Was ist eine Zentralbank?: Fed und EZB – ein Blick hinter die Kulissen
Über Geld, Macht, politische Verbindungen und familiäre Verflechtungen
von Markus Krall
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Jedes Mal, wenn ich auf Freiheitsfunken über Geld, Giralgeld, Zins oder Kredit geschrieben habe, kam an irgendeiner Stelle die Zentralbank ins Spiel: wie sie agiert, was sie macht, welche Mechanik der Geldschaffung aus dem Nichts ihrem Wirken zugrunde liegt.
Aber es gibt noch viele weitere Aspekte, die das Wesen einer Zentralbank prägen; es genügt nicht, sich mit den Fragen der Geldtheorie auseinanderzusetzen. Das hat etwas mit der Genese, der Entstehungsgeschichte von Zentralbanken zu tun. Diese muss man auch studieren, wenn man verstehen will, wie, warum und auf welche Weise Zentralbanken Geldtheorie in Geldpolitik umsetzen.
Welche Interessen sie tatsächlich vertritt, wem sie gehört, wie und wo sie ihr Führungspersonal rekrutiert, welchen Regeln sie unterworfen oder eben nicht unterworfen ist – das sind die Fragen, die wir beantworten müssen, wenn wir das Phänomen Zentralbank wirklich verstehen wollen.
Zunächst einmal mag das für die meisten als Überraschung daherkommen, dass die Zentralbank nicht einfach eine Behörde ist mit dem Auftrag, ein möglichst reibungslos funktionierendes Geldsystem zu betreiben und also stabiles Geld zur Verfügung zu stellen, damit die Wirtschaft damit arbeiten kann. Die schlichte Wahrheit ist, dass wir gar keine Zentralbank bräuchten, wenn dies das Ziel wäre, weil die beste Zentralbank des Universums, nämlich der Schöpfer, den Planeten schon mit etwas ausgestattet hat, was diese Anforderung ganz wunderbar zu erfüllen in der Lage ist, nämlich Edelmetalle, auch bekannt als Gold und Silber. Wie, Sie glauben mir das nicht? Nun, dann möchte ich einen Zeugen anrufen, der als langjähriger Vorsitzender der „Federal Reserve“, der amerikanischen Zentralbank, zu dem Thema etwas zu sagen wusste, als er es noch nicht gewesen ist, nämlich Alan Greenspan. Er schrieb: „Die Aufgabe des Goldstandards hat es den Vertretern des Wohlfahrtsstaates ermöglicht, das Banksystem als Instrument zur grenzenlosen Ausdehnung des Kreditvolumens einzusetzen. Ohne Goldstandard gibt es keine Möglichkeit, die Ersparnisse vor der Enteignung durch Inflation zu schützen. Es gibt dann kein sicheres Lager für Werte. Kreditfinanzierte Ausgabenpolitik (des Staates, Anmerkung des Verfassers) ist nichts weiter als ein verstecktes System mit dem Zweck, Wohlstand zu konfiszieren. Gold steht diesem hinterhältigen Vorgehen im Wege. Es ist der Beschützer der Eigentumsrechte. Wenn man das einmal verstanden hat, dann hat man auch kein Problem damit, die Gegnerschaft der Staatsgläubigen gegen den Goldstandard zu begreifen.“
Wir sehen also: Die Dinge liegen komplizierter. Eine Zentralbank hat Eigentümer (Shareholder) und weitere interessierte Akteure, die sie beeinflussen, die neudeutsch sogenannten „Stakeholder“. Diese Struktur ist nicht bei jeder Zentralbank identisch, daher müssen wir uns auch die historische Genese, die Entstehungsgeschichte der Zentralbanken ansehen, wenn wir verstehen wollen, was sie im Innersten antreibt. Und da wir mit Alan Greenspan sowieso schon in den Vereinigten Staaten angekommen sind, fangen wir auch gleich mit der „Fed“, der US-Zentralbank an.
Gegründet wurde sie 1913, und zwar entgegen dem weitverbreiteten Aberglauben nicht durch einen Verwaltungsakt der US-Regierung, obwohl ein Gesetz für ihre Etablierung notwendig war. Die Idee hierfür kam von John Pierpont („JP“) Morgan, dem Namensgeber der gleichnamigen Bank, die heute als JP Morgan Chase firmiert und die größte Bank der Welt ist. Gemeinsam mit anderen Chefs und Eigentümern der US-Großbanken – heute würde man sagen der Finanzoligarchie – traf er sich im Geheimen auf Jekyll Island, einer Atlantikinsel im schönen US-Bundesstaat Georgia, unweit der Grenze zu Florida, um das Konzept und die dafür notwendigen politischen Entscheidungen zu formulieren. Anthony Sutton beschreibt die Details dieser konspirativen Runde in seinem Buch „Die Federal-Reserve-Verschwörung“ sehr anschaulich und detailliert, und er hat den Namen seines Buches nicht aus Jux gewählt.
Die Jekyll-Island-Gruppe verfügte über Geld, Macht, politische Verbindungen und familiäre Verflechtungen in die Politik in Washington, D. C., und sie finanzierte die Wahlkämpfe der politischen Akteure inklusive Präsident Wilson, der das für die Etablierung der Fed notwendige Gesetz unterzeichnen musste.
Das Resultat dieses „Coup d’État“ war die Gründung der Fed eben nicht als Bundesbehörde, sondern als privates Institut, an dem die Banken der Jekyll-Island-Gruppe die Aktien hielten. Der Kongress verabschiedete dazu unter dem Einfluss offener und versteckter Korruption ein Gesetz, dass dieser privaten (!) Institution das alleinige Recht gab, US-Dollars herauszugeben, die Leitzinsen festzulegen, die Mindestreservepolitik zu bestimmen, Geschäftsbanken Kredite zu geben (oder zu verweigern) und als „lender of last resort“, als ultimativer letzter Kreditgarant, fallierende Banken zu retten oder es eben nicht zu tun. Dazu kamen im Laufe der Zeit umfangreiche Befugnisse bei der Regulierung der Finanzindustrie und der Kapitalmärkte.
Es gab in der US-Finanzoligarchie auch Bankiers, die aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Etablierung der Fed waren, bei der allein schon der Name eine Irreführung ist, denn sie ist eben nicht „Federal“, keine „Bundesinstitution“, sondern Privateigentum. Diese Opposition speiste sich vor allem aus der Tradition eines der Gründerväter der USA, Thomas Jefferson, der genau das vorausgesehen hat und davor warnte mit den Worten: „Ich glaube, dass Banken für unsere Freiheit gefährlicher sind als Obrigkeit, Polizei und Armee zusammen.“
Diese Leute hätten die Gründung der Fed und damit die Usurpation des Geldes in den USA möglicherweise verhindern können, aber sie reisten im Jahre 1912 mit der Titanic und gingen mit ihr unter. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.
Natürlich ist es korrekt, dass Senat und Präsident bei der Besetzung der höchsten Positionen der Fed ein Wörtchen mitzureden haben. Und natürlich gibt es ein Gesetz gegen Interessenkonflikte des Direktoriums der Fed („Conflict of Interest Law“), das festlegt, dass die Mitglieder keine Positionen und Anteile an Banken und anderen Finanzinstitutionen halten dürfen. Aber so funktioniert ein oligarchisches Netzwerk auch nicht. Will man wissen, wie es tatsächlich funktioniert, muss man die Lebensläufe und Mitgliedschaften, die Querverbindungen suchen. Bei den meisten Vorsitzenden der Fed wird man da schnell fündig. So arbeitete der aktuelle Chef der Fed bei der Carlyle Group, einem großen Asset-Manager an der Wall Street. Alan Greenspan arbeitete für Brown Brother Harriman, ein Name, der auf der Wikipedia-Seite der Geheimbruderschaft „Skull and Bones“ an der Yale-Universität fast ein Dutzend Mal aufblitzt, weil so viele Aktionäre und Angestellte des Unternehmens dort Mitglieder waren.
Wie enorm der Einfluss der Familie ist, zeigt eine kleine Episode aus der Abenddämmerungs-phase der Sowjetunion. Averell Harriman, pensionierter US-Diplomat, damals 92 Jahre alt, reiste kurz nach dem Tod des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Breschnew, nach Moskau. Sein Nachfolger Andropow hatte sofort Zeit für ihn.
Sein Vorgänger Paul Volcker diente bei Chase Manhattan, einem der beiden Vorgängerinstitute von JP Morgan Chase, dessen erste Namenshälfte die Fed gegründet hat. Dessen Vorgänger wiederum, William Miller, war im Nebenjob Mitglied des Club of Rome, eines Vereins von Salonsozialisten, deren Furore machendes Werk „Die Grenzen des Wachstums“ so etwas wie der erste Versuchsballon eines oligarchisch organisierten Klimasozialismus darstellte. Jede einzelne Prognose darin war zwar falsch, aber Schwamm drüber.
Und das sind nur die Resultate einer zehnminütigen Internet-Recherche, die jeder interessierte Mensch durchführen kann, sogar wenn er in China lebt. Ich vertrete die Hypothese, dass ein Liebhaber von Verschwörungstheorien, wenn er ein paar Monate lang Lebensläufe, Familienzugehörigkeiten, Aktienverflechtungen und Partnerschaften von Anwaltskanzleien in New York, Washington und Yale nur mit öffentlich zugänglichen Quellen studierte, eine Menge Aha-Effekte erleben würde.
Man wird nicht Chef der Fed, weil der Präsident einen mag. Man wird vielleicht Präsident, weil die Leute, die den Chef der Fed aus ihren Kreisen rekrutieren lassen, einen als Politiker mögen und ihn dann finanzieren. In diesem Zirkel kennt jeder jeden, denn er ist zwar groß, aber nicht riesig.
Es ist diese Verflechtung, die das Phänomen des „Finanzialismus“ institutionen-ökonomisch überhaupt erst erklärbar macht. Was ist das? Es ist eine ursprünglich von sozialistischen Theoretikern postulierte Theorie, dass das Finanzsystem der heimlichen, schleichenden und umfassenden Enteignung und Beraubung der Bürger eines Gemeinwesens dient. Es beruht auf der Fähigkeit der Zentralbank, unbegrenzt Geld zu drucken und dieses Geld dem Finanzsektor zur Verfügung zu stellen, der es dann in den Spekulationskreislauf drückt und dort gewaltige Vermögensblasen erzeugt, die immer mehr reale Assets, also Aktien, Immobilien, Edelmetalle und alternative Assets, unter die Kontrolle der Finanzwirtschaft und ihrer Inhaberfamilien bringt. Der Motor dieses Mechanismus ist die Krise. Das Drucken von Geld schafft die Blasen, die Überbewertung an den Märkten führt zu Erschütterungen des Finanzmarktes, und Banken und andere Player müssen gerettet werden mit noch mehr frisch gedrucktem Geld, das die nächste Blase schafft.
Das System verteilt umso mehr Wohlstand von unten nach oben um, je ungehemmter die Gelddruckmaschine angeworfen werden kann. Daher musste der Goldstandard für den US-Dollar im Jahr 1971 fallen, denn er ist dafür verantwortlich, dass die Menge an Papiergeld durch die Menge des verfügbaren Goldes begrenzt wird. Man kann eine Weile einen fraktionellen Standard fahren, also nicht das ganze Geld durch Gold decken, aber wenn das Missverhältnis zu frappierend wird, muss die Umtauschpflicht weg, weil sie sonst jeder sofort ausübt. Kommt es schließlich zu einer Wende, weil die Inflation einsetzt und die Zentralbank gezwungen ist, die Liquidität zu begrenzen und die Zinsen zu erhöhen, dann wage ich zu ahnen, dass die Mitglieder des Clubs der Aktionäre der Fed das nicht als Letzte aus den Nachrichten erfahren und sich so rechtzeitig auf die Verschiebung der Preisrelationen im Markt einstellen können. Nie war das leichter als heute, wo das Derivatevolumen in die Hunderte von Billionen Dollars geht – und Derivate sind nun mal das ideale Vehikel für die Absicherung gegen solche Veränderungen. Das erwartbare Resultat: Die kleinen und mittleren Banken und die großen, sofern nicht Mitglied im Club, werden gefressen, die Platzhirsche bleiben und werden größer. Und das sind – welch ein Zufall – die Gründer der Fed.
Das Dumme daran: Das System hat ein Verfalldatum. Dieses Datum ist der Ruin der Währung, ihr Untergang in der Hyperinflation oder in der Depression durch einen Kollaps des Giralgeldes, weil zu viele Banken pleitegehen.
Und wie sieht das ganze bei der EZB aus? Anders, aber hinsichtlich der ökonomischen Implikationen, Motive der Gründer und Folgen für den Bürger nicht so viel anders. Die EZB ist das Resultat der Forderung François Mitterands im Zuge der Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung das abzuschaffen, was er „die deutsche Atombombe“ nannte, nämlich die Bundesbank. Sie war der Preis, den der ökonomisch nicht sehr bewanderte Kohl für die Einheit zu zahlen bereit war. Ob er das auch musste, ist eine Frage, die rückwirkend nie mehr beantwortet werden kann.
Die Funktionsweise der EZB ähnelt der Fed frappierend. Sie druckt Geld, um Krisen zu lösen, die von ihren Stakeholdern verschuldet werden. Nur sind es hier weniger die Banken, denn die EZB gehört immerhin nicht der Finanzoligarchie des Kontinents, sondern es sind die Regierungen, die aber wiederum ihren Wählern mit Sozialgeschenken und ihren Banken mit Rettungsgarantien zu Diensten sein müssen, wenn sie wiedergewählt werden wollen. Daher waren alle Verträge, war Maastricht, von Tag eins der Gründung der EZB nur Schall und Rauch, eine Beruhigungspille für die Deutschen, die vor lauter Begeisterung über ihre wiedergewonnene Einheit den Braten nicht gerochen haben. Die Blasenbildung, die Umverteilung zugunsten der Finanzoligarchie ist in Europa nicht Sinn und Zweck des Ganzen, sie ist aber unvermeidbare und hingenommene Nebenwirkung. Die Gleichschaltung der Interessen von Finanzwirtschaft und Politik passiert dann in gleicher Weise, aber das Pferd wurde von der anderen Seite her aufgezäumt.
Was also tun? Die Erfahrung zeigt, dass Zentralbanken Schattenregierungen ohne demokratische Legitimation und ohne Kontrolle durch Markt und Wettbewerb sind. Sie sind also maximal von der Kontrolle durch den Bürger entfernt, sei es in seiner Rolle als Wähler, sei es in seiner Rolle als Wirtschaftssubjekt, Konsument, Steuerzahler, Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, Sparer, Investor oder Privatier. Dennoch beeinflusst die Zentralbank das Leben der Bürger weit stärker als die Regierung. Kontrolle und Macht fallen nicht mehr zusammen. Da gibt es genau eine Lösung: nicht reformieren, sondern abschaffen. Das ist einfacher, als man denkt: Man muss nur das gesetzliche Monopol der Zentralbank streichen, ihr Privileg, als Einzige das gesetzliche Zahlungsmittel ausgeben zu dürfen. Dann stellt sich Wettbewerb ein. Das wäre das Ende der Zentralbank, wie wir sie kennen. Es wäre nicht schade drum. Ich brauche dann weniger Verschwörungstheorien, um das Geldsystem zu verstehen.
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