27. September 2023 13:00

Promi-Kult Ich bin ein Star – holt mich zur Narrativkontrolle!

Weitere Bemerkungen zur Psychologie des „prominenten“ Massenformierungskultes zum Zwecke des erleichterten Massenmanagements

von Axel B.C. Krauss

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Bildquelle: Dooley Productions / Shutterstock „Megastar“ Russell Brand: Gegen ihn wird derzeit wegen sexueller Übergriffe ermittelt

Es mag „Stars“ geben, die wirklich rauswollen. Vorausgesetzt, sie verstehen die psychologische Methodologie von Herrschaft. Dann besteht eine reelle Chance, dass sie ihre „Gefolgschaft“ darauf hinweisen, das Bessere zu tun: selber denken statt bloß zu „folgen“. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie oft ich dieses vortreffliche Zitat aus einer Szene der allseits bekannten Weltraumoper „Star Wars“ gebracht habe, in der Obi-Wan Kenobi Han Solo fragt: „Wer ist der größere Tor? Der Tor oder der, der ihm folgt?“

Ob die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs, die gegen den britischen Komiker, Schauspieler und politischen Aktivisten Russell Brand nun erhoben wurden, zutreffen, weiß ich bislang nicht. Gut möglich, dass sie – wie vor einer Woche in einigen Alternativmedien vorschnell behauptet wurde – eine reine Erfindung sind, um ihn zu diskreditieren. Ebenso möglich ist allerdings, dass sie zutreffen, aber zu einem opportunen Zeitpunkt präsentiert wurden – nämlich dann, als er „zu gefährlich“ wurde und der geneigten Öffentlichkeit Informationen präsentierte, die nicht bekannt werden sollen. Man denke nur zurück an einen Dominique Strauss-Kahn, dessen sexuelle Umtriebe auf nachrichtendienstlicher Ebene bereits lange bekannt gewesen waren, bevor sie – aus politischen Motiven – sehr publikumswirksam veröffentlicht wurden.

Was Brand betrifft, habe ich mit der Deutung, er sei „dem System zu gefährlich“, größte Probleme. Ganz einfach deshalb, weil er bisher nichts veröffentlicht hat, was andere nicht schon lange vor ihm publiziert hätten. Keine einzige wirklich „heiße“ Enthüllung, nichts, was man woanders nicht viel ausführlicher und ergiebiger erfahren hätte. Eigentlich springt Brand nur auf Züge auf, er wirkt auf mich wie ein Trittbrettfahrer, der sich gerne bei anderen – die weniger bekannt sind als er – clever bedient und das Ganze dann als große Sensation präsentiert. Kurz, ich halte ihn für einen aufgeblasenen Selbstdarsteller. Man kann sich gerade bei ihm, der schon in der Vergangenheit dieses Verhalten zeigte (nur zu gerne inszenierte er sich in Jesus-Pose, hallo Messias-Komplex), vortrefflich streiten, ob es ihm ernst ist mit „Aufklärung“ – oder ob er nur einer dieser eitlen Gockel ist, wie man ihnen gerade unter „Künstlern“ in der Popkultur ja sehr häufig begegnet.

Ich schätze, ich renne damit wohl offene Türen ein, denn das ist alles nichts Neues, und Brand wäre ja nicht der Erste, der sich durch allerlei Eskapaden – und seien es auch „alternative“ – über der Wasserlinie größerer Bekanntheit zu halten versucht. Als hätte eine Pamela Anderson („Baywatch“), die weniger durch schauspielerisches Talent als vielmehr durch Körbchengröße glänzte, nicht schon viel früher exzessiv durchexerziert, wie man im „öffentlichen Bewusstsein“ bleibt: Sex-Geschichtchen nonstop und Verträge mit der Yellow Press, regelmäßig darüber zu berichten – Hauptsache, man wird nicht vergessen. Nicht selten hat man es mit einem regelrechten Ego-, „Star-„ und Personenkult zu tun, dem die eigene Popularität wichtiger ist als andere. Ganz zu schweigen natürlich von den finanziellen Vorteilen, die solche Berühmtheit mit sich bringt. Was bei Brand nun der Fall war oder ist, interessiert mich nicht die Bohne – denn es gibt ganz einfach weitaus bessere Informationsquellen als ihn.

Problem ist nur: Die kennt ja „niemand“. Oder kaum jemand.

Und damit bin ich beim Kernproblem eines Massenformierungs- und Gefolgschaftskultes, der sich nicht umsonst eben dieses „Starkultes“ bedient – nämlich zum Zwecke der Narrativkontrolle. Die zugrunde liegende Methode hatte ich in zurückliegenden Beiträgen bereits erläutert, sie ist auch bekannt als „Aufmerksamkeitsbindung“. Indem man sich nur auf „Stars“ konzentriert oder, besser, den Blick der Öffentlichkeit darauf fokussiert, braucht man über alles andere nicht mehr zu sprechen. Wenn man es obendrein auch noch schafft, diese Stars und Sternchen auf die eigene Seite zu ziehen und von den eigenen Anliegen zu überzeugen, hat man ein sehr wirkmächtiges Instrument des „Nudging“ an der Hand.

Als also ein George Clooney, Mitglied des „Council on Foreign Relations“, der Denkfabrik in Sachen US-Außenpolitik schlechthin, zu Eskalationszeiten des Syrienkonfliktes vor einigen Jahren seine Landsleute dazu aufforderte, sich hinter die offizielle Linie der US-Regierung zu stellen und diesen Krieg zu unterstützen, denn man habe ja eine „Verantwortung in der Welt“, ist das ebenso unterraschend wie eine Angelina Jolie, Mitglied des, nun ja, „Council on Foreign Relations“, die sich – wie letztes Jahr geschehen – voll und ganz hinter die Insektenfresserei des Weltwirtschaftsforums stellte und ein Video veröffentlichte, in dem man ihr dabei zusehen konnte, wie sie ihren Kindern mit weltbekanntem Lächeln die Zubereitung von allerlei krabbelndem Viehzeug demonstrierte. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass man natürlich auch den clubgemachten Römerwandel mit dem eigenen Promistatus pimpt.

Das heißt selbstverständlich weder, dass solche Leute per se boshafte Absichten hegen, noch stellt es ihre anderen Errungenschaften in Abrede. Clooney ist ein charismatischer Darsteller und ein guter Regisseur – das hat er mehrfach unter Beweis gestellt. Es schließt aber leider nicht aus, dass man sich gerade dieses Ansehens und tatsächlich gut gemeinter Absichten (die bekanntlich nicht immer auch gut gemacht sein müssen) bedient, um den „Massen“ Agenden schmackhafter zu machen, die sie – nüchtern betrachtet, unbesoffen von Starkohol – vielleicht eher hinterfragen würden.

Apropos Charisma. Beinahe hätte ich geschrieben, ich trüge Eulen nach Athen, doch das wäre eine Untertreibung: Ich würfe mausetote Eulen in ein Stadion voller altbekanntem Wissen, würde ich abermals darauf hinweisen, dass es sich um eine lange erprobte Herrschaftsmethodik zur Narrativkontrolle handelt.

Da jedoch in letzter Zeit solche kindischen Star-Kulte wieder Urständ feiern – leider vor allem im alternativen Sektor, der es eigentlich längst viel besser wissen müsste –, anbei noch mal das äußerst erhellende Zitat des scharfsinnigen Zbigniew Brzeziński, der – ungeachtet dessen, was man von seinen politischen Ansichten ansonsten halten will – ganz vortrefflich auf den Punkt brachte, worum es dabei geht. Aus seinem Buch „Zwischen zwei Zeitaltern. Amerika in der technetronischen Ära“ (erschienen Anfang der 1970er Jahre): „Eine andere, weniger offensichtliche, aber nicht weniger grundlegende Bedrohung betrifft die liberale Demokratie. Sie steht in direkterem Zusammenhang mit den Auswirkungen der Technologie und betrifft die allmähliche Entstehung einer stärker kontrollierten und gelenkten Gesellschaft. Eine solche Gesellschaft würde von einer Elite beherrscht, deren politischer Machtanspruch sich auf ein angeblich überlegenes wissenschaftliches Know-how stützen würde. Ungehindert von den Beschränkungen traditioneller liberaler Werte würde diese Elite nicht zögern, ihre politischen Ziele zu erreichen, indem sie die neuesten modernen Techniken zur Beeinflussung des öffentlichen Verhaltens einsetzt und die Gesellschaft unter strenger Überwachung und Kontrolle hält.“

Nun zur entscheidenden Passage: „In der technisierten Gesellschaft scheint der Trend dahin zu gehen, die individuelle Unterstützung von Millionen unorganisierter Bürger zu bündeln, die leicht in der Reichweite magnetischer und attraktiver Persönlichkeiten sind und die neuesten Kommunikationstechniken effektiv zu nutzen, um Emotionen zu manipulieren und den Verstand zu kontrollieren.“

Das muss nicht weiter kommentiert werden. In der Reichweite „magnetischer“ und attraktiver Persönlichkeiten zum Zwecke der Manipulation. Charismatiker. Promis, Stars. Unter Nutzung der neuesten Kommunikationstechniken wie zum Beispiel des Internets.

Das erinnert mich an die „Kommunikations“-Strategie, die von einer PR-Firma namens „Edelman“ in Kooperation mit dem Weltwirtschaftsforum ausgearbeitet wurde und der zufolge Prominente eingesetzt werden sollten, um gewünschte Narrative leichter unter die Leute bringen zu können. So spielt der Zufall nun mal: So wie man bei „Corona“ in den ersten Monaten lauter „Promis“ ins Guckfenster stellte, die der Bevölkerung eindringlich einzubläuen versuchten, sich doch bitte unbedingt an die staatliche Pandemiepolitik zum „Gesundheitsschutz“ zu halten.

Goldene Faustregel: Wann immer Ihnen jemand mit einem „Starkult“ vor der Nase herumwedelt oder Sie mit „Promi-Parfum“ zu benebeln versucht, können Sie gleich abwinken. Bekanntheitsgrad, Views, Klicks, „Starstatus“ et cetera, et cetera sind erst mal irrelevant und werden zudem auch sehr gerne zur „Überrumpelung“ gemäß dem steinalten Diktum „Kleider machen Leute“ eingesetzt. Obwohl es in diesem Kontext eher heißen müsste: Kleider machen Zustimmung. Oder sollen es zumindest.

Entscheidend ist die Qualität der Informationen (sofern es überhaupt substanzielle gibt). Das war’s.

Darauf – nur darauf, auf den Informationsgehalt – sollte man achten. Hat das alles überhaupt Hand und Fuß? Ist es glaubwürdig? Kann ich das irgendwie selber überprüfen, kann ich es bestätigen, statt es gleich unbesehen weiterzuverbreiten, nur weil es von einem Promi stammt?

„Es sei eine ‚schmerzliche Woche‘ gewesen, sagt Russell Brand, nachdem ihm mehrere Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen haben. Doch statt sich zu den Vorwürfen zu äußern, startete der britische Komiker dann lieber eine Attacke gegen die Regierung und IT-Konzerne“, heißt es in einem Artikel der „Welt“ vom 23. September 2023.

Regierung und den „Big-Tech“-Sektor angreifen. Wow. Dazu braucht man übermenschlichen Mut. Das ist ja Brand-neu (pun intended). Welch ein Held. Aber vielleicht erzielt er mit diesem Video ja drölfzig Millionen Klicks. Und das ist es doch, was in solchen Kreisen zählt.

Die gute Nachricht ist, dass – wenn ich mich in meinem privaten Umfeld umhöre – kaum noch jemand einen Cent darauf gibt, was irgendwelche „Superstars“ ihnen erzählen wollen. Mehr noch: Es nervt meistens nur noch. Das ist natürlich nicht verborgen geblieben, und genau deshalb schoss ein anderer britischer Komiker, Ricky Gervais, bei den Golden Globes 2020 ja auch seine mittlerweile fast schon legendäre Philippika ab, die hiermit wiederholt sein soll: „Solltet ihr heute gewinnen, nutzt es bitte nicht als Plattform für eine politische Rede. Ihr befindet euch in keiner Position, die Öffentlichkeit über irgendetwas zu belehren. Ihr wisst nichts über die reale Welt. Die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg. Also wenn ihr gewinnt, kommt einfach hier rauf, akzeptiert euren kleinen Preis, dankt eurem Agenten und eurem Gott und verpisst euch.“

Bis nächste Woche.


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