Ehegattensplitting: Viel tagespolitisches Klein-Klein
Verengter Diskurs
Das Ehegattensplitting ist den Linken schon lange ein Dorn im Auge. Fast in jeder Legislaturperiode hört man aus den Reihen von SPD, Grünen oder der Linkspartei Forderungen nach dessen Abschaffung. Dennoch kommt der neueste Vorstoß von SPD-Chef Lars Klingbeil etwas überraschend. Denn anders als in den vergangenen Jahren stellt die SPD den Bundeskanzler und müsste eigentlich nur den Koalitionspartner FDP überzeugen, um den Weg für eine entsprechende Steuererhöhung für viele verheiratete Paare freizumachen.
Doch die FDP – darum besorgt, noch mehr Profil zu verlieren (falls das überhaupt möglich ist) – stellt sich quer. Christian Lindner sieht darin eine „Wahlkampfmelodie für das Jahr 2025“. Das Ehegattensplitting verteidigt er inhaltlich wie frühere konservative CDU-Haudegen zu ihren besten Zeiten. „Wer heiratet, bildet eine Gemeinschaft mit Pflichten. Man schuldet sich etwa gegenseitig Unterhalt. Es ist nur fair, dass der Staat diese Wirtschaftsgemeinschaft zusammen besteuert.“
Doch nicht alle Argumente, die die Befürworter vorbringen, machen bei näherem Hinsehen Sinn. Die „Welt“ etwa befürchtet im Falle der Abschaffung „die Rückkehr eines fragwürdigen Musters bei der Partnerwahl“. Konkret meint die Zeitung, dass die Partnersuche dadurch künftig verstärkt in der eigenen Einkommens- und Bildungsschicht stattfinden werde. Das ist tatsächlich ein Argument, das man bei der Einführung des Ehegattensplittings 1958 hätte vorbringen können. Aber heute? Wer denkt denn bei der Suche nach dem Partner fürs Leben an Steuern? Zweckehen wie sie zur damaligen Zeit üblich waren, sind heute Gott sei Dank aus der Mode gekommen.
Doch auch die Kritiker des Ehegattensplittings wirken mit ihren Argumenten aus der Zeit gefallen. Klingbeil geht es darum, einem „antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt“, ein Ende zu setzen. Und während das Ehegattensplitting in vergangenen Jahrzehnten genau dies tatsächlich begünstigt hat, scheint der SPD-Chef schlecht über heutige Formen des Zusammenlebens von Paaren informiert zu sein.
Denn es ist nicht mehr nur das von den Sozialdemokraten verteufelte „Heimchen am Herd“, das durch das Ehegattensplitting wahrscheinlicher wird, sondern auch Hausmänner, die die Kindererziehung übernehmen, während die Frau arbeiten geht. Ich habe darüber erst vergangene Woche am Telefon mit einem alten Schulfreund geplaudert. Er, ehemaliger Lehrer, bleibt bei den zwei Kindern, während die Frau, Zahnärztin, das Geld nach Hause bringt.
Ich kann ihn gut verstehen: Sollten meine Frau und ich irgendwann in einer ähnlichen finanziellen Situation sein, wäre es für mich überhaupt keine Frage, dass ich mit unserem Sohn zu Hause bliebe, während meine Frau arbeiten ginge. Klar gibt es da auch manche, die das für unmännlich oder gar unter ihrer Würde halten. Aber dabei handelt es sich vor allem um Leute aus der Unterschicht oder bestimmten migrantischen Milieus, an die sich das Ehegattensplitting ja auch nicht primär richtet. Ich sehe jedenfalls keinen Sinn darin, für einen Hungerlohn arbeiten zu gehen und dem Staat Steuern zu zahlen, von denen dann mein Kind in einer Krippe fremdbetreut wird.
Das Ehegattensplitting wird von klassisch liberal Denkenden häufig als „Steuersparmodell“ verteidigt. Dabei geht in der Debatte das grundsätzliche Problem gerne unter, nämlich dass der Staat die Bürger unter Androhung von Gewalt erpresst, ihnen einen bestimmten Teil ihres Einkommens auszuhändigen, nur um dann vermeintlich freigebig davon zurückzugeben – für bestimmte, von der Regierung definierte Zwecke und Lebensmodelle.
Steuern an sich sind Raub beziehungsweise „gewerbsmäßige, bandenmäßige räuberische Erpressung“, wie ich hier auf Freiheitsfunken von Andreas Tiedke lernen durfte. Deswegen fehlt es mir bei der Verteidigung des Ehegattensplittings oft an Verve. Wer Steuern für Raub hält, braucht sich nicht im tagespolitischen Klein-Klein zu verlieren und sich an Wortmeldungen aus dem Politzirkus abzuarbeiten. Die meisten Leute diskutieren das Thema leider exakt in den Grenzen, die Politik und Medien um die Debatte ziehen und so das Narrativ kontrollieren. Dabei gäbe es sogar einen minimalstaatlichen Ansatz, der das Ehegattensplitting obsolet machen könnte und von dem man schon seit Längerem kaum noch etwas hört: Und zwar ein Ende der progressiven Einkommenssteuer und die Einführung einer Flat Tax. War das nicht eigentlich auch mal eine FDP-Forderung?
Die Politik wird das Geld, das nach einem Aus des Ehegattensplittings im Budget frei wird, nicht für allgemeine Steuersenkungen, sondern für neue ideologische Irrsinnsprojekte nutzen. Sie nimmt das Geld vom produktiven Teil der Bevölkerung und investiert es in die Bespaßung von Randgruppen. Im bestehenden System sollte das Ehegattensplitting daher meiner Meinung nach erhalten bleiben. Jede Steuererhöhung ist ein Schritt in die falsche Richtung.
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