Auf dem Weg in die Knechtschaft: Vorkriegszeit
Warum die Freiheitlichen derzeit wehrlos sind
von Oliver Gorus
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Letztes Wochenende traf ich innerhalb weniger Stunden auf zwei Weltanschauungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die sich feindlich gegenüberstehen. In letzter Konsequenz todfeindlich. Und die eigentlich völlig unmöglich auf Dauer friedlich im gleichen Land, in der gleichen Gesellschaft nebeneinander existieren können.
Gespräche und Gewehre
Da war als Erstes die gepflegte klassisch-liberale Gesellschaft, mit Dinner im Palmenhaus, geschmorten Kalbsbäckchen, Anzügen, Abendkleidern, höflich, kultiviert, intelligent. Es gab Musik, Vorträge, Bücher, Preise für geistige Leistungen, es gab den rationalen Durchblick in zahlreichen intelligenten Gesprächen.
Diese Leute verstehen am besten von allen, wie eine Wirtschaft und wie eine Gesellschaft funktionieren. Sie erkennen, dass es nur zwei Sorten gesellschaftlicher Interaktion gibt: Tausch oder Raub. Und das heißt: entweder freiwillig oder unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Niemand sonst ist so klarsichtig wie diese Freunde der Freiheit.
Aber ohne Konsequenz. Stattdessen leben sie den Kompromiss und verteidigen ausgerechnet den demokratischen Verfassungsstaat westlicher Prägung, der den Bürgern in der Realität scheibchenweise die Freiheit und das Eigentum raubt. Sie verteidigen das politische System, in dem die Mehrheit der Etatisten die Minderheit der Freiheitsliebenden schon heute tyrannisiert.
Sie sehen klar, dass unsere Gesellschaft nicht auf Freiwilligkeit und Freiheit gründet, sondern auf Zwang und Gewalt, aber das findet nur im Rationalen, Intellektuellen, nur mit Worten statt.
Auf die zweite Weltanschauung traf ich nachts um drei in einer Kneipe. Da sprach mich ein waschechter Kommunist an. Wir diskutierten ein bisschen. Er war ein etwas untersetzter, kerniger Typ mit blitzenden Augen und harter Sprache, von Beruf Elektriker auf dem Bau. Er hatte eine klare Meinung von Hemd- und Anzugträgern und „Büroleuten“ und Unternehmern und Geldsäcken wie mich. Während wir vor der Kneipe standen, beide ein Bier in der Hand, sagte er mir: „Ich will mal ehrlich zu dir sein: Wenn unsere Revolution kommt, dann stellen wir Typen wie dich an die Wand. Du wärst einer der Ersten, die ich mit Freude erschießen würde.“
In seinen Augen sah ich, dass das kein provokativer Spruch war, sondern dass er das ernst meinte. Todernst.
Angriffe
Wir haben derzeit nicht Krieg, jedenfalls keinen, der mit Waffengewalt ausgetragen wird. Aber eine der beiden Kriegsparteien ist schon da und kämpft. Die verbalen Scharmützel, die derzeit überall und täglich ausgetragen werden, die Provokationen und Aktionen, die vereinzelten gewalttätigen Angriffe und viele politische Aktivitäten können als Symptome der Vorkriegszeit gedeutet werden.
Es gibt diese eine Seite, die Krieg will, die gewinnen will. Und das sind nicht die Freiheitsliebenden, sondern die Kollektivisten. Die mutwillige Zerstörung der Sprache, die zersetzenden Angriffe gegen jeden, der vom Hauptstrom abweichende Meinungen hat, die Störung des Autoverkehrs, die gezielte Zerstörung unserer Kultur durch Massenmigration aus fremden Kulturen, die Bekämpfung der mittelständischen Wirtschaft, die totalitären Zwangsmaßnahmen unter fadenscheinigen Vorwänden, die permanente Enteignungspolitik der grünen, roten, gelben und schwarzen Sozialisten … Während die einen reden, handeln die anderen.
Sie sind entschlossen, sie haben einen Plan, sie haben vielfältige Strategien, sie sind hochaggressiv. Und sie sind in letzter Konsequenz zu allem entschlossen.
Verteidigung
Die Freiheitlichen, auch weil sie die Gewalt grundsätzlich verabscheuen und weil sie als Individualisten den Zusammenschluss in Gruppen meiden, haben dem momentan nichts entgegenzusetzen. Sie haben keine Strategie, keinen Plan, sie wissen nicht, was sie tun sollen. Sie sind dem schon längst stattfindenden Raub von Freiheit und Eigentum hilflos ausgeliefert und klammern sich höchstens an den Status quo des „liberalen Verfassungsstaats“ als Kompromiss und pflegen die Hoffnung auf gesellschaftliche Verständigung. Derweil zanken sie im Elfenbeinturm um einzelne Begriffe und grenzen sich in Details voneinander ab.
Deutlich wurde mir an diesem Wochenende allerdings auch, dass es unter den Freiheitlichen mehr und mehr Einzelne gibt, die nicht nur reden und denken und die Gefahr erkennen, sondern die auch etwas tun und sich wehren wollen. Sie wollen mit Entwürfen von Recht und Gesetz gewappnet sein, wenn die Geschichte eine Chance für einen neuen Gesellschaftsentwurf bietet. Sie gründen freie Medien, um widerständige Inseln zu bilden im milliardenschweren Strom der staatsfinanzierten Medien. Sie errichten Bürgergenossenschaften, um dem Zentralstaat Inseln der Selbstorganisation entgegenzusetzen. Sie treiben freie Privatstädte voran, um alternative Gesellschaftsentwürfe in der Realität zu bauen. Und sie nennen die Dinge beim Namen, stellen sich mutig in den Wind und verkünden die Wahrheit öffentlich, nicht nur in elitären Zirkeln.
Scheidungsantrag
Auch wenn die meisten Freiheitsliebenden noch nicht angefangen haben, sich zu wehren, auch wenn die meisten hilf- und hoffnungslos zuschauen, wie ihnen die Freiheit von den Kollektivisten aller Farben Stückchen für Stückchen geraubt wird, auch wenn sie keine Strategie für den Kampf haben, weil sie gar nicht kämpfen wollen, auch wenn sie keinen Marsch durch die Institutionen kennen, weil sie die Herrschaft gar nicht anstreben, auch wenn die Freiheitlichen gerade jeden Tag Terrain an die Kollektivisten verlieren – ich bin dennoch felsenfest davon überzeugt, dass wir Freiheitsliebenden nicht besiegt werden können.
Wir können allerdings nicht auf Dauer mit den feindseligen und gewaltbereiten Kollektivisten in einer Gesellschaft zusammenleben. Die inklusive Idee des wiedervereinigten Deutschlands in der Berliner Republik hat sich als gefährliche Illusion herausgestellt, die Hoffnung auf Verständigung ist völlig unrealistisch. Die staatlichen Herrschaftsinstrumente sind in der Hand der Feinde der Freiheit. Die Gesellschaft ist zerrüttet, der Ton wird immer schärfer. Die Corona-Maßnahmenkrise hat gezeigt, dass der Totalitarismus bereits hinter der nächsten Ecke steht.
Alles läuft daher vernünftigerweise auf eine friedliche Scheidung hinaus. Und wenn die Trennung nicht friedlich verläuft, dann bin ich jedenfalls bereit zu kämpfen. Ich lasse mich nicht so einfach an die Wand stellen.
Kommentare
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