29. September 2023 12:00

Medizin und Weltliteratur Goethe und die Jahresauffrischungstherapien

Oder: Faust und das Meer des Irrtums

von Carlos A. Gebauer (Pausiert)

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Bildquelle: illustrissima / Shutterstock Bereits Goethe sagte in seinem Werk „Faust“: Ärzte tob(t)en mit ihren „Arzeneien“ oft schlimmer als die Pest …

Corona und kein Ende. Nach wie vor erreichen mich täglich neue Nachrichten, welche jüngsten Informationen es zu teilen gebe. Immer tiefer dringt die Scientific Community ein in die Wunderwelten des Virus und entschlüsselt die Funktionsmechanismen der einschlägigen „Impfarzneien“, von denen manche sogar sagen, man solle sie nicht „Impfungen“ nennen, da sie das gar nicht seien. Ist mRNA eine terminale Rettung der Menschheit? Oder sind die modRNA-Stoffe nur ein gefährliches Teufelszeug – geschaffen, um Unfrieden zu stiften?

Ich weiß es nicht und mag mir nicht anmaßen, hier in Ansehung streitender Experten ein Urteil zu fällen. Erst recht nicht (schon) jetzt. Und erst recht nicht abschließend. Tatsache aber ist: Immer mehr Mandanten melden sich bei mir und bitten um Hilfe wegen „Impfschäden“. Die Geschichten, die sie mir erzählen, sind – milde gesprochen – anrührend. Missempfindungen nach Erst- und Zweitbehandlung. Nach der dritten Spritze dann das Ausbrechen diffusester Symptome. Spontane Zusammenbrüche. Koordinationsverluste. Arbeitsunfähigkeit. Erblindung.

Ungerührt publizieren selbst Ärzte in Zeitungen Aufrufe, sich immer weiter impftherapieren zu lassen. Wohin wird das führen? Klar ist, dass Ärzte vor einer Therapie aufzuklären haben. Und das ist, will man es gesetzeskonform machen, eine Herkulesaufgabe. Wer etwa ein fünfjähriges Kind zum Arzt bringt, der wird erläutert bekommen müssen, welche Bedeutung eine jetzige gentherapeutische Manipulation am Kinderkörper mutmaßlich bedeutet, wenn in der erwarteten statistischen Lebensdauer von noch 77 weiteren Jahren konsequent 77 weitere Jahresauffrischungstherapien fällig würden. Eine Herausforderung für Ärzte und Eltern, oder?

Ich bin weder Arzt noch Molekularbiologe. Mir bleibt nur, mich mit den Berichten der Mandanten zu befassen, sie mit stringenter Logik zu ordnen, methodisch aufzuarbeiten und niederzuschreiben. Welche prozessualen Erfolge sich einstellen, bleibt abzuwarten. Beschwichtiger in der Szene führen alle Symptome auf eine Krankheit namens „Long Covid“ zurück. Irgendwo fiel wörtlich der Satz: „Meine Schwägerin bekam eine Woche nach der dritten Impfung plötzlich Long Covid!“ Doch wie wahrscheinlich ist es, dass eine schicksalhafte Krankheit rein zufällig kurz nach einem Therapieeingriff ausbricht? Und wie wahrscheinlich ist, dass es doch einen Ursachenzusammenhang gibt? Fragen über Fragen. Und wo Antworten fehlen, da gilt es – auch juristisch – unter Unsicherheiten zu entscheiden. Unsicherheit wirft aber immer auch die Frage auf: Wer kann, wer muss und wer darf hier entscheiden? Eltern für ein fünfjähriges Kind? Vorgesetzte über Nachgeordnete? Gesetzgeber über Bürger?

Ein Mandant erinnert mich an die Worte, die Goethe seinem Dr. Faust (Faust I, Der Tragödie erster Teil, Bauern unter der Linde, Tanz und Gesang) über „Latwergen“ – also zähflüssig angerührte bittere Medizin – in den Mund geschrieben hat:

„FAUST
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
Der über die Natur und ihre heil’gen Kreise
In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
Mit grillenhafter Mühe sann;
Der, in Gesellschaft von Adepten,
Sich in die schwarze Küche schloss,
Und, nach unendlichen Rezepten,
Das Widrige zusammengoss.
Da ward ein roter Leu, ein kühner Freier,
Im lauen Bad der Lilie vermählt,
Und beide dann mit off’nem Flammenfeuer
Aus einem Brautgemach ins andere gequält.
Erschien darauf mit bunten Farben
Die junge Königin im Glas,
Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?
So haben wir mit höllischen Latwergen
In diesen Tälern, diesen Bergen
Weit schlimmer als die Pest getobt.
Ich habe selbst das Gift an Tausende gegeben:
Sie welkten hin, ich muss’t erleben,
Dass man die frechen Mörder lobt.

WAGNER
Wie könnt Ihr Euch darum betrüben!
Tut nicht ein braver Mann genug,
Die Kunst, die man ihm übertrug,
Gewissenhaft und pünktlich auszuüben?
Wenn du als Jüngling deinen Vater ehrst,
So wirst du gern von ihm empfangen;
Wenn du als Mann die Wissenschaft vermehrst,
So kann dein Sohn zu höh’rem Ziel gelangen.

FAUST
O glücklich, wer noch hoffen kann,
Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!
Was man nicht weiß, das eben brauchte man,
Und was man weiß, kann man nicht brauchen.“

Da sage noch jemand, es lohne nicht, Klassiker zu lesen.


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