Schützenhilfe durch: Wolfgang Grupp: Der letzte Unternehmer
Brandrede für Rückgrat und Verantwortung
von David Andres
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Eine wirkmächtige und überaus gelungene Rede erkannte man vor einigen Jahrzehnten noch daran, dass sie, selbst wenn es vorher nicht geplant war, als kleines Büchlein oder in einem Sammelband gedruckt verewigt wurde. Heute erkennt man die Kraft einer Rede daran, dass sie bereits kurz nach ihrer Aufführung, in viele kleine Abschnitte unterteilt, als Reels und Meme die Runde in den sozialen Netzwerken macht. Die besten Stellen aus vierzig feurigen Minuten ergeben dabei umso feurigere Einminüter, die von allen Menschen freiwillig verbreitet und geteilt werden, denen die Worte zutiefst aus der Seele sprechen.
Dies geschieht gerade mit einem improvisierten, leidenschaftlichen Vortrag, den Wolfgang Grupp – Chef des letzten noch in Deutschland produzierenden Sportbekleidungsherstellers Trigema – im vergangenen Juli auf einer Tagung des aufstrebenden Marketingunternehmens Loftfilm gehalten hat. „Wenn ich erfolgreich sein kann, weil ich dreimal Insolvenz gemacht habe, die Schulden umgeteilt und rechtzeitig kassiert habe, dann darf ich nicht von Erfolg sprechen, dann muss ich von Versagen sprechen. Und deshalb brauchen wir die Verantwortung zurück in unsere Gesellschaft und wenn ich da Inhaber einer Firma bin, dann habe ich eine Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern, gegenüber meinen Lieferanten, gegenüber meinen Kunden und das heißt nicht, solange es gut geht, ist es kein Problem und wenn’s schlecht geht, dann lasse ich die Lieferanten bezahlen.“
Worte, die früher selbstverständlich waren und heute schon als außergewöhnlich gelten müssen. Grupp breitet in dem Vortrag die Arbeitsweise aus, die er seit Beginn seiner Laufbahn pflegte und transportiert dabei Werte, die jeder ehrenvolle Mann mit Liebe zur freien Wirtschaft nur unterschreiben kann. Volle Verantwortung für das eigene Tun und das unternehmerische Risiko. Keinerlei Anschnorren des Staates. Ein Umgang mit den eigenen Mitarbeitern, der Treue, Loyalität und Leistung belohnt und Nachlässigkeit mit Augenmaß bestraft. Haftung mit dem letzten Cent des Privatvermögens. „Bevor Sie als Steuerzahler dafür herhalten müssen, habe ich nicht mal mehr ein Dach überm Kopf.“ Zudem verrät Grupp witzige, kleine Tricksereien, die dafür sorgen, dass die eigene Autorität in einem Betrieb ohne den fortlaufend scheiternden und sich immer noch als Innovation darstellenden Unsinn vermeintlich flacher Hierarchien, stets unangetastet bleibt. Rufe ihn in der Nacht einer an und frage, welche Farbe sie färben sollen und er habe als Chef selber keine Ahnung, dann gebe er das niemals zu, sondern sage schnell und überzeugend: „Dringend rot!“ Daraufhin „färben sie die ganze Nacht rot“ – und falle ihm am nächsten Morgen ein, dass es grün gewesen wäre, sage er einfach zusätzlich, er brauche ebenfalls dringend grün – und alle denken, dass der Chef weiß, was er will und schwitzen noch mehr.
Bis heute kann sich Trigema trotz der Weigerung, die Produktion ins Ausland zu verlagern, am Markt halten. Schwierigkeiten ergaben sich nie aus eigenem Verschulden, sondern dem Versagen mancher Geschäftspartner. „Wo ist Karstadt?“, beginnt die wohl populärste Stelle des Vortrags, „wo ist Kaufhof? Sie nannten sich Kaufhauskönige. Versandhauskönige. Neckermann, Quelle, Schöpflin. Diese Arschlöcher haben alle pleite gemacht.“ Trigema reagierte auch darauf durch verstärkten Direkthandel im Netz wie in der realen Welt, passte sich an und rannte immer noch nicht zum Staat für multimillionenschwere Rettungspakete wie der Kaufhof, der längst zu einer Art volkseigenem Betrieb geworden ist, ohne dass das Volk jemals gefragt wurde.
Die Rede von Grupp sollte im Gesellschaftsunterricht an Schulen gezeigt werden und ist als Schützenhilfe für vernünftiges und wirtschaftliches Denken hundertprozentig zur Verbreitung im Bekanntenkreis zu empfehlen. Nicht in Schnipseln, sondern in ihrer ganzen, ungeschnittenen Pracht.
Quellen:
Wolfgang Grupp eskaliert auf dem Loft Day (YouTube)
Trigema (Homepage)
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