Zeitgeschichte: Revitalisierung des Liberalismus
Ein Erster Liberaler Kongress der Schweiz
von Carlos A. Gebauer (Pausiert)
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Von Cham aus ist Karin Bieri seit gut drei Jahren damit befasst, Unternehmer aus der Schweiz zusammenzuführen. Ihre erfolgreiche Arbeit hat sie nun auch ermutigt, neben dem Kerngeschäft der Unternehmer-Vernetzung einen weiteren thematischen Akzent zu setzen: die Revitalisierung des Liberalismus in der Schweiz.
Üblicherweise blicken insbesondere bürgerliche Augen mit einiger Sehnsucht von Deutschland aus in die Schweiz, wo eigenverantwortliche Lebensgestaltung, Selbstbestimmung und frei gewählte Vereinigungen noch einen höheren Stellenwert haben als im nördlichen Nachbarland. Der große Liberale Robert Nef beklagt zwar seit geraumer Zeit, dass die Zwangssozialisierungstendenzen der deutschen Staatsorganisation Stück für Stück auch in Helvetien Einzug hielten: „Bei uns kommt alles mit 15 Jahren Verspätung an.“ Doch die jüngste Vergangenheit mit ihren in Westeuropa lange ungesehenen Menschenrechtssuspendierungen hat auch manche Schweizer für den Gedanken der Grundrechte wieder neu wachgeküsst.
So war wenig erstaunlich, dass sich am 30. August 2023 weit mehr als hundert Kongressteilnehmer in Glattfelden bei Zürich einfanden, um über die Geschichte und die Perspektiven des Liberalismus zu beraten.
Kompetent und sympathisch moderiert von dem immer souveränen Reto Brennwald betrachteten die Referenten die Lage des Liberalismus in und um die Schweiz, beleuchteten Fragen des Geldes und der Inflation, der Energiepolitik und des Medienwesens. In anschließenden Paneldiskussionen, Workshops und ungezählten Einzelgesprächen entstanden viele neue Kontakte im Geiste des bürgerlichen Ethos. Zuletzt erörterten Journalisten von „Weltwoche“, „NZZ“, „Nebelspalter“, „Schweizer Monat“ und Kontrafunk die Lage der Medien im Gesamtkontext.
Da auch mir eine kleine Rolle bei dem Kongress zugedacht war, nahm ich Gelegenheit, die Versammelten auf die historischen Verdienste des Liberalismus für unsere Demokratien und unsere Republiken hinzuweisen. Anschließende Reaktionen aus dem Publikum förderten die erfreuliche Erkenntnis zutage, dass meine Darstellung dem einen und der anderen eine bislang unbeachtete Perspektive auf den Gang der europäischen und westlichen Geschichte hatte aufzeigen können: Würde der englische Adel die zentralistischen Machtvorstellungen des Königs nicht mit der Magna Carta von 1215 eingebremst haben, gäbe es heute vielleicht weder die Idee eigenständiger Kantone in der Schweiz noch die kommunale Selbstverwaltung der Bundesrepublik Deutschland. Würden die Vordenker der Reformation nicht der Dezentralität und der Eigenverantwortung den Weg bereitet haben, sähen wir vielleicht bis heute nur Untertanen statt mündiger Staatsbürger. Würden sich nicht mutige Männer zusammengefunden haben, um den Habeas Corpus Act zu formulieren, blieben vielleicht auch heute noch Verhaftete ohne richterliche Prüfung in Gefangenschaft. So sind die Freiheitskämpfe der Arbeiterbewegung, der christlichen Parteiengründungen und sonstige Bünde aus Gleichgesinnten am Ende nur möglich geworden, weil individuelle Freiheitsräume, Versammlungsrechte und Vereinigungsbefugnisse diese Handlungen vorbereitet haben. Es lässt sich sogar die These wagen: Ohne die liberale Emanzipation des Einzelnen hätte die Menschheit vielleicht weder einen Aufruf gehört, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, noch auch die Früchte einer auf individueller Kreativität und Handlungsmut beruhenden Industriellen Revolution ernten können.
Inmitten Europas wird dieses Bewusstsein für den Liberalismus aktuell wiederbelebt. Das kann dem Lebensstandard der Welt, einem friedlichen Zusammenleben und einem intelligenten Umgang mit natürlichen Ressourcen nur guttun.
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