Agenda 2030: Frieden und Gerechtigkeit. Sind sie wirklich gewollt?
Der größere „Reset“
von Andreas Tiedtke (Pausiert)
von Andreas Tiedtke (Pausiert) drucken
In meiner letzten Kolumne widmete ich mich Zielen einer Agenda 2030 wie Umweltschutz, Erhalt der Ökosysteme und dergleichen, die sich Menschen setzen können, wenn sie eine friedliche und freundliche Gesellschaft kreieren wollen. Diese Ziele wählte ich in Anlehnung an die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und an die Great-Reset-Agenda des Weltwirtschaftsforums.
Ich legte dar, dass sich diese Ziele am besten erreichen lassen einerseits durch freiwillige Kooperation, weil dann bestmöglich sichergestellt ist, dass Ressourcen nicht verschwendet werden, und weil der Preismechanismus des Marktes es möglich macht, auf Veränderungen der relativen Knappheit zu reagieren. Und andererseits zeigte ich, dass Umweltschädiger zur Verantwortung gezogen werden können und dass bei Mitbesitz an Ressourcen wie Meeren, Wäldern, Luft und dergleichen die Beteiligten Vereinbarungen eingehen können. Nicht erforderlich, sondern hinderlich für das Erreichen dieser Ziele ist der Einsatz von Zwang gegen friedliche Dritte, denn dies führt zu Ressourcenverschwendung, erzwungener Verknappung und stellt letztlich eine Aggression gegen Menschen dar – und Menschen sind nun einmal auch ein konstitutiver Bestandteil der Natur und des Ökosystems. Wenn Menschen geschädigt werden, wird „die Umwelt“ geschädigt.
Frieden und Gerechtigkeit
Heute möchte ich mich den Agenda-Zielen Frieden und Gerechtigkeit widmen. Friedliches Handeln im praxeologischen Sinne bedeutet, dass die Beteiligten einer Interaktion zumindest dem anderen nicht durch feindliche Handlungen Schaden an Körper oder Besitz zufügen. Möchten supra-nationale Organisationen diesem Ziel zum Durchbruch verhelfen, müssten sie auf ihre Mitglieder einwirken, dass diese aufhören, friedliche Dritte durch den Einsatz von Drohung und Zwang zu Zahlungen oder sonstigen Handlungen und Unterlassungen zu bringen. Denn eine Gesellschaft, in der eine herrschende Gruppe von Menschen anderen Menschen, die Überschüsse produzieren, die Früchte ihrer Arbeit in feindlicher Art und Weise abnötigt und die darüber hinaus Gehorsam in einer nahezu unendlichen Vielzahl von Lebenssituationen verlangt – eine solche Gesellschaft ist handlungslogisch betrachtet keine friedliche Gesellschaft.
Die Gewalt mag nicht allzu sichtbar sein, weil sich die meisten Menschen der Übermacht der herrschenden Gruppe beugen. Die „braven Bürger“ mögen sich mit eingeschriebenem Brief regieren lassen, weil ihnen entweder Widerstand zwecklos erscheint oder sie erfolgreich dahingehend verwirrt wurden, dass sie sich auf die eine oder andere Art mit dem Aggressor oder dem imaginierten Konzept „der Nation“ identifizieren. Eine Gesellschaft ist aber auch dann keine friedliche Gesellschaft, wenn zwischen Herrschern und Beherrschten eine Art „Waffenstillstand“ vorliegt.
Kommt es dereinst dazu, dass Gesellschaften überwiegend friedlich strukturiert sind, dann machen auch Kriege zwischen verschiedenen Gesellschaften keinen Sinn mehr. Denn wo es nichts zu beherrschen gibt, da macht auch Eroberung keinen Sinn. Das heißt, der innere Friede ist die Voraussetzung dafür, dass es auch zu einem nachhaltigen äußeren Frieden kommt.
Diejenigen, die heute beklagen, dass „kein Frieden auf der Welt“ ist, haben oftmals nichts dagegen, wenn ihr friedlicher Nachbar zu Zahlungen gezwungen wird oder ihm gegenüber sonstige Verhaltensbefehle ergehen. Sie beklagen zwar, dass Herrschaftsverbände im Krieg miteinander liegen, haben aber im Prinzip nichts gegen Herrschaft an sich. Dabei ist ein Angriffskrieg ein gewaltsames Mittel, sich Macht über Menschen und Ressourcen anzueignen, ebenso wie Drohung, Zwang und Gewalt „im Inneren“ gewaltsame Mittel sind. Wer wirklich für den Weltfrieden ist, der könnte zunächst erkennen, dass er auf einem Auge blind ist. Wieso sollten zwischen Gruppen von Herrschern die Waffen ruhen, wenn feindliche Handlungen wie Zwang im Allgemeinen gutgeheißen werden, sofern die Drohenden beispielsweise vorgeblich eine Mehrheit repräsentieren oder für eine „gerechte Sache“ kämpfen?
Und da das Recht praxeologisch dem Handeln nicht vorausgesetzt ist, sondern erst durch freiwilliges normatives Handeln entsteht, können wir klar sagen: Aus Zahl kann Recht nicht folgen. Wenn vier einen Fünften misshandeln, bleibt dies praxeologisch eine feindliche Handlung. Dass ein imaginiertes „Kollektiv“ zu 80 Prozent für die Misshandlung ist, macht diese nicht zu einer „gerechten“ Sache, denn dem Fünften ist es gerade nicht recht, es ist ihm unrecht und damit Unrecht, dass er misshandelt wird.
Gerechtigkeit kann zum einen so verstanden werden, dass sich die Menschen an freiwillige Vereinbarungen halten. Und zum anderen so, dass es „gerecht“ ist, wenn Menschen sich gegen Aggression verteidigen und im Falle des Erfolges des Aggressors Wiedergutmachung erlangen oder gegebenenfalls Vergeltung üben. Das hat zwar genau genommen mit Recht im engeren praxeologischen Sinne (freiwillige Vereinbarung) nichts zu tun, denn wenn sich der Aggressor nicht zur Wiedergutmachung verpflichtet, dann ist die ihm gegenüber erzwungene Wiedergutmachung in diesem Sinne nicht „gerechtfertigt“, weil sie nicht vereinbart wurde. Die erzwungene Wiedergutmachung könnte man jedoch insofern metaphorisch als eine gerechte Handlung verstehen, da sie in dem Sinne eine friedliche Handlung ist, weil der Status quo vor der Aggression wiederhergestellt werden soll. Wiedergutmachung oder Vergeltung sind sozusagen die „Negation der Aggression“.
Schlussbetrachtung
Wenn heute allgemein von Frieden und Gerechtigkeit als großartigen, erstrebenswerten Zielen gesprochen wird, ist die Argumentation oftmals widersprüchlich und verwirrend. Nicht wehren soll sich beispielsweise derjenige, der von einer Mehrheit beherrscht wird. Systematische, institutionalisierte feindliche Handlungen gegen Mitbürger werden gutgeheißen, wenn hingegen eine Herrschergruppe eine andere überfällt, wird das als schrecklich angesehen. Die Widersprüchlichkeit fällt den meisten Menschen überhaupt nicht auf. Es wird beispielsweise oftmals als gerecht angesehen, wenn eine Gruppe von Menschen einer anderen Gruppe Mittel abnötigt, die sie dann an Dritte weitergibt, etwa um Unterstützung bei einer Abstimmung zu erhalten. All diese Widersprüchlichkeiten sind offensichtlich, und es würde einen sehr verwundern, dass sie trotzdem vielen Menschen nicht auffallen, wenn man nicht die Psychologie dahinter verstünde, mit Hilfe derer die aktuelle Situation als eine unter unseren Umständen erwartbare erklärt werden kann.
In meiner nächsten Kolumne werde ich mich mit dem Agenda-Ziel der Verminderung der Ungleichheit befassen, bevor ich schlussendlich auf die psychologische Erklärung eingehen werde, warum viele Menschen wirklichen Frieden – also die Abwesenheit systematischer, institutionalisierter feindlicher Handlungen gegen friedliche Menschen – aktuell nicht wünschen.
Quellen:
Der Kompass zum lebendigen Leben (Andreas Tiedtke), insbesondere Kapitel X, 3. Vergeltung (Seite 218 und fortfolgende)
Kommentare
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