04. Juli 2023 08:00

Guter Einkauf: Krombacher mit Cashkorken Ein Los in Flaschenform

Unpolitische Freuden und echte Wirtschaft

von David Andres

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Bildquelle: Krombacher.de Ab und an noch möglich: Genießen und Werben ohne politische Agenda

Ich gebe zu, bei mir verfängt es. Darf es verfangen. Seit Monaten trinke ich nebenher Krombacher, nehme bei jedem Einkauf eine Flasche auf die Hand mit. Meist die alkoholfreie Variante, wenn auf dem Parkplatz des Supermarktes mein Auto wartet oder ein Radler, sollte ich bloß schnell mit dem Drahtesel etwas besorgt haben. Im Sommer auf dem Rad ein kühles Radler zu trinken, erfüllt einen Menschen mit Sinn für Symmetrie und stimmige Erzählungen noch zusätzlich mit Freude.

Wie dem auch sei – der Grund dafür, dass ich immer wieder Krombacher als Wegzehrung mitnehme, liegt darin, dass jede Flasche derzeit auch ein Los darstellt. Also jede, deren Verschluss als sogenannter Cashkorken markiert ist. Findet sich ein Code im Deckel und gibt man ihn online ein, warten zwischen einem Euro und einer Viertelmillion Sofortgewinn. Zudem verlost das Unternehmen wöchentlich 25.000 Euro unter allen, die einen Code eingetippt haben, egal wie hoch dessen einzelner Gewinn war. Da die Aktion von Mai bis Oktober läuft, kommt dabei eine Menge zusammen. Ganz offenbar sitzen bei Krombacher tatsächlich noch echte Ökonomen, die ausgerechnet haben, dass die Verkaufssteigerung der Ware die Kosten für die ausgespielten Gewinne zigfach übersteigt und sich die Sache lohnt. Zumal der eine Korken, der die Viertelmillion enthält, ja auch erst in Jahren gefunden werden kann, wenn die Deadline für die Code-Eingabe längst vorüber ist.

Alleine das gefällt mir schon an der Aktion. Es geht nur ums Geld, ums Gewinnen, um das Streben nach Glück durch Wohlstand. Kein Klima wird gerettet durch den Profit des Mehrverkaufs, kein Virtue Signaling betrieben. Die drei Werbespots für die Aktion erzählen von Getränkemarktleiterin Gitte, Supermarktchef Herr Steffens und Kioskbesitzer Emre. Sie bilden somit die Lebensrealität ab. Wäre es eine Aktion von Budweiser oder Fritz Kola, besäße Emre eine ganze Supermarktkette im Land statt bloß einen Kiosk, Herr Steffens betriebe die Trinkhalle und Gitte wäre eine Transfrau mit Bio-Supermarkt. So aber finden wir das normale Leben vor und werden einfach zu der Freude animiert, ein klein wenig die Gier statt die Gesinnung zu pflegen und uns dabei einen in den Tee zu schütten.

Die immer noch unabhängige GmbH, die keinem internationalen Konzern gehört, handelt seit jeher unbeirrt pragmatisch. Als ihnen vor einigen Jahren wegen einer kleinen Kooperation mit Nestlé der Umsatz wegen Boykotten einbrach und auch die sachliche Erklärung, dass sie mit deren Grundwasser-Untaten in ärmeren Ländern nichts zu tun haben, nicht fruchtete, stellten sie den Vertrieb von Nestea eben ein. Nicht als Kotau, sondern weil es sich nicht länger lohnte. Ihre eigenen Flaschen, die am Hals den Krombacher-Schriftzug eingeprägt haben, verwenden sie weiterhin trotz Empörung, dass dies die Pfandabläufe schwieriger mache, da diese Flaschen nur von Krombacher weiterverwendet werden können, anders als die genormten Standardpullen. Nein, sagen sie, die Unterscheidbarkeit von anderen Marken, die durch diese Einzigartigkeit gewährleistet wird, sei wichtiger. Abgrenzung, Markenschärfung, Profitstreben und Pragmatismus? Das gibt es noch in der deutschen Wirtschaft?

Bevor es die Kenner jetzt sagen: Selbstverständlich betreibt Krombacher auch seit Jahren eine Nachhaltigkeitspolitik. Doch diese ist am praktischen Umweltschutz orientiert und weniger am Bau von Einhornalleen im Wolkenkuckucksheim. Dass sie auf ihrer Webseite hier und da gendern, ist ein Wermutstropfen. Man sieht aber im Detail die Nachlässigkeit, denn es gibt weiterhin „Mitarbeiter-Events“ (ohne *innen) sowie „Informationen für Studenten und Absolventen“. Für Studenten! Nicht einmal für „Studierende“.

Zu guter Letzt erhalten alle Mitarbeiter des Unternehmens 660 Liter Freigetränke im Jahr. Eine gute Zahl, von der ich angesichts latenter Paranoia froh bin, dass sie als dritte Ziffer nicht auch noch eine sechs hat. Doch womöglich ist selbst das ein subtiles Zeichen, das augenzwinkernd sagt: Wir gehören zu den Guten.

Quellen:

Krombacher (Homepage)

Krombacher Cashkorken

Wegen Nestlé: Über Krombacher braut sich was zusammen (Westfalenpost)

Die Bierflaschen-Krise (FAZ)


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