27. Juni 2023 20:00

„Werden wir gewinnen?“ Wo wollen „wir“ hin?

Wie sähe eine friedliche und freundliche Agenda 2030 aus?

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

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Bildquelle: Shutterstock Wichtige Frage: Wohin will eine aus Individuen bestehende „Gesellschaft“?

Der libertäre Publizist James Corbett und Herausgeber des Online-Portals „The Corbett Report“ antwortete jüngst auf die Frage „Werden wir gewinnen?“, er denke ja, er habe Hoffnung, aber die Frage, die man sich stellen müsste, sei, wohin man denn wolle? Was sei das Ziel, welche Art von Gesellschaft strebe man an? Erst wenn man das wisse, könne man sich letztlich Mittel suchen, wie man dieses Ziel erreichen möchte. Stellen wir uns vor, so Corbett sinngemäß, die „Eliten“, die jetzt andere Menschen regieren und beherrschen wollen, wären auf einmal weg beziehungsweise wären bereit, eine Gruppe von Menschen in Ruhe zu lassen und ihren eigenen Weg gehen zu lassen. Welche Gesellschaft würden „wir“ dann errichten?

Ich frage weiter: Wäre das eine friedliche und freundliche Gesellschaft oder eine, in der feindliches Handeln „gestaltend“ angewendet würde, also der Einsatz des politischen Mittels Zwang gegen friedliche Mitmenschen? Und falls „wir“ uns eine friedliche und freundliche Gesellschaft wünschen – wie könnte diese aussehen?

Post-moderne politische Narrative

Politische Narrative eines top-down verwalteten „Utopias“ gibt es zuhauf: Das sozialistische Gleichheits-Narrativ, das ökosozialistische Schrumpf- oder Kreislaufwirtschafts-Narrativ, das etatistische Nationalstaats-Narrativ, das supra-etatistische Eine-Welt-Regierung-Narrativ und so weiter. Ihnen gemeinsam ist, dass sie ein Heil versprechen (Gleichheit, Allgemeinwohl, Mutter-Erde beschützen oder dergleichen) und dass sie als Mittel zur Durchsetzung das politische Mittel Zwang – auch und gerade gegen friedliche Menschen – vorsehen.

Die Begründung dieser Narrative und ihrer Sub-Narrative ist durchwegs pseudo-wissenschaftlich, post-modern und anti-aufklärerisch: Mit der Methode des eigentümlichen Verstehens nicht-wiederholbarer komplexer historischer Phänomene mit Rückkoppelungen, wie der Menschheitsgeschichte, dem Gang des Erdklimas, dem Verlauf von Krankheitswellen et cetera, werden von Experten und Intellektuellen persönliche Bedeutsamkeitsurteile postuliert. Es werden Schreckensszenarien produziert und projiziert, die vorgeblich nur durch den Einsatz des politischen Mittels – Zwang gegen friedliche Menschen – abgewendet werden können, wie etwa Verarmung oder – umgekehrt – zu viel Wohlstand, der zur Zerstörung Gaias führte.

Darüber hinaus – und das ist im Kern anti-modern und steht im Widerspruch zu dem fundamentalen Prinzip der Aufklärung – soll es dem Einzelnen verwehrt sein, die Bedeutsamkeitsurteile der Experten und Intellektuellen zu hinterfragen oder zu abweichenden Erkenntnissen über das jeweilige Narrativ zu gelangen. Wer das tut, wird zwar nicht mehr als Ketzer bezeichnet, aber als Leugner. „Folgen Sie der Wissenschaft“, heißt es, oder „hören Sie auf die Experten“ und „vertrauen Sie offiziellen Quellen“. Der Gegensatz zu Immanuel Kants (1724–1804) Aufforderung, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, könnte größer nicht sein. Die Menschen werden in einem anti-Kant’schen Sinne in den „geistigen Gängelwagen“ gesperrt, sie werden verängstigt, sodass ihnen, wie Kant sagte, der Mut und die Entschlossenheit genommen wird, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.

Hinzu kommt, dass es für die entscheidende Frage, nämlich was „getan werden soll“, keine wissenschaftliche Antwort geben kann. Es gibt keine normative Wissenschaft, keine Wissenschaft von etwas, das sein sollte. Wissenschaft ist stets beschreibend, deskriptiv, nie normativ.

Handlungslogik – Die Wissenschaft vom Normativen

Es gibt allerdings eine „Wissenschaft vom Normativen“, also eine Wissenschaft, die das Wollen und Sollen zum Gegenstand hat, eine Wissenschaft vom menschlichen Handeln. Falls wir eine friedliche und freundliche Gesellschaft wollen, dann werden wir die Lösung, auf welchen Prinzipien des Handelns diese beruhen müsste, nicht im Interpretieren historischer Phänomene finden, denn in diesem Bereich ist nichts ist so eindeutig, dass es nicht umgedeutet werden könnte. Die „Lösung“ liegt auf logischer Ebene, genauer gesagt auf handlungslogischer Ebene. Und in meiner nächsten Kolumne werde ich skizzieren, auf welchen handlungslogischen Prinzipien eine friedliche und freundliche Gesellschaft beruhen müsste und welche Haltungen die Menschen zu sich selbst und der Welt haben müssten, damit diese eine solche friedliche und freundliche Gesellschaft auch wollten. Denn aus der Handlungslogik (Praxeologie) folgt zwar, welche Prinzipien eine friedliche und freundliche Gesellschaft prägen würden, aber als deskriptive Wissenschaft sagt die Handlungslogik nicht, dass die Menschen eine friedliche und freundliche Gesellschaft „wollen sollten“. Das müssten sie schon selber wollen.

Quellen:

Are We Going to Win? – Questions for Corbett (The Corbett Report)

Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter? – zu Immanuel Kants 218. Todestag (Ludwig von Mises Institut)

Nichts ist so eindeutig, dass es sich nicht umdeuten ließe (Ludwig von Mises Institut)

Andreas Tiedtke: Der Kompass zum lebendigen Leben


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