25. Juli 2023 18:00

Berliner Bürgersowjet Mitbestimmung ist das Gegenteil von Selbstbestimmung

...und wirklich niemand braucht „Ernährungspolitik“

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Shutterstock Nächster Schritt getätigt auf dem Weg fürs große Ziel: Sowjetbuntland

Am Freitag hat der überwiegend klimakommunistische Deutsche Bundestag sich um einen Bürgersowjet für den Themenbereich „Ernährungspolitik“ ergänzt. Wenn Sie sich jetzt wundern, dass Sie nirgendwo etwas von einem „Bürgersowjet“ gelesen haben – „Sowjet“ ist das russische Wort für „Rat“, die frühere russische Sowjetrepublik kann man direkt als Räterepublik übersetzen, die man ja in Deutschland – zumal in Bayern – auch kennt.

Das Konzept einer Räterepublik ist ein anderes als das der parlamentarischen Demokratie. Vielleicht keimt in Ihnen nun der Verdacht, dass die Einrichtung eines Bürgersowjets der erste Schritt auch zur formalen Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung sei, um die ansonsten die Diener des Staates ein großes Bohei machen, während jeder, der auch unter den abstrusesten Begleitumständen in den Verdacht gerät, diese Ordnung beseitigen zu wollen, mindestens mit der totalen Ausgrenzung rechnen muss. Doch da kann ich Sie beruhigen. Die 160 Mitglieder des neuen Bürgersowjets wurden vom zweithöchsten Repräsentanten des Staates, der Bundestagspräsidentin Bärbel Baas höchstpersönlich per Losverfahren ermittelt, und was in Deutschland direkt von oben angeordnet und durchgesetzt wird, ist über jeden verfassungskritischen Verdacht erhaben und war bekanntlich immer und zu allen Zeiten richtig. Oder etwa nicht? Vertrauen Sie nur den offiziellen Nachrichten.

Die Konzepte „Parlament“ und „Sowjet“ haben unleugbar gewisse Überschneidungen. So nehmen sich etwa beide Gremien heraus, durch Regelsetzung darüber zu bestimmen, wie Individuen ihr Leben führen sollen, welche friedlichen, freiwilligen Vereinbarungen ihnen untereinander einzugehen gewährt werden und welche nicht, beide Gremien nehmen sich ferner heraus, Auflagen und Abgaben gegen sie zu erheben, und sie schränken den Erwerb und den Umgang mit Privateigentum ein. Beide werden auch in ansonsten normalen Zeiten immer übergriffiger, je mehr Akzeptanz sie dabei erfahren. Der prinzipielle Unterschied liegt vor allem im Auswahlverfahren, das im Falle eines Parlaments auf einem mehr oder weniger allgemeinen Wahlverfahren beruht und beim Sowjet auf dem Entsendungsprinzip aus Basiseinheiten.

Im Falle des neuen Berliner Bürgersowjets existieren die Basiseinheiten rein virtuell als Kategorien wie Alter, Geschlecht, Bildungshintergrund oder Ernährungsphilosophie, und das personelle Auswahlverfahren wird somit wesentlich beeinflusst durch den Algorithmus zur Auswahl und Gewichtung der Kategorien. Man muss also nur den Algorithmus kontrollieren und nicht ein komplexes, auch noch praktisch umzusetzendes Wahlverfahren; ein Vorzug, den man besonders in Berlin zu schätzen weiß. Da die Bewerber systembedingt die Psychose eint, sich dazu berufen zu fühlen, anderen Menschen Vorschriften zu machen, wird die Zusammensetzung des Sowjets jedenfalls diesbezüglich auch in eine bestimmte Richtung gehen. Allerdings soll der neue Bürgersowjet zumindest zunächst nur beratende Funktion haben – die Entscheidungen will man bis auf Weiteres noch den bewährten Profi-Psychopathen aus dem Parlament überlassen.

Wozu braucht es dann aber diesen Bürgersowjet? Es ist ja nun nicht etwa so, dass das zweitgrößte Parlament der Welt inklusive Mitarbeiterstab etwa zu knapp besetzt wäre, um sich nicht mit allerlei Unfug selbst befassen zu können. Zu dieser Frage lässt sich im Staatsfunk aktuell eine „Politikwissenschaftlerin“ mit den Worten zitieren, dies sei „eine Antwort auf das Problem, dass sich Bürgerinnen und Bürger in westlichen Demokratien nur ungenügend repräsentiert fühlen. Die Gremien versprächen eine diverse Abbildung der Bevölkerung, bei der die Menschen zu Wort kämen. Außerdem werde über die gemeinsame Kompromissfindung eine Erfahrung von Demokratie ermöglicht.“

Mit anderen Worten: Nach der über Jahrzehnte kumulierten Negativauslese durch den demokratischen Wettbewerb der Gauner (Hans-Hermann Hoppe) hin zu einer Ochlokratie mit einer in dieser Zusammenballung völlig irrealen Inkompetenzanhäufung im Parlament will eigentlich kein vernünftiger Mensch, der auch nur ein bisschen was auf sich hält, sich dort repräsentiert erkennen, jedenfalls ganz bestimmt nicht in den parlamentarischen Entscheidungen. Das ist das immer deutlicher zu Tage tretende Legitimitätsproblem. Von diesem will man nun ablenken, indem man ein zweites Gremium schafft, dessen Personal aufgrund der Auswahl vorgeblich nach dem Zufallsprinzip etwas eher nach dem aussieht, was ein vernünftiger Mensch noch als normal ansehen könnte. Das soll nun denselben Unsinn erst vorbereiten und diskutieren, bevor er dann im Parlament beschlossen wird, damit möglichst der Eindruck entsteht, da sei dann etwas irgendwie „näher am Bürger“ beschlossen worden.

Die Motivation, warum die Regierung (laut Berichten vom Mai wollte die Koalition diesen Bürgerrat, aber in Deutschland gibt es ja zwischen Regierung und Parlament keine wirkliche Trennung) nun auch formal ihrem staatsorganisatorischen Vorbild nacheifern möchte, ist zwar verständlich, aber es ist doch zweifelhaft, dass der Schwindel nicht unmittelbar erkannt wird. Selbstbestimmung ist die Essenz der Freiheit, wie es Roland Baader formulierte, und nicht Mitbestimmung, die ja auch in diesem Fall allenfalls den Mitgliedern des Sowjets vorbehalten bleibt und nicht allen Individuen, die möglicherweise einfach nur ihr Menschenrecht, in Ruhe gelassen zu werden, wahrnehmen möchten. Und gerade an einer Erfahrung der Demokratie durch Kompromissfindung mangelt es ja nun gerade nicht. Wer kennt sie nicht, die politischen Fragen, beispielsweise zur Einschränkung von Freiheits- und Eigentumsrechten, die nicht mit „richtig“, sondern nur mit „falsch“ beantwortet werden können, und die im Zuge der demokratischen Kompromissfindung tatsächlich stets mit irgendwas dazwischen beantwortet werden. Nach ein paar Iterationen dieses Prozesses streben die Antworten auf jede dieser Fragen asymptotisch immer mehr in Richtung „falsch“. Daraus, dass die letzte Grenze des „in jeder Hinsicht vollständig und unbedingt total falsch“ nicht bis zum letzten Feinheitsgrad der Auflösung erreicht werden kann, nimmt der demokratische Prozess sein Überlegenheitsverständnis, aus dem er sich jede grundlegende Kritik an seinem Prinzip verbittet. So ist es für jeden leicht einzusehen, dass das demokratische Prinzip eine fantastische Sache ist, dessen etwaige Fehler nicht etwa inhärent seien, sondern nur in seiner jeweiligen, praktischen Umsetzung liegen können.

Womit ich mit diesem kleinen Bogen wieder zurück beim Bürgersowjet wäre, bei dem sich nun noch die Frage stellt, warum er sich ausgerechnet mit dem Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ befassen soll, sollte es doch nur wenige Themen geben, die für die meisten Menschen so eindeutig privat sind und so wenig den Staat etwas angehen wie das, womit sich jeder ernährt. Die Antwort, Sie ahnen es schon, drängt sich auf: Genau deswegen. Nicht einmal die historischen Sowjets haben es geschafft, das Prinzip des individuellen Eigentums an dem vollständig aufzuheben, was unmittelbar durch seinen Gebrauch zu einem Teil des persönlichen Elementareigentums am eigenen Körper wird, auch wenn sie vor allem durch Verknappung und Mangel wesentliche Macht darüber erlangen konnten, die sie im Falle der Zuteilung aber wieder verloren.

Es ist einfach der nächste logische Schritt, nach der in Teilen durchaus erfolgreichen Verneinung des individuellen Rechts auf das elementare Eigentum am eigenen Körper mit der Nötigung zur Annahme vorgegebener Injektionen in den letzten Jahren, nun die Macht über das anzustreben, was dem eigenen Körper mit der Integration in diesen durch seinen Gebrauch am nächsten kommt und in jedem Sozialismus absehbar früher oder später knapp wird: Der Nahrung. Was liegt näher, als sich bei diesem Anschlag auf die individuelle Freiheit ein bisschen hinter einem gefügigen anderen Gremium zu verstecken, um die Verantwortung zu verwischen, so wie in den letzten Jahren hinter der „Ständigen Impfkommission“?


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