06. August 2025 11:00

„Pflichtlektüre“ Wie Courtenay Turner die Messlatte auf ein Hochhaus legte

Über einen weit herausragenden Artikel

von Axel B.C. Krauss drucken

Artikelbild
Bildquelle: kentoh / Shutterstock Teil von „Game B“: Die Verschmelzung von Mensch und Maschine

Wäre ich Multimillionär, würde ich den Artikel aus der Feder von Courtenay Turner, den ich unlängst einzudeutschen die Ehre hatte, in Flugblattform über ganz Deutschland abwerfen lassen – obwohl der Artikel recht umfangreich ist. Wahrscheinlich müsste ich ihn eher als kleinformatiges Buch auf Paletten in Großstädten auslegen: Komm auch du, greif zu. Ja, kostenlos, quasi als Schenkung. Der Text ist es definitiv wert.

Ich habe in den letzten fünf Jahren für meine Website knapp 2.200 Artikel zusammengetragen. Und dafür ein kleineres gesundheitliches Opfer erbracht. Jetzt habe ich leichte Beschwerden in der rechten Hüfte und ein bisschen Rückenschmerzen. Worauf ich nicht deshalb hinweise, um auf die Tränendrüse zu drücken – es sind keine chronischen Erscheinungen, ich kann sie durch eine langsamere Gangart und mehr Bewegung als in dieser arbeitsintensiven Zeit auch wieder abstellen –, sondern um die Dringlichkeit zu unterstreichen, wie dem „Wissensnotstand“ in Deutschland, wenn es um bestimmte Themen geht, unbedingt entgegengewirkt werden musste. Also derjenigen Informationsschieflage, die, wie ein Blick in internationale Online-Gefilde schnell verrät, nur zu dem Schluss führen kann, dass man in Deutschland dem aktuellen Erkenntnisstand zu weit hinterherhinkt – teilweise sogar um Jahre. Da ich nicht bereit war, das länger hinzunehmen, habe ich mich eben hingesetzt und gearbeitet wie ein Ackergaul.

Letzte Woche stieß ich dann auf besagten Artikel Turners – und war nach langer Zeit mal wieder richtig sprachlos. Denn einen so phantastisch recherchierten und vor allem geschriebenen Artikel mit dieser hohen Informationsdichte und analytischen Tiefenschärfe gab es schon seit langer Zeit nicht mehr zu lesen. Das einzige Manko: Der Titel ist gewiss etwas ungeschickt gewählt. Nicht weil er falsch wäre, sondern weil viele Menschen, wenn sie ein Wort wie „Verschwörung“ lesen, gleich abwinken und „denken“, es könne sich nur um unseriöses Zeug handeln – „dank“ erfolgreicher Konditionierung durch die Torwächterpresse. Der ganze Titel lautet: „Die transhumanistische Verschwörung von Epstein: Wie die ‚bewusste Evolution‘ von Game B eine von Eugenik getriebene technokratische Machtübernahme verbirgt“.

Er enthält also gleich zwei Begriffe, die aufgrund besagter Informationsschieflage leider noch nicht weit genug verbreitet sind: Transhumanismus und „Game B“. Ersterer ist sicher etwas bekannter als „Spiel B“ – also was genau ist das? Es handelt sich dabei um eine politisch-philosophische Strömung, die in jüngster Zeit auch unter dem Etikett der „Dunklen Aufklärung“ („Dark Enlightenment“) zumindest in Ansätzen Einzug in die alternativmedialen Diskussionen über diejenige Entwicklung hielt, die wiederum unter dem Schlagwort „Technokratie“ verbucht wird. In allerkürzester Form: Expertenherrschaft auf Basis technisch-wissenschaftlicher Gesellschafts- und Wirtschaftssteuerung. Weitere Schlagworte: Effizienzsteigerung (um jeden Preis), Sozialkybernetik und eben besagte transhumanistische Konzepte, also die „Verschmelzung von Mensch und Maschine“, „Unsterblichkeit“, Kryogenik, Augmentierung von Menschen, zum Beispiel mittels Bio- und Nanotechnologie.

Auf politischer Ebene: gründliche Zerschlagung beziehungsweise Zerstörung der etablierten Machtstrukturen und -hierarchien, die als „Game A“ bezeichnet werden – das, was die „dunklen Aufklärer“ als „Kathedrale“ bezeichnen. Auch hier mag die Kurzform genügen (ich hatte bereits darüber geschrieben): ein akademisch-politisch-medialer und ökonomischer Komplex, der sich so verfestigt, „eingesessen“ und -geschliffen hat und seine Vormachtstellung rabiat zu verteidigen versucht, dass Reformversuche von außen als hoffnungslos angesehen werden. Stattdessen die Beschleunigung („Akzelerationismus“) dieser bewussten „kreativen Zerstörung“ durch eine Art „Marsch durch die Institutionen 2.0“, also durch die Besetzung von Machtpositionen in dieser Hierarchie unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen, um das „Spiel B“ als „Phönix“ aus der Asche von Spiel A, also des alten, hinfällig gewordenen und als nicht zukunftsfähig angesehenen Systems aufsteigen zu lassen.

Es gibt sogar eine metaphysische oder spirituelle Ebene in dieser Philosophie: diejenige der „spirituellen Auslese“ nach darwinistischem Muster, die auf das Konzept der „Noosphäre“, der „kollektiven planetaren Intelligenz“ des Jesuitenpaters Pierre Teilhard de Chardin zurückgreift. Wobei die Betonung auf „kollektivistisch“ liegt, man könnte auch sagen: einer „planetaren Schwarmintelligenz“, die von „Philosophenkönigen“ – wie sie früher genannt und mit dem Siegeszug des modernen naturwissenschaftlich-technisch geprägten Weltbildes durch „Experten“ ersetzt wurden – regiert werden soll. Im Wesentlichen läuft es also auf eine planetare beziehungsweise globale Regierung hinaus, die – darin liegt einer der größten Problempunkte der Philosophie von „Spiel B“ – nur von den dazu „befähigten“ oder aufgrund ihrer höheren spirituellen Entwicklungsstufe (unter dem Begriff der „bewussten Evolution“) „berechtigten“ Eliten geführt werden soll.

Nun habe ich schon recht viel geschrieben, bin aber noch gar nicht auf Turners Artikel eingegangen. Gut. Sehr gut. Denn jeder sollte ihn in seiner ganzen Länge selber lesen. Zwei kurze Ausschnitte zur Verdeutlichung der Qualität des Textes mögen genügen: „Wir werden untersuchen, wie Game B historische Technokratien widerspiegelt – von Technocracy Inc. aus dem Jahr 1937, die ‚Social Engineering‘ ohne Politiker befürwortete, bis hin zu Pierre Teilhard de Chardins ‚Noosphäre‘, einem planetarischen Geist, der Menschen zu einer technologievermittelten Superintelligenz verschmilzt. Es stützt sich auf Barbara Marx Hubbards ‚spirituelle Eugenik‘, bei der ‚unentwickelte‘ Elemente für den planetarischen Fortschritt aussortiert werden, und H. G. Wells’ ‚World Brain‘, ein von Experten kuratiertes Wissenssystem. Im Jahr 2025, inmitten eines KI-Booms und von Vertrauensdefiziten, droht das Versprechen von Game B, die Macht in den Händen der Code-Meister zu festigen – den Designern von Algorithmen, die uns als Daten verarbeiten und nicht als souveräne Akteure. Was, wenn ‚bewusste Evolution‘ keine Befreiung ist, sondern ein Entwurf für Kontrolle? Indem wir diese Fäden aufgreifen – Epsteins Finanzierung als Inkubator, SFI als Geburtsort, Thiels Einfluss als Verstärker –, zeigen wir, dass Game B keine Flucht aus Game A ist, sondern dessen raffinierte Weiterentwicklung: eine potenzielle technokratische, transhumanistische Machtübernahme, getarnt als Erlösung.“

Abschließend Exzerpt Nummer zwei und eine Bitte: „Das Grundkonzept von Game B, die ‚bewusste Evolution‘ – die bewusste Steuerung der biologischen, kulturellen und technologischen Entwicklung der Menschheit – klingt wie ein nobler Sprung nach vorn, ein kollektives Erwachen aus den blinden Kräften der natürlichen Auslese. Befürworter stellen es als dringende Antwort auf die ‚Metakrise‘ dar, bei der Instrumente wie KI, Blockchain und Psychotechnologien eingesetzt werden, um ‚Omni Win‘-Ergebnisse und eine planetarische Verantwortung zu fördern. Dieses Konzept hat jedoch dunklere ideologische Wurzeln, in denen spiritueller Mystizismus mit eugenischen Ambitionen, historischen technokratischen Entwürfen und darwinistischen Rechtfertigungen für die ‚Verbesserung‘ des Menschen vermischt sind. Weit entfernt von einem harmlosen Paradigmenwechsel, birgt die bewusste Evolution die Gefahr, die Kontrolle der Elite zu festigen, in der eine ‚entwickelte‘ Minderheit unter dem Deckmantel der kollektiven Intelligenz über das Schicksal der Massen entscheidet. Da KI diese Ideen beschleunigt, sind die Gefahren größer denn je: eine noosphärische Ordnung, die die Handlungsfähigkeit des Einzelnen untergräbt, diskreditierte Hierarchien wiederbelebt und den Weg für einen subtilen Autoritarismus ebnet, der sich als Fortschritt tarnt.“

Ich bitte Sie herzlich darum, diesen weit herausragenden Artikel unter dem untenstehenden Link herunterzuladen und sich die Zeit zu nehmen, ihn aufmerksam zu lesen. Vielleicht an einem Samstag- oder Sonntagabend. Je nach persönlichem Vorwissen kann es sein, dass man manche Begriffe vielleicht nachschlagen oder etwas länger über das Gelesene nachdenken muss, wird dann allerdings damit belohnt, sich an vorderster Front des derzeitigen Erkenntnisstandes zu befinden. Es ist keineswegs übertrieben: Turners Artikel bildet die derzeitige Speerspitze, wenn es um die ideologischen und philosophischen Fundamente der heutigen technokratischen Bewegung geht.

Bis nächste Woche.

Artikel von Courtenay Turner


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.