28. Juni 2023 21:00

Was ist Menschenwürde? „Sie zu achten und zu schützen …“

Über ein göttliches Geschenk

von Markus Krall

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Bildquelle: PHOTOCREO Michal Bednarek / Shutterstock „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben: Bewahret sie!“ (Friedrich Schiller)

Artikel 1 des Grundgesetzes ist ein Satz wie in Stein gemeißelt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das ist ein hehrer Anspruch, ein Vokativ, der scheinbar kompromisslos den Menschen verteidigt und schützt, der, als Lehre aus dem Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft, des von ihr entfesselten Krieges und Völkermordes eine rote Linie zieht. Fast sieht man beim Lesen des Artikels 1 den mahnenden Zeigefinger, der da statiert: „Wagt es nicht, sonst …!“

Leider entspringt dieses Bild weniger der Realität als meinem eigenen Wunschdenken. Ich wünschte mir, der Artikel 1 hätte diese Stringenz und Wirkung. Aber das ist nicht der Fall. Der Grund ist sehr einfach: Die Feinde der Freiheit haben es einmal mehr geschafft, einen Begriff zu kapern, umzudeuten und damit aus der Existenz hinauszukomplimentieren. Denn was Menschenwürde überhaupt ausmacht, darüber besteht in unserem Land, ja weltweit offenbar keine Einigkeit. Das Monument des Begriffes ragte über zwei Generationen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges so hoch auf, dass die wahren Verteidiger der Menschenwürde es versäumt haben, auf der einzig wahren, unveränderlichen, nicht kompromissfähigen Definition dieser Würde zu bestehen und jeden Versuch, daran auch nur im mindesten herumzudeuteln, sofort mit aller Härte des politischen Kampfes und Argumentes entgegenzutreten.

Das muss jetzt nachgeholt werden, und zwar mit dem klaren Ziel, den Linken, Sozialisten und Kommunisten, den Ökosozialisten und Genderwoken davon abzuhalten, ein neues menschenverachtendes System einzuführen, das vorgibt, eine neue Form der Menschenwürde zu schützen, aber die echte Menschenwürde in Wahrheit mit Füßen tritt. Um nicht weniger geht es hier und heute.

Zuerst ist hierfür festzuhalten, dass die Menschenwürde an den Menschen gekoppelt ist. Sie ist nicht die Würde des Planeten, eines Ökosystems, eines Insekts oder einer Kultur, auch nicht einer Gruppe, Rasse oder Klasse. Sie ist eine Eigenschaft des Menschen. Der Mensch ist ein Individuum, er hat einen eigenen Willen, ein eigenes Bewusstsein, ein eigenes Ich, eine eigene Selbsterkenntnis, ein individuelles „Cogito ergo sum“. Der einzelne Mensch ist damit Träger der Würde, nicht eine Gruppe oder eine Masse.

Zweitens: Die Würde des Menschen ist unteilbar. Sie ist dem Menschen zuerkannt durch seine reine Existenz, sie ist ein göttliches Geschenk, sie wird nicht vom Menschen zuerkannt, daher kann diese Würde auch nicht von anderen Menschen abgesprochen werden. Sie ist transzendental, sie ist metaphysisch, und sie existiert aus sich selbst heraus. Nur dieser Absolutheitsanspruch verhindert, dass einzelnen Menschen oder Gruppen von Menschen mit bestimmten Eigenschaften wie Ethnie, Geschlecht, Alter, Religion oder Herkunft durch andere Gruppen die Menschenwürde und damit letztlich das Menschsein abgesprochen werden kann.

Allein schon die Behauptung, dass die Menschenwürde sich aus einer Art gesellschaftlicher Konsens ableite, ist schon ein Angriff auf diese Würde, denn sie macht ihre Zuerkennung zu einem Akt der Willkür Dritter. Willkür ist aber gerade nicht das, was Würde und in der Folge das Menschenrecht begründet. Es ist das göttliche Recht, das Naturrecht, für das das biblische Wort vom Wort gilt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.“

Wenn wir daher nicht die Wahrheit der Gottgegebenheit des freien Willens, der freien Seele, des daraus folgenden Eigentums an uns selbst und der unbedingten menschlichen Autonomie akzeptieren, können wir keine Ordnung errichten, die die Menschenwürde wirklich schützt und achtet.

Aus der Unteilbarkeit ergibt sich aber auch, dass es ein Akt gegen die Menschenwürde ist, sich die Definition des Menschseins über andere anzumaßen. Das tut unsere Gesellschaft aber seit Jahrzehnten, indem sie den Ungeborenen ihr Menschsein abspricht und ihre Tötung legalisiert. Um die Perversion dieses Handelns richtig einschätzen zu können, ist es nützlich, sich vor Augen zu halten, dass man das Gleiche mit den Behinderten tut, dass die Selektion des lebensunwerten Lebens das Ende der Naziherrschaft überdauert hat, indem man für die legale Tötung Ungeborener unterschiedliche Fristenregelungen eingeführt hat. Gesunde Kinder erlangen den Schutz des Gesetzes im Alter von zwölf Wochen, kranke und behinderte erst mit der Geburt. Eine wissenschaftliche, philosophische, religiöse oder metaphysische Begründung gibt es für das eine so wenig wie für das andere.

Wer die Menschenwürde für so teilbar hält, der kann nicht den Anspruch haben, ihr eine wirkliche Bedeutung beizumessen. Für diese Gesellschaft gilt daher, was die Abolitionisten über die Sklaverei sagten: In einer Gesellschaft sind entweder alle frei oder es ist in Wahrheit niemand frei. Versagen wir den Schwächsten die Menschenwürde, entkleiden wir alle anderen dieser Würde ebenfalls. Es ist dann eine Frage der Zeit, wann „innovative“ linke Philosophen den Versuch unternehmen, auch andere Gruppen in der gleichen Weise ihrer Würde und Rechte zu entkleiden.

Die Corona-Episode der Geschichte, unter deren Folgen die gesamte Menschheit noch mindestens eine Generation zu leiden haben wird (denn ich wage die Prognose, dass die Auswirkungen des gentherapeutischen Großexperimentes in den nächsten Jahren unsere wildesten Albträume übersteigen werden), war ein perfektes Beispiel dafür, wie das geht. Wer sich dem Narrativ der Lügen korrupter Politiker und Pharmakonzerne nicht beugen wollte, der wurde entmenschlicht. Er war ein entfernungswürdiger Blinddarm (Bosetti), ein Sozialschädling und mehr. Die den Hetzschriften der Nazis entnommene, ja teilweise direkt aus ihr kopierte Sprache der Feinde jeder wahren Menschenwürde sprach Bände, und sie ist in dem Werk „ich habe mitgemacht“ gut zusammengefasst worden.

Diese Feinde der Menschenwürde hatten dabei die Dreistigkeit, sich als wahre Verteidiger der Menschenwürde zu präsentieren, indem sie vom Gemeinwohl redeten, von dem Vorrang des Wohls vieler über das Wohl Einzelner.

Dabei haben sie erfolgreich verdrängt, dass das Gemeinwohl gar keine eigenständige Existenz führt, sondern immer und überall die Summe des Wohls der in einer Gemeinschaft befindlichen Individuen ist. Die Masse hat eben keine eigenständige Existenz, sie ist eine Erfindung derer, die beanspruchen, für sie zu sprechen, dabei aber nur ihr eigenes Wohl im Sinne haben.

Dass das Wohl vieler eine größere Bedeutung haben kann als das Wohl eines Einzelnen, leitet keinen Anspruch darauf ab, dass dieser Einzelne sein Leben oder seine Gesundheit für andere opfern muss. Denn wenn man diese Forderung erhebt, dann stellt sich doch die Frage, ab welcher Menge angeblich oder tatsächlich geretteter Leben der Einzelne zum Tode verurteilt werden darf. Sind es 100 Leben? Sind es 50 Leben? Oder sind es zwei Leben? Ist es ein Leben für ein Leben, wenn dieses andere Leben für wertvoller, nützlicher oder heiliger gehalten oder erklärt wird? Muss es sicher sein, dass Leben gerettet wird, oder genügt die Vermutung oder gar nur die willkürliche Behauptung, dass das so sei?

Das Leben des anderen ist eben nicht verfügbar, und das Recht auf Leben ist das Gefäß für die Ausübung aller anderen Rechte, denn sie können von Toten nicht wahrgenommen werden. Hier gilt die Gleichung: Leben ist gleich Existenz und Existenz ist gleich Würde und freier Wille.

Das Leben anderer zu schützen durch die Aufopferung des eigenen Lebens kann, aber mit der Menschenwürde vereinbar sein. Die Voraussetzung ist, dass es freiwillig geschieht. Eltern opfern sich für ihre Kinder, Väter und Mütter für ihre Familien und, ja, auch Bürger für ihr Volk. Das eigene Leben dem Wohl anderer aus freien Stücken unterzuordnen, ist Ausdruck der höchsten Würde und Opferbereitschaft, sie erhöht das Individuum und verleiht seinem Dasein und auch seinem Tod einen höheren Sinn. Die Freiwilligkeit als Ausdruck höchster Freiheit, die ultimative Verantwortung gegenüber denen, die uns anvertraut sind, ist Ausdruck der Menschenwürde des Opferbereiten. Sie kann aber nicht erfolgen unter Druck und Zwang, unter Hassrede und Erpressung. Diejenigen, die diesen Zwang ausüben wollen, haben in der Geschichte auch nie das Wohl des Gemeinwesens im Sinn gehabt, sondern in erster Linie ihr eigenes.

Ihr gewalttätiger Appell an die Opferbereitschaft ist eine Lüge. Wenn jemand Druck und Zwang braucht, so ist dies daher ein untrügliches Zeichen dafür, dass er den natürlichen Impuls, anderen zu helfen, zu seinem eigenen korrupten Vorteil missbrauchen will. Das ist genau das, was wir gerade erlebt haben. Deshalb war das Corona-Regime der größte und umfassendste Angriff auf die Menschenwürde seit 1945. Das Scheinargument war die Würde der Masse. Die Menschenwürde ist jedoch auf das Individuum bezogen. Der Artikel 1 sollte daher umgeschrieben werden: „Die Würde jedes Menschen ist unantastbar“ (Carlos A. Gebauer).

Drittens hat die Menschenwürde Bedingungen, unter denen sie sich entfalten kann. Diese Bedingungen haben mit der Realität unserer Welt zu tun. Die Würde des Menschen erfordert es, den Menschen so zu akzeptieren und zu respektieren, wie er ist. Sie versucht ihn nicht zu verbiegen, nicht zu verbieten, nicht zu „erneuern“, nicht den „neuen Menschen“ zu schaffen und auch nicht den „Übermenschen“, denn der Übermensch grenzt sich gegen die anderen ab und macht sie per Gefälle zu „Untermenschen“. Das Konzept des „Untermenschen“ ist jedoch schon per se ein Angriff auf die Menschenwürde.

Die Ordnung der Menschenwürde ist eine Ordnung der Freiheit. Denn der Mensch, so wie er ist, hat einen freien Willen – damit gehört er sich selbst. Er darf nicht Sklave sein. Jede Ordnung, die ihn versklavt, steht der Menschenwürde daher entgegen. Diese Versklavung darf auch nicht teilweise geschehen, denn der Mensch ist entweder frei oder er ist unfrei. Die Einschränkungen, denen er unterliegt, dürfen daher nicht von anderen Menschen künstlich aufgerichtet werden, sondern sie sind nur zu akzeptieren, wenn sie sich als Ergebnis aus der Natur der Dinge, dem Zustand der materiellen Welt ergeben.

Da die materielle Welt von der Knappheit regiert wird, ist der Mensch auf natürliche Weise in seinem Handeln eingeschränkt. Es darf ihm aber nicht verwehrt sein, mit dieser Knappheit in der Weise umzugehen, die den Zustand der Knappheit für ihn und die ihm anvertrauten Menschen, also vor allem seine Familie, mindert. Die Grenzen seines Handelns liegen im Recht aller anderen, dies auch für sich in Anspruch zu nehmen. In diesem Rahmen handelt der Mensch.

Der Mensch handelt. Dieses Diktum von Ludwig von Mises beschreibt, wie der Mensch in einer Welt der Knappheit durch freiwilliges Tun in Interaktionen mit anderen Menschen sein Los verbessert. Es ist sein ureigenstes Recht, sein Los zu verbessern und Wohlstand zu schaffen mit der eigenen Hände und des eigenen Kopfes Arbeit. Um das zu können, muss er privates Eigentum bilden können. Alles andere macht ihn auf Gedeih und Verderb abhängig von der Willkür derer, die dieses Eigentum gerne in den Händen des Staates, also ihren eigenen, monopolisieren möchten. Damit ist Eigentum eine Voraussetzung zur Verhinderung der Sklaverei und damit auch zur realen Durchsetzung der Menschenwürde.

Aus dem Eigentum leitet sich der freie Tausch unmittelbar ab, denn jeder kann mit seinem Eigentum tun und lassen, was er will. Der freie Tausch ist aber nichts anderes als ein anderes Wort für freie Marktwirtschaft. Die freie Marktwirtschaft ist also die logische Folge der Menschenwürde und ihr Garant.

Damit wird auch klar, wo die Feinde der Menschenwürde stehen: in der Planwirtschaft, im Sozialismus, im staatlichen Dirigismus, im Steuerstaat, im Polizeistaat, in der Gängelung, Regulierung, Bürokratisierung und im Sozialstaat von der Wiege bis zur Bahre.

Die meisten merken das nicht, weil die Freiräume, die der Sozialismus zu Beginn einräumt, noch ausreichend sind, um nicht das Gefühl der Einengung, der Freiheitsberaubung und Entwürdigung aufkommen zu lassen. Doch die Interventionsspirale des Sozialismus in jedweder Form, ob Sozialstaats-Sozialismus, Kommunismus, Stalinismus, Maoismus oder Ökosozialismus, ist nicht statisch, sondern dynamisch. Jede Einschränkung der Freiheit zieht Ausweichmechanismen des freien, von Würde beseelten Individuums nach sich. Jedes Ausweichen ruft die Bürokratie wieder auf den Plan mit einer neuen Freiheitseinschränkung, bis die Boa constrictor ihr Opfer erdrosselt hat. In den letzten Zügen dieser Erdrosselung zeigt sie dann ihr wahres Wesen, den Mord, den Völkermord, das totale Herumtrampeln auf der Würde des Menschen. Ihre Lippenbekenntnisse werden dann abgelegt, denn der Feind der Menschenwürde zeigt dann seine Fratze.

Es genügt also nicht, die Menschenwürde zu definieren, sie muss auch jederzeit gegen ihre Feinde verteidigt werden, immer, überall, mit aller Kraft, kompromisslos, entschlossen und mit dem Willen zum Sieg.


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