Guter Einkauf: Motorsport und Stuntshows in der Provinz: Es röhrt in der Idylle
Familienausflug zu Staub, Lärm und Action
von David Andres
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Die Plakate sehen immer noch so aus wie vor dreißig Jahren. Knallige Farben, explosive Schriften, der eigentliche Termin in einfachem Schwarz unten aufgeklebt. Männer legen sich auf ihren Motocross-Maschinen in die Kurven oder fliegen hoch durch die Luft. Pickup-Trucks auf Reifen, groß wie Gartenhütten, zermalmen Autowracks. Keine Werbeagentur hat jemals die Hände an diese Poster gelegt. Kein Zeitgeist konnte ihnen etwas anhaben.
Während der Jahre des großen C. gab es vereinzelt Momente, da fürchtete man ernsthaft, dass sie es schaffen. Dass es ihnen gelingt, „das neue Normal“ den Menschen nicht bloß als repressiven Rahmen aufzuzwingen, sondern es ernsthaft in ihren Köpfen zu etablieren. Es verschwand ja alles, was das freie, bürgerliche Leben mit all seinen Traditionen ausgemacht hat, die aus Sicht der heute herrschenden Klasse komplett böse und verdammenswert sind.
Schützenfeste.
Trödelmärkte.
Kegelausflüge.
Volksläufe.
Amateurfußball.
Weihnachtsmärkte.
Eine eher kleinere, aber stabile Nische stellen seit Jahrzehnten Veranstaltungen rund um Motocross, Autocross, Crash-Car-Rennen oder Monster-Truck-Spektakel dar. Vor allem die ersten drei finden meist in kleinem Rahmen statt, unter freiem Sommerhimmel, ganz bescheiden und unspektakulär beworben mit eingangs genannten Plakaten – und dennoch rappelvoll.
Manchmal sind es professionelle Gaukler auf Rädern, die mit ihrem Tross durch die Lande ziehen und reine Show veranstalten. Doch auch reguläre Rennen ziehen die Menschen an, vergleichbar den selbst für Vereinslose offenen Turnieren im Tennis oder Tischtennis, nur eben auf lauten Maschinen. Jetzt, wo ich diesen Text schreibe, habe ich gerade ein Fenster mit der Webseite „mx-cup.de“ offen, dem Verzeichnis von Motocross-Veranstaltungen der Amateure. Sonntag „Leistungsklassen und superfinale Leistungsklassen“ steht auf einem Plakat, doch am Samstag, da fahren auf Anmeldung „Kinder, Jugendliche, Senioren und Veteranen.“ Auch sehr beliebt, vor allem auf dem Lande – die Rennveranstaltungen des Autocross, denen die Teilnehmer beim Schrauben an den kleinen, offenen, buggy-artigen Flitzern in ihren Werkstätten monatelang entgegenfiebern.
Kann man sich das vorstellen? Kinder und Jugendliche, die unterm Jubel von Familien und Freunden die Zweitakt-Yamaha zum Brüllen bringen und den Staub aufwirbeln, statt sich auf die Straße zu kleben? Tagelanges Röhren im Idyll, auf der temporär angelegten Rennstrecke hinter dem Maisfeld, das halbe Dorf auf den Beinen, in der Luft der Duft von Benzin und Bratwurst?
Besonders voluminös wird die gute, alte Feier des Aasens mit Sprit, Lautstärke und Kleinjungenträumen bei den Monster-Truck-Veranstaltungen verschiedener Größe und Produktionsbudgets. „Dynamit auf Rädern“ oder „Monster Jam“ heißen diese Spektakel, meist angesetzt am späten Mittag, damit die ganze Familie erleben kann, was es heißt, das Handy und das künstlich von Moral-Potentaten mit Vielflieger-Abo erzeugte Gewissen wegzustecken und mit allen Sinnen die Action zu erleben.
Sie hatten geglaubt, das käme nie mehr zurück, doch es ist alles wieder da.
Genießen Sie es!
Quellen:
Mx Cup (Homepage)
Dynamit auf Rädern (Homepage)
Monster Jam (Homepage)
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