28. August 2023 18:00

Dissidentenverfolgung im Westen Wo „Orwell“ sich und „Kafka“ küssen...

...wird jede Freiheit sterben müssen – wenn es nicht einige Mutige gibt, die sich zu wehren wissen.

von Robert Grözinger

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Bildquelle: madjembe / Shutterstock.com (bearbeitet) Der heutige Westen: Kafkaesk und orwellsch

Im Gefängnis von Fulton County ließ der Bundesstaat Georgia vergangene Woche auf Kosten amerika­nischer Steuerzahler das bestmögliche Wahlkampfporträt für den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump herstellen – für die Pose darauf hat der frühere Medienstar offensichtlich stundenlang geprobt und geübt. Weil Trump oft vorgeworfen wird, er habe „ohne Beweise“ behauptet, die Wahl von 2020 sei verfälscht worden, hier ein kluges Wort eines amerikanischen Kommentators namens Allan Stevo: Jede Wahl ist, bis zum Beweis des Gegenteils, rechtswidrig verlaufen. Aus genau diesem Grund werden ständig Wahlbeobachter in die Welt verschickt.

Andernorts im „Westen“ führt der „tiefe Staat“ einen heftigen Krieg mit Mitteln der Jurisprudenz – auch „lawfare“ genannt – gegen Bürger, die sich lediglich mit Worten gegen das Programm ihrer ihnen gegenüber nicht rechenschaftspflichtigen Lebensmanager wehren. Es ist, als hätten „Orwell“ und „Kafka“ geheiratet – das unschöne Ergebnis dieser Zweisamkeit ist der Tod erst der Rede- und dann aller anderen Freiheiten. 

In Deutschland traf es dieser Tage einen hier ansässigen US-Amerikaner. Der in Berlin lebende, preis­gekrönte Bühnen-, Romanautor und politische Satiriker Christopher J. Hopkins hatte im vergangenen Jahr auf einen Tweet von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geantwortet. Der Politiker hatte ge­schrieben: „Von der Maske geht immer auch ein Signal aus“. Daraufhin Hopkins: „Die Masken sind Symbole der Ideologiekonformität. Hören Sie auf, so zu tun, als wären sie jemals etwas anderes, oder gewöhnen Sie sich daran, sie zu tragen.“ Darunter postete er das Titelbild seines Buches „The Rise of the New Normal Reich“. Es ist eine Gesichtsmaske zu sehen. Wenn man genau hinschaut, erkennt man auf dem Stofffetzen schemenhaft, wie vernebelt, die Umrisse eines Hakenkreuzes. Für diese zwei Tweets wurde er jetzt zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verknackt – oder 60 Tage Gefängnis – angeb­lich wegen „Förderung der Ziele einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation“. Die Absurdität dieses Urteils ist jedem sofort klar, der mehr als zwei funktionstüchtige Synapsen im Hirn hat. Näheres ist im unten verlinkten Artikel auf „off-guardian.org“ nachzulesen.

Auch in Kanada sind Richter am Werk, die eine Kreuzung von Charakteren aus den Werken George Orwells und Franz Kafkas zu sein scheinen. Schon wieder Kanada – der „bösartige Zylinderhut Ameri­kas“, ein passender, aus einer aktuellen Debatte zwischen „Daily Wire“-Kommentatoren aufgeschnapp­ter Begriff für den westlichen Riesenstaat zwischen Niagarafällen und Arktis. Vergangene Woche schrieb ich auf dieser Seite über die Demütigung eines Teilnehmers eines Fortbildungskurses in Toronto zu „Diversität, Gleichbehandlung und Inklusion“, die in dessen Selbstmord endete. Heute komme ich aus gegebenem Anlass – wieder einmal – auf den derzeit bekanntesten Bürger jenes unter dem Fluch des Wokismus besonders leidenden Landes zu sprechen, den Psychiater Jordan Peterson.

Im Januar dieses Jahres machte Peterson publik, dass die Psychologenkammer der Provinz Ontario ihm „professionelle Fehlleistungen“ vorwarf und ihn zu einem „spezifizierten Weiterbildungs- und Förder­programm“ verpflichtet hatte. – Das er zu bezahlen habe, und das erst dann ende, wenn die Kammer der Überzeugung ist, dass die Lektion erfolgreich erteilt wurde. Ich schrieb damals auf dieser Seite darüber.

Der angebliche Anlass für diesen Schritt waren Beschwerden über Petersons politische Äußerungen in den sozialen Medien, hauptsächlich über Klima- und Transthemen. Keiner der Beschwerdeführer, so Peterson, sei jemals ein Patient von ihm gewesen oder sei auch nur einem Patienten von ihm bekannt. Die Psychologenkammer hätte die Beschwerden daher als Nichtigkeiten verwerfen sollen. Hat sie aber nicht. Also klagte Peterson.

Jetzt ist das Urteil da. Auch dieses hätte von Kafka geschrieben worden sein können. Der Wortlaut ist unten verlinkt. Selbstverständlich gelte die Redefreiheit, heißt es da, auch für Ausüber regulierter Berufe. Diese müssten aber „auch die Regeln der regulierenden Körperschaft einhalten, welche ihre Redefrei­heit einschränken darf.“ Die Anordnung der Psychologenkammer sei „nicht disziplinarisch und hindere Dr. Peterson nicht daran, sich zu kontroversen Themen zu äußern.“ Der beklagten Kammer wurde voll­umfänglich Recht gegeben.

Peterson sagt, er werde sich weiter wehren und mit seiner Klage bis ans oberste Gericht Kanadas zie­hen. Sollte sie dort scheitern, könnte er sich durchaus dem Umerziehungsversuch verweigern. Für den Fall, so sagt er, stehen schon drei andere „Rechtsbezirke“ – vermutlich die Psychologenkammern an­derer kanadischer Provinzen – bereit, ihm die dann wohl in Ontario entzogene Praxiserlaubnis wieder zu erteilen.

Bevor es so weit kommt, hat er aber einen anderen Plan. Er werde sich, im Fall einer Niederlage vor dem obersten Gericht, dem orwellschen „Weiter- und Förderprogramm“ unterwerfen – und sämtliche Sitzungen aufzeichnen und veröffentlichen. Vermutlich würde er den Spaß so lange mitmachen, bis er genug Material hat, um seine Peiniger bis auf alle Ewigkeit zu beschämen.  

Peterson hat das alles nicht nötig. Der weltbekannte Seelenarzt, Buchautor und Podcaster kann inzwi­schen ohne Weiteres auf das Geld verzichten, das er mit Therapiestunden verdient – er prak­tiziert ohnehin seit einigen Jahren nicht mehr. Aber es geht ihm, so sagt er, ums Prinzip. Das ist glaub­haft, denn er hat mehrfach gesagt, dass seine Karriere als Dissident unter dem inzwischen laut Umfra­gen von einer Mehrheit seiner Landsleute als „schlechtesten kanadischen Premierminister aller Zei­ten“ bezeichneten Justin Trudeau begann, nachdem seine Angst vor dem, was passieren würde, wenn er sich dem woken Wahn nicht widersetzen würde, größer wurde als die Angst vor persönlichen Repressalien, die nach seinen Äußerungen drohten.

Anlass dafür war 2017 ein Gesetz, das vorschrieb, wie man Leute anzureden hatte, die ihre „präferier­ten Pronomen“ angaben. Er befürchtete aufgrund der staatlichen „Verpflichtung von Äußerungen“ nicht haltbarer „Tatsachen“ einen massenhaften Anstieg psychischer Probleme unter Jugendlichen – und behielt damit recht. Es steht zu vermuten, dass ihn eine ähnliche Angst jetzt treibt, im Rechtsstreit mit der Kammer standhaft und kämpferisch zu bleiben.

Wir sehen in letzter Zeit im Westen eine Häufung solcher ins Absurde gesteigerten Angriffe auf promi­nente, von der Parteilinie des „Regimes der Manager“ abweichenden Persönlichkeiten. Der – geschei­terte – Versuch einer politisch motivierten Kontenkündigung gegen den Briten und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage vor Kurzem ist ein ähnlich gelagerter Fall, wenn auch ohne „lawfare“. Und wieder taucht die alte Frage auf: Ist dieser Trend ein Zeichen von Dummheit oder Bösartigkeit?

Es ist wohl eine Mischung aus beidem, aber ich tippe auf ein Übergewicht an Dummheit. Der hier offenbare Mangel an Intelligenz beruht auf Anreizstrukturen und ist eher „systemisch“ und nicht per­sönlich zu verstehen. Generell ist die Schwäche der „Manager“ des Regimes überall die gleiche: Sie denken, planen und handeln nur eindimensional und meist nur reaktiv. Das ist ihre Aufgabe. Sie wer­den „re-aktiv“, wenn sie von oben einen Befehl bekommen – der durchaus bösartig gemeint sein kann. Sie werden ebenso „re-aktiv“, wenn ihre Position von unten bedroht ist. In beiden Fällen finden sie eine ihnen persönlich nützliche Strategie. Diese Strategie wird regelmäßig vom Steuerzahler – oder im oben genannten Bankenfall, von den Kunden – finanziert. Deshalb kümmern sich die Manager wenig bis gar nicht um die Nebenwirkungen. Manche dieser Nebenwirkungen erweisen sich als Bumerang. Dann gibt es schlimmstenfalls eine Abfindung.

„Die Drachentöter sind ausgestorben“, schrieb einst Roland Baader in einem seiner Aphorismen im Hinblick auf den zum „Monster“ ausgewachsenen Staat, der „Lebenszeit stiehlt“. Es scheint derzeit, als habe der „Drache“, zumindest im Westen, nun eine Schwelle überschritten, woraufhin sein zwanghaf­tes Verhalten, seine Macht immer weiter ausweiten zu müssen, zur ständigen Entstehung neuer Dissi­denten führt. Ob aus ihnen dereinst „Drachentöter“ werden, muss sich noch zeigen. Aber wenn der Drache so weiter macht, wird er eines Tages einen Dissidenten erzeugen, der ihm ebenbürtig ist. Viel­leicht hat er das schon.  

Schlussbemerkung zum Titel: Der Verfasser dieser Kolumne stammt aus Niedersachsen. Daher ist ihm ein Spruch aus Hannoversch Münden (Landkreis Göttingen) bekannt, der möglicherweise nicht jedem Leser gegenwärtig ist. Er wurde im Jahr 1899 geschrieben und lautet so: „Wo Werra sich und Fulda küssen – Sie ihre Namen büßen müssen – Und hier entsteht durch diesen Kuss – Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.“ Wer Näheres erfahren möchte, kann das bei Wikipedia unter dem Stichwort „Weserstein“ tun.

Quellen:

The Road to Totalitarianism (C. J. Hopkins, off-guardian.org)

Professor wehrt sich gegen WEF-Zersetzungsaktion (Robert Grözinger, Freiheitsfunken)

Urteil im Fall Peterson gegen Psychologenkammer Ontario (jordanpeterson.com)

J. Peterson spricht mit seiner Tochter Mikhaila über das Gerichtsurteil (Youtube) 

J. Peterson spricht mit Brian Lilley, Toronto Sun, über das Gerichtsurteil (Youtube)


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