogar über schwere Unruhen hinaus bis an den Rand eines Bürgerkriegs. Auf eine freiheitliche Renaissance in den USA würde ich somit derzeit nicht hoffen …
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.