„Wachstumschancengesetz“: Vor dem Verteilen unter Regierungsauflagen kommt das zweckgerichtete Zerstören des Erwirtschaftens
Soll’n deine Wachstumschancen steigen, musst du für Klimaretter geigen
von Axel B.C. Krauss
Wertes Publikum! Ich habe die Ehre, Ihnen heute einen weiteren grotesken Euphemismus präsentieren zu dürfen. Nach Nebelkerzen wie „Sondervermögen“ sowie dem – siehe mein Beitrag von letzter Woche – „Gesetz zum Schutze des bekannten Diktums ‚Das größte Schwein im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant‘“ („Hinweisgeberschutzgesetz“) kommt von denselben Machern nun das „Wachstumschancengesetz“.
Sicher, da ist man natürlich schon beim ersten Lesen baff. Ist es jetzt schon so weit, dass man staatlicherseits glaubt, Wachstumschancen per Gesetz regeln oder fördern zu können? Ja, ist es. Und das ist auch gar nicht verwunderlich, liegt es doch voll und ganz auf Linie technokratischer Gestaltungswut mit Blick auf Wirtschaft und Gesellschaft.
Wenn ausgerechnet ein Politiker eine Binsenweisheit so vollmundig verkündet, als handele es sich um eine geistesgeschichtliche Innovation, sollte man hellhörig werden. Wenn Justizminister Marco Buschmann also sagt: „Vor dem Verteilen kommt das Erwirtschaften“, könnte man sich natürlich auf die Schenkel klopfen und antworten: Und darauf sind Sie ganz allein gekommen? Ich dachte bisher immer, der Bund wirtschaftet gut …
Doch es griffe natürlich viel zu kurz, mit solch eher polemischen Kritik an die Sache heranzugehen. Denn dadurch würde man sich wesentliche Erkenntnisse verbauen. Erst recht, wenn es um den Entwurf für das „Wachstumschancengesetz“ geht. Stattdessen sollte man ganz nüchtern einen Blick in den Text werfen, um sich klarzumachen, welcher altbekannte krisendialektische Trick hier mal wieder zur Anwendung kommt („Lass eine gute Krise nie ungenutzt verstreichen“). Dies wird gleich zu Beginn des Referentenentwurfs des Bundesfinanzministeriums klar, nämlich unter Punkt „A. Problem und Ziel“. Dort bekommen Leser das übliche Phrasenstroh vorgekaut, nach dem man längst eine Uhr stellen könnte. Ganz sicher, dass es sich um ein Papier des Bundesfinanzministeriums handelt? Die Sätze wirken nämlich wie eine Mitschrift einer typischen WEF-Podiumsdiskussion, wie plagiiert aus dem Drehbuch für ganz großes Reset-Kino. Inklusive der entsprechenden Verdrehungen: „Die ökonomischen Folgen der multiplen Krisen – die Corona-Pandemie und der russische Überfall auf die Ukraine – belasten die deutsche Wirtschaft, aber auch die öffentlichen Haushalte. Zugleich stellen die Dekarbonisierung und der demographische Wandel die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, müssen auch aus steuerlicher Sicht die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen verbessert werden. Gleichzeitig ist der finanzielle Spielraum der öffentlichen Haushalte für steuerpolitische Impulse durch die vorangegangenen Krisen erheblich eingeengt.“
Die größte Verdrehung besteht natürlich schon darin, zu behaupten, die „ökonomischen Folgen“ seien durch Corona bedingt – was falsch ist. Es war genau umgekehrt: Die „Pandemie“ diente zum einen der Verschleierung sowie dem „Öffentlichkeitsmanagement“ einer Rezession (die sich lange angekündigt hatte und in der Presse in einem Zeitraum von circa zwei Jahren davor auch in steigender Artikel-Schlagzahl immer deutlicher abzeichnete), zum anderen natürlich der Einleitung eines technokratischen „Transformationsprozesses“. Nur noch mal zur Erinnerung in Form eines Crashkurses:
Nachdem BlackRock und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in „Arbeitspapieren“ im letzten Quartal 2019 eindringlich davor gewarnt hatten, es müssten (laut BIZ) „drastische Schritte“ unternommen werden, sonst drohe die Verschuldungsspirale von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft schlimmstenfalls in eine Situation wie (ebenfalls BIZ) in Deutschland anno 1923 abzugleiten (!), und zwar auf weltwirtschaftlicher Ebene, dauerte es nur noch wenige Monate, bis die WHO am 11. März 2020 die Pandemie viral machte. Danach war im Wahrheitsministerium („Mainstream“) nur noch die falsche Rede von der „Corona-Rezession“ – über alle anderen Rezessionsursachen, vor allem die gefährliche Geldpolitik der Zentralbanken (Nullzinspolitik, „Quantitative Lockerung“, „Helikoptergeld“) brauchte man praktischerweise kein Wort mehr zu verlieren – denn der Hauptschuldige war ja in Form eines fürs bloße Auge unsichtbaren Feindes ausgemacht. Systemische Krisenursachen waren somit vom Tisch, alles war biologisch verursacht …
Es war die politische Reaktion auf „Corona“, die der Wirtschaft schweren Schaden zufügte. Dadurch wurden vor allem kleine und mittlere Unternehmen zunehmend von staatlichen Hilfen abhängig gemacht.
Nun präsentiert man sich, wer hätte das gedacht, als Retter in der Not: „Wachstumschancengesetz“. Unnötig zu erwähnen, dass die staatliche Förderung solcher „Chancen“ an gewisse Auflagen geknüpft sein wird.
Raten Sie mal, welche Forderungen da in feinstem legislativem Schwurbeldeutsch unter anderem gestellt werden – ist ja fast schon obligatorisch und springt einen auch gleich unter Paragraph 2 an wie eine gedopte Katze: „Paragraph 2 Begünstigte Klimaschutz-Investitionen“
Den genauen Wortlaut der einzelnen Artikel erspare ich Ihnen an dieser Stelle (Sie können ihn unter dem Link am Ende dieses Beitrages selber nachlesen). Unter Artikel 2 wird die autoritäre Absicht jedenfalls sonnenklar: „(2) Das nach Absatz 1 Nummer 1 erforderliche Einsparkonzept muss mithilfe eines Energieberaters oder eines eigenen Energiemanagers (sofern der Anspruchsberechtigte über ein nach DIN EN ISO 50001 oder Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem verfügt) erstellt worden sein und die wesentlichen Anforderungen an ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 im Sinne des Paragraphen 8a des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) erfüllen. Zusätzlich zu den Anforderungen nach DIN EN 16247-1 sind die unter Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 erforderlichen Angaben aufzunehmen. (3) Unternehmensexterne Energieberater müssen im Programm ‚Bundesförderung der Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme: Modul 1‘ (Energieaudit) gemäß der Richtlinie über die Förderung von Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systemen zugelassen sein. Die Beratung muss für das beratene Unternehmen hersteller-, anbieter-, produkt- und vertriebsneutral sowie technologieoffen erfolgen.“
Der letzte Satz in Artikel 3 – „Die Beratung muss hersteller-, anbieter-, produkt- und vertriebsneutral sowie technologieoffen erfolgen“ – ist Augenwischerei, denn im selben Artikel wird ja klargestellt, um was für „Experten“ beziehungsweise Berater es sich handeln wird: um solche, die durch ein Bundesprogramm zugelassen wurden. Heißt konkret: staatlich zertifizierte Berater, sprich regierungshörig. Also solche, die den klimapolitischen Vorgaben der Regierung folgen werden.
Netter Trick: Säge an den Grundlagen des Erwirtschaftens, bringe Unternehmen in Schieflage, sorge für Existenznöte – und lege dann die Auflagen für das Verteilen fest, also wer unter welchen Bedingungen wie viel bekommt.
Dies geht ja auch aus einer anderen Stelle des Entwurfs glasklar hervor: „Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz“.
Das genügt eigentlich schon. Mehr braucht man über diese per gesetz-tem „Recht“ geförderten „Chancen“ gar nicht zu wissen. Ich glaube nicht, mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn ich dazu das berühmte englische Diktum bemühe: „Comply or die“, auf gut Deutsch: Friss oder stirb.
Es gibt andere Punkte im Referentenentwurf, denen man auf den ersten Blick natürlich zustimmen würde: mehr „Steuergerechtigkeit“. Klingt toll. Allerdings ist diese „Gerechtigkeit“ ja ohnehin schon gar nicht mehr gegeben. Was an anderer Stelle des Textes wiederrum deutlich wird, das ist fast schon schwarzer Humor: „Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung“.
Es ist ja schon skandalös genug, Renten überhaupt zu besteuern: Wer ein ganzes Arbeitsleben hinter sich hat und dabei brav Steuern zahlte, sollte diese nicht auch noch an seinem „Lebensabend“ auf seine Rente abtreten müssen. Welch eine Groteske.
Ansonsten geht es im Papier – ebenso erwartbar – weiter in Richtung panoptische Gesellschaft, vulgo gläserner Bürger: „Die Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen wird auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet“, „Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen“.
Kurz: möglichst umfassende Digitalisierung des Rechnungsverkehrs – was einerseits durchaus Vereinfachungen mit sich bringen kann, andererseits aber das große Risiko birgt und den berechtigten Verdacht nährt, dass ein engmaschigeres Überwachungsnetz gespannt werden soll. Ich wäre unterrascht, würden zur Rechtfertigung dieses Vorgehens die üblichen Gründe vorgebracht: Bekämpfung von Geldwäsche, Korruption und wahrscheinlich auch noch Terrorismus.
Bis nächste Woche.
Kommentare
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