Von Weisheit keine Spur: Ökonom empfiehlt Schrecken ohne Ende
Bloß nicht an Ursachen wagen
von Axel B.C. Krauss
Wobei wieder mal alles von der Definition abhängt: Wie hat man angesichts der jüngsten, in der „wochentaz“ („taz“) veröffentlichten Empfehlungen des Ökonomen und „Wirtschaftsweisen“ Achim Truger denn nun „Weisheit“ zu verstehen?
Möchte man als Weisheit die Fähigkeit definieren, aus Erfahrungen zu lernen, also klug zu werden, Sachverhalte nicht nur aus einer, sprich staatlichen beziehungsweise etatistischen, debitistischen und fiskalistischen Perspektive zu sehen sowie ein Problem möglichst umfassend zu analysieren, so fielen die Äußerungen Trugers leider nicht in diese Kategorie, im Gegenteil: Dann wären sie ein abschreckendes Beispiel für Stockblindheit – gerade im ökonomischen Sinne und zu steigenden Lasten der Bevölkerung. Dann liefen sie nicht nur auf den sprichwörtlichen, sondern ganz buchstäblichen „Schrecken ohne Ende“ hinaus.
Definiert man sie jedoch als Fähigkeit, Ursachen geschickt zu verschleiern, zu verdrehen oder gar zu verschweigen, den Bock zum Gärtner oder, wenn man so will, das „kälteste aller Ungeheuer“ zu einer tropenparadiesischen Warmwasserquelle zu machen und dabei obendrein einer mittlerweile doch eigentlich klar erkennbaren, politisch gewollten Enteignungsstrategie zu entsprechen, die ökonomische und somit natürlich auch soziale Kontrolle über Schulden ausübt, müsste man Truger den Wirtschaftsnobelpreis verleihen …
„Der Ökonom und Wirtschaftsweise Achim Truger“, so beginnt der „taz“-Artikel, „empfiehlt, öffentliche Investitionen systematisch mit Schulden zu finanzieren – und schlägt einen Energie-Soli vor“.
Wenn ich der „taz“ einen Rat geben darf: Das Wort „Schulden“ ist verständlicherweise negativ konnotiert. Schreibt in Zukunft einfach „Sondervermögen“, das kommt besser. Welches Personal erarbeitet schon gerne neue Schulden für die Regierung, bis es nur noch den Zehnten übrighat? Ganz schlechtes Nudging. Man muss es den Bürgen besser vermitteln, also lasst sie für Sonder-„Vermögen“ ackern. Davon haben sie wenigstens was …
Und als wäre nicht schon genug „Wirtschaften“ auf Pump betrieben worden, soll auch gleich noch ein neues Bürokratiemonster entstehen: „Energie-Soli“. Also auf Hochdeutsch: umverteilen.
„taz“: Herr Truger, viele sinnvolle Vorhaben lassen sich aufzählen, für die die Bundesregierung zusätzliches Geld ausgeben könnte – Kinderarmut verringern, Schulen und Unis renovieren, in die Bahn investieren, Wohnungen bauen, Industrieunternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Ist der deutsche Staat zu arm, um diese Aufgaben zu erfüllen?“
Ich liebe dieses Neusprech. Einfach famos: „Industrieunternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen“. Und jetzt wieder Klartext: technokratische Kontrolle über die Wirtschaft unter ökologischen Vorwänden etablieren und ausweiten. Ich hatte mich in meinem letzten Beitrag über das neue „Wachstumschancengesetz“ ja schon ausgelassen. Mit „Unterstützung“ hat das nichts zu tun, sondern mit Macht und Kontrolle. Interessierten sei noch einmal die Lektüre des erhellenden Artikels „Nachhaltige Schuldensklaverei“ von Whitney Webb und Iain Davis empfohlen. Dass es dabei um Konzentration und Konsolidierung von Macht geht, „ist im Kleingedruckten der SDGs [Sustainable Development Goals, Ziele für nachhaltige Entwicklung, UN-Agenda 2030, meine Anmerkung] deutlich zu erkennen, denn es wird viel Wert auf Schulden und die Verschuldung von Nationalstaaten (insbesondere von Entwicklungsländern) gelegt, um die Akzeptanz von SDG-bezogenen Maßnahmen zu erzwingen. Es ist daher kein Zufall, dass viele der treibenden Kräfte hinter den SDG-bezogenen Maßnahmen bei der UN und anderswo Karrierebanker sind.“ (Webb, Davis).
„Entscheidend ist“, so Webb und Davis weiter, „dass die Haushaltsbilanz – die Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben einer Regierung – der ‚nachhaltigen Entwicklung‘ Rechnung tragen muss, indem ein ‚finanzieller Spielraum‘ geschaffen wird. Damit wird der Begriff ‚makroökonomische Stabilität‘ von der ‚realen Wirtschaftstätigkeit‘ entkoppelt. Der Klimawandel wird nicht nur als Umweltproblem, sondern auch als ‚ernstes finanzielles, wirtschaftliches und soziales Problem‘ gesehen. Daher muss ein ‚fiskalischer Spielraum‘ geschaffen werden, um die ‚politische Koordinierung und Kohärenz‘ zu finanzieren, die erforderlich sind, um die prophezeite Katastrophe abzuwenden. Ausgabendefizite und steigende Schulden sind kein Problem, denn ein ‚Scheitern bei der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele‘ wäre weitaus inakzeptabler und würde die Schulden noch weiter erhöhen. Dem Steuerzahler können beliebig viele Staatsschulden aufgebürdet werden, um uns vor der viel gefährlicheren wirtschaftlichen Katastrophe zu schützen, die uns angeblich ereilen würde, wenn die SDGs nicht schnell umgesetzt werden.“
Wenn selbst die Weltbank auf ihrer Website unverhohlen zugibt (unter „Macroeconomics – Overview – Strategy“): „Debt is a critical form of financing for the sustainable development goals“ (Schulden sind eine wichtige Form der Finanzierung für die Ziele für nachhaltige Entwicklung), sind alle Fragen dazu eigentlich auch schon beantwortet. Natürlich beeilt man sich, den Nebensatz hinterherzuschicken „… but only when borrowing is done at sustainable levels and in a transparent fashion“ (… aber nur, wenn die Kreditaufnahme auf nachhaltigen Niveaus und transparente Weise erfolgt).
Was natürlich die Frage aufwirft, wer eigentlich definiert, was denn „nachhaltige“ Kreditaufnahme sein soll und inwiefern der ganze Spaß zulasten der Bürgen dann angeblich „transparent“ ist. Allein die Tatsache, dass es die Politik nötig hat, neue Schulden hinter kindischen Tarnbegriffen wie „Sondervermögen“ zu verstecken, spricht schon Bände.
Ganz zu schweigen von der „Transparenz“ der vorgeschobenen Gründe, hinter dem so mancher kluge Kopf ganz andere Motive vermutet als pure Liebe zur Umwelt. Mit „kluger Kopf“ meine ich beispielsweise John C. Clausen, der 2022 den Nobelpreis für Physik erhielt und sich wie folgt dazu äußerte: „Das populäre Narrativ über den Klimawandel spiegelt eine gefährliche Korruption der Wissenschaft wider, die die Weltwirtschaft und das Wohlergehen von Milliarden von Menschen bedroht. Die fehlgeleitete Klimawissenschaft hat sich zu einer massiven schockjournalistischen Pseudowissenschaft ausgeweitet. Diese Pseudowissenschaft wiederum ist zum Sündenbock für eine Vielzahl anderer, nicht damit zusammenhängender Übel geworden. Sie wurde von ähnlich fehlgeleiteten Marketingvertretern, Politikern, Journalisten, Regierungsbehörden und Umweltschützern gefördert und verbreitet. Meiner Meinung nach gibt es keine echte Klimakrise. Es gibt jedoch ein sehr reales Problem bei der Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards für die große Weltbevölkerung und eine damit verbundene Energiekrise. Letztere wird durch die meiner Meinung nach falsche Klimawissenschaft unnötig verschärft.“
Ja, sie wird unnötig verschärft. Absichtlich. Nennt sich „besser zurückbauen“ (Build Back Better), nennt sich „Limits of Growth“, nennt sich neomalthusianische Deindustrialisierungs-Agenda, nennt sich „Großer Reset“, nennt sich „clubgemachter Römerwandel“, wie ich gerne sage – Namen sind Schall und Rauch. Tatsache ist, dass hier politisch und pressepropagandistisch nachgeholfen wird.
Stellt sich nun die Frage, wie sich dieser Wahnsinn stoppen ließe. Eigentlich nur, wenn die Bevölkerung auf breiter Front die nötigen Informationen über die Motive hinter dieser Agenda erhält. Veröffentlichungen dazu gibt es genug, aber die Wirkung hängt bekanntlich von der Reichweite ab. Auf den journalistischen Mainstream braucht man hier – offensichtlich genug – wohl nicht mehr zu hoffen.
Und sonst? Theoretisch müsste es – ich weiß, eine lächerliche Vorstellung – eine Anhörung zum Beispiel im Bundestag dazu geben, bei der nicht nur die gekauften, sprich politisch eingenordeten Agendadiener („Klima-Experten“) zu Wort kommen, sondern eben auch anderslautende Meinungen wie die eines John Clausen sowie all der anderen Wissenschaftler, die dem widersprechen. Es müsste also das gesamte verfügbare Spektrum wissenschaftlicher Stimmen dazu gehört werden. Wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist, kann sich angesichts der Vehemenz, mit der diese „Klima“-Politik schon seit Jahren und in jüngster Zeit in verschärfter Form durchgeboxt werden soll, jeder selbst ausrechnen.
Trotzdem sollte man nicht aufgeben. Es hängt zu viel davon ab. In einer Zeit wie der jetzigen noch mehr Schulden (!) anzuhäufen, ist schlicht untragbar und gefährdet die vielbeschworene „Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland“ massiv.
Bis nächste Woche.
Kommentare
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