29. August 2023 23:00

Agenda 2030 Angst. Die Psychologie der Politik

Wieso wollen die Menschen nicht in einer friedlichen Gesellschaft leben?

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

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Bildquelle: Shutterstock Treibt infantile Gemüter in die Politik: Angst

In der vorangegangenen Kolumne legte ich dar, wie infantile Haltungen der Menschen zu Ungenügen, Schuld und Scham sowie die Verdrängung der Gewalt mit-ursächlich dafür sind, dass die Menschen in einer Art und Weise denken und fühlen, sodass sie nicht in einer friedlichen Gesellschaft zusammenleben wollen, sondern in einer Gesellschaft, in der es systematischen und institutionalisierten Zwang auch gegen friedliche Mitmenschen gibt. Menschen mit solchen Haltungen denken, die anderen könnten ihnen etwas schuldig sein, auch wenn diese sich zu nichts verpflichtet haben. Sie denken, die anderen, die Welt, unter Umständen sie selbst, sind nicht so, wie sie seien sollten. Überall sehen sie Ungenügen, und das gilt es – in ihrem Sinne – zu verbessern, „et pereat mundus“ („und gehe die Welt darüber zugrunde“). Und sie verdrängen die Gewalt, die hinter jedem angedrohten Zwang steht, und unter Umständen entwickeln sie sogar Sympathien mit einer Obrigkeit, die sie unter das Joch zwingt, wie Immanuel Kant (1724–1804) sich sinngemäß ausdrückte.

Aber auch diejenigen, die andere beherrschen wollen, sind vor allem von einer infantilen Haltung besetzt: Der Angst vor Trennung, die letztlich die Angst vor dem Tod ist und deren Grundlagen die Ego-Illusion sowie ein verbreiteter Denkfehler sind.

Die Ego-Illusion und die Angst vor Trennung (und Tod)

In der Kindheit entwickelt der Mensch seine objekthafte Ich-Instanz, das Ego. Ein Kind, das bereits eine konkretere Ego-Vorstellung als geistiges Konzept etabliert hat, fühlt sich dann unter Umständen „in diese Welt hineingesetzt“, anstatt sich als integraler und konstitutiver Teil des Universums zu sehen. Hier bin ich, und dort sind die anderen, ist das Andere. Da das Kind existentiell von den Eltern und anderen Autoritätspersonen abhängt, erscheint ihm die Trennungsangst wie die Todesangst. Und auch die Einsicht, dass es eine Erfahrung der Nicht-Existenz nicht geben kann, und zwar a priori nicht, weil Erfahrung ja Existenz voraussetzen würde, kann ein Kind in der Regel weder intellektuell noch emotional nachvollziehen.

Mit dieser Angst vor Trennung, die letztlich die Angst vor dem Tod ist, gehen nun manche Menschen derart um, dass sie versuchen, Macht über andere Menschen zu bekommen, Macht über das andere. Sie wollen die Welt, das Andere unter das Joch ihres Wollens zwingen. Das Kind lernt unter Umständen bereits, dass die Eltern und andere Bezugspersonen, also „die anderen“, durch passiv-aggressives Verhalten manipuliert werden können, sodass das Kind sich einbildet, Macht über das Handeln der anderen zu haben. Und schließlich können sie als Erwachsene nicht nur passiv-aggressiv handeln, sondern sich offen in den Bereichen Propaganda und Herrschaft engagieren, also zu wirklicher Macht über andere Menschen gelangen, in dem Sinne, dass sie diese systematisch hinters Licht führen und ihnen Zwang androhen können. Und von dieser Macht über andere erwarten sie sich eine Linderung ihrer Angst.

Die Angst ist also der Meister der Herrschsüchtigen. Es handelt sich eigentlich um emotionale Zwerge, die in ihrer Machtfülle aber als Riesen daherkommen.

Ein Ring, sie zu knechten

Dass die Angst der Haupt-Motivator der Mächtigen ist, erkannten bereits Richard Wagner (1813–1883) und J. R. R. Tolkien (1892–1973). In Wagners weltdeutendem Mythos über das Ränkespiel der Mächtigen um die Herrschaft, dem Vierteiler „Der Ring des Nibelungen“, lässt Wagner den Zwerg Alberich über den Ring der Macht sagen:

„Wer ihn [den Ring] besitzt, den sehre die Sorge,
und wer ihn nicht hat, nage der Neid!
Jeder giere nach seinem Gut,
doch keiner genieße mit Nutzen sein’;
… des Ringes Herr als des Ringes Knecht …“

Schlussbetrachtung und Ausblick

Im Rahmen einer Kolumne kann ich natürlich nur skizzenhaft auf die Haltungen zu Schuld und Scham, Ungenügen, die Verdrängung der Gewalt und die Trennungsangst eingehen. Vertiefendes finden Sie in den Quellenangaben unter diesem Artikel.

Wichtig war mir, herauszustellen, dass Diskussionen über politische oder ökonomische Reformen nichts Fruchtbares hervorbringen können, solange außen vor bleibt, aus welchen tieferen Gründen viele Menschen eine friedliche beziehungsweise aufgeklärte Gesellschaft ablehnen. Kant meinte sinngemäß, dass Revolutionen nutzlos seien, solange es nicht zu einer „wahren Reform der Denkungsart“ komme. Eine „infantile“ (C. G. Jung, 1875–1961) oder „unmündige“ (Kant) Gesellschaft im vorbeschriebenen Sinne ist keine friedliche Gesellschaft. Der Angelpunkt, an dem etwas geändert werden kann, sind die Einstellungen und Überzeugungen der Individuen, die ihr Denken und Fühlen bestimmen, das wiederum ihr Handeln bestimmt. Genau deshalb setzt Propaganda bei den – oft unbewussten – Einstellungen und Überzeugungen an.

In meiner nächsten Kolumne will ich darauf eingehen, was Bereichshaltungen sind, und schließlich, wie der „Ausgang aus der Unmündigkeit“ aussehen könnte. Folgt man Kant und Jung, könnte man bis hierhin zu der Auffassung gelangen, viele Menschen bräuchten eher einen Therapeuten als einen Gelehrten. Aber hierzu mehr in Kürze.

Quellen:

Passiv-aggressiv? (Psychologie Heute)

Erkenntnistheoretische Kriegsführung (Vortrag im Bitcoin Hotel Princess in Plochingen, Mises Karma Event 2023, Andreas Tiedtke)

„Ich bin die Revolution“ – Im Ring des Nibelungen lässt es Richard Wagner Machtpolitikern und Geldmonopolisten dämmern (Andreas Tiedtke)

Nichts ist so eindeutig, dass es sich nicht umdeuten ließe (Andreas Tiedtke)

Der Kompass zum lebendigen Leben (Andreas Tiedtke)

Freiheit und Recht – geht das zusammen? (David Dürr)

Widerstand und Aufklärung: Der Sandwirt (Andreas Tiedtke)


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