27. August 2023 08:00

Freiheitsespresso – im Café Hazlitt II Politik ist unlösbar

Und liberale Politik vielleicht ein Widerspruch

von Michael von Prollius (Beendet)

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Bildquelle: Flickr Liberale fühlen sich in der Kritiker-Nische wohl: Ähnlich wie die „Mecker-Opas“ Waldorf und Statler von der Muppet Show …

„Deutsche verlieren Vertrauen in Demokratie“, lautet eine aktuelle Schlagzeile unter vielen ähnlich klingenden. Konkret sind das weniger als 40 Prozent der Befragten. Bereits 2010 in und nach der Weltwirtschafts- und Finanzkrise hatten Politiker einen drastischen Glaubwürdigkeitsverlust erlitten. Kaum eine andere Berufsgruppe war so schlecht angesehen.

Henry Hazlitt hatte 1976 in einem Aufsatz die Frage gestellt: „Is Politics Insoluble?“ Der Starkolumnist der Freiheit zielte auf zwei Dinge ab. Erstens darauf, dass politische Probleme unlösbar seien, weil es keine eindeutige akzeptierte Lösung gebe. Über das Ausmaß der Macht des Staates werde seit Jahrtausenden philosophiert. Es sei nicht einmal klar, was wir unter einer Lösung verstehen. Insofern ähnelten politische Fragen metaphysischen, ontologischen, kosmologischen.

Zweitens darauf, welche Rolle – und damit welches Ausmaß – der Staat eben haben soll? Überhaupt keine wäre eine einfache Antwort, aber er existiert und ist offenbar eine der „erfolgreichsten“, das heißt beständigsten und wachsenden Institutionen der Menschheit. Eine begrenzte Rolle – aber wie wenig oder viel? Wie lässt sich dieses Ausmaß konkret festmachen, wie erreichen? Mit Wilhelm von Humboldt lässt sich fragen: Wo liegen die Grenzen der Wirksamkeit des Staates? Eine Antwort, hinter der sich Freiheitsfreunde versammeln können, steht aus.

Liberale sind starke Kritiker. Das gilt für Missstände in der Politik, besonders in der Wirtschaft und Gesellschaft, die sie, zumal auf ökonomische Kenntnisse gestützt, rasch und zuweilen vehement vorbringen. Diese Stärke ist zugleich eine Schwäche. Vielleicht ist der angestammte Platz für Liberale die Kritiker-Nische von Statler und Waldorf.

Meckern kann jeder, besserwisserisch sein auch. Das gilt für die berühmten 80 Millionen Fußballtrainer in Deutschland. Seit einiger Zeit haben sie es leicht. Was fehlt, gleicht einem Tabu: eine positive Vision einer freiheitlichen Welt, die für jedermann greifbar ist. Geldfreiheit ist zu abstrakt. Wohlstand für alle war eine erfolgreiche Formel, die inzwischen überstrapaziert ist und anders als in der Nachkriegszeit nicht zieht. Anschaulicher als ein politischer Leitsatz sollte es zudem sein.

Politik ist unlösbar. Liberale Kritik oft zu einfach. Politik entspringt Partikularinteressen, die verhandelt werden können. Liberale wollen, dass es allen Menschen gut geht, besonders den Einfachen, Armen, Unterdrückten. Die politischen Ziele vieler Menschen unterscheiden sich. Beträchtliche gemeinsame Nenner gibt es, etwa Grundsätzliches wie Frieden und Sicherheit.

Die reine Lehre der Belesenen, die politische Theorie ist zu abstrakt für die Realität und kann nur eine Leitlinie sein. Mises unterschied reine Theorie, angewandte Theorie und Empirie, machte Kompromisse als Chefökonom Österreichs. Keine Mietpreisbremse – was stattdessen? In der realen Welt wird es nicht gleich klappen, dass mit Laissez-faire und Schwupp ausreichend Wohnungen entstehen. Schädliche Vorschriften und Bürokratie verschwinden nicht einfach so.

Kommunikationspraktisch ließe sich ergänzen: Gesagt ist nicht gehört und gehört nicht verstanden. Werden liberale Botschaften jenseits der Insider-Szene wirklich begriffen und auch noch geteilt? Gehört ist nicht getan. Wo sind die liberalen Macher? Getan ist nicht verstetigt. Einmal ist keinmal. Eine dauerhafte liberale Infrastruktur würde bessere Anreize setzen.

Die deutsche Expertise der Selbstzerstörung („Economist“) bietet jede Menge Chancen. Freiheit ist allerdings anstrengend. Denn es bedeutet, Freiheit zu ertragen – und damit auch Verantwortung. Zugleich ist Freiheit nicht nur ein Ideal. Freiheit ist mit Rolf W. Puster „ein universeller Schlüssel zur Lösung der wichtigsten Probleme des menschlichen Zusammenlebens“.


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