10. September 2023 08:00

Freiheitsespresso III Empathie und Champions of the Poor

Mitfühlen und sich für andere Menschen einsetzen, das sind zwei Merkmale, die Freiheitsfreunde viel stärker vorleben dürfen

von Michael von Prollius (Beendet)

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Bildquelle: Shutterstock Voraussetzung für den Erfolg freiheitlicher Ideen: Empathie

Empathie ist die gleichzeitige Bereitschaft und Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzufühlen. Die „Bleeding Heart Libertarians“ (BHL) haben fast 10 Jahre die Philosophie freier Märkte und beschränkter Regierung mit Themen sozialer Gerechtigkeit wie Armut, Rassismus, sexueller Gleichberechtigung und Rechten von Einwanderern auf ihrem Blog thematisiert. Zu ihnen gehörten unter anderem Roderick Long und Steven Horwitz (1964-2021). Einer der besten Schlagzeuger der Welt, Neil Peart (1952-2020), Rockband Rush, bezeichnete sich als „Bleeding Heart Libertarian“. Ich habe ihm und Rush ein kleines Freiheitsportrait im zweiten Band meiner Trilogie „Freiheitsliebe“ gewidmet („Mehr Freiheitsliebe“, 2019).

Die BHL setzten sich aus verschiedenen Strömungen von Freiheitsfreunden zusammen, darunter Anarchisten, Minarchisten, klassische Liberale und auch Sozialliberale, die für ihre wohlfahrtsstaatfreundliche Haltung kritisiert wurden. Zerstreiten können sich Freiheitsfreunde besonders gut. Es geht auch anders wie Stefan Blankertz und ich verschiedentlich aufzuzeigen versuchen, etwa in unserem anarcholiberalen Buch und Bargespräch „Die Vincent-Sessions“.

Mir geht es jedoch um etwas anderes als Ideengeschichte, genauer um zwei Dinge.

Erstens: Die BHL haben sich mit Empathie und Vernunft für ein besseres Leben von Menschen eingesetzt, die nicht zu den Wohlsituierten gehören.

Zweitens: Soziale Gerechtigkeit ist bei aller Problematik des Begriffs ein Thema, das mit Vehemenz zurückgekehrt ist. Und zwar nicht als Steilpass für eine staatliche Umverteilungsmaschinerie, sondern als Leid arbeitender Menschen verursacht durch Geldpolitik, Coronapolitik, Inflationspolitik, Mieten- und Immobilienpolitik. Durch einen Stopp von Interventionismus und Inflationismus kann es gelindert werden.

Wenn die besseren Ideen der Liberalen und Anarchisten gehört werden sollen, dann werden zwei Strategien, die mit Wertschätzungen einhergehen, einen Beitrag leisten können. Führen über Visionen und wieder zum „Champion of the Poor“ werden.

Führen über Visionen ist eine Verhaltensweise, die sich aus den umfassenden praktischen und alltagsphilosophischen Erkenntnissen des libertären Managementberaters Reinhard K. Sprenger gewinnen lässt. Ihm geht es sowohl in Organisationen als auch in Gesellschaft um dezentrale Strukturen, um Menschen, die sich selbst motivieren und spüren, dass es auf sie ankommt. Das gelingt, wenn Führen als dienende Haltung verstanden wird, Führung und Teammitglieder als Teil eines Ganzen. Führung wird dann aus der Zukunft gedacht und verschafft dem Werdenden Raum statt nur Möbliertes umzustellen. Das erinnert an Antoine de Saint-Exupéry, der für das Bauen eines Schiffes empfahl, zuallererst in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem großen und schönen Meer zu erwecken. Erst Freiheitssehnsucht lehren, dann das Freiheitswerk verrichten. Freiheitsutopien als Visionen.

Das gab es schon einmal. Einer der Manchester-Kapitalisten, Richard Cobden, wurde als Held der Armen, als „Champion of the Poor“, verehrt. Ihm zu Ehren wurden in vielen Städten Statuen errichtet. Die Manchester-Kapitalisten besiegten mit ihrer Liga zur Abschaffung der Getreidezölle 1846 ein für alle Mal den Hunger in Großbritannien. Dabei mobilisierten sie tausende Menschen, eine Massenbewegung entstand.

Liberale möchten, dass es den Menschen gut geht. Nicht mehr und nicht weniger. Liberalismus ist eine Lehre des vielfältigen Nutzens für alle Menschen. Das darf viel stärker und empathischer herausgestellt werden.

Henry Hazlitt brachte es in seinem Buch „The Conquest of Poverty“ (1973) auf den Punkt: „Das eigentliche Problem von Armut ist nicht ein Problem der ‚Verteilung‘, sondern der Produktion.“

Hazlitt verwarf Grundeinkommen, negative Einkommenssteuer und progressive Einkommenssteuer, weil sie den Armen mehr schaden als den Reichen. Die Hauptsache, die der Staat tun könne, sei die freie Marktwirtschaft zuzulassen und zu fördern, damit sie funktioniere.

Eine empathische Realisierung dieser Erkenntnisse wäre zum Beispiel handfestes, privates Engagement vor Ort für diejenigen, die es nötig haben. Das ist zuallererst Arbeit, die für andere Menschen nützlich ist, und zugleich ein Beitrag zur Produktion. Perspektivisch kann verwertbare Bildung dazugehören. Offene Stellen gibt es in Deutschland en masse.


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