Homeschooling in den USA: Deutscher Familie droht die Abschiebung
Flucht vor dem deutschen Staat
Seit 15 Jahren leben sie in den USA. Jetzt droht ihnen die Abschiebung. 2008 verließ die Familie Romeike Deutschland – eine Flucht vor dem übergriffigen deutschen Staat, der der Familie, die ihre damals fünf Kinder zu Hause unterrichtete, schwer zusetzte.
Zuflucht fanden sie in Morristown, im östlichen Teil des Bundesstaates Tennessee gelegen. In der deutschen Homeschooling-Szene hieß es damals nicht ohne Neid, die „Home School Legal Defense Association“ (HSLDA) habe ihnen den roten Teppich ausgerollt, um daraus einen Präzedenzfall zu machen. Und genau diesen Präzedenzfall will die Biden-Administration jetzt offenbar mit aller Gewalt verhindern, selbst wenn es nach der rechtlichen Klärung des Falls zuungunsten der Familie nur noch um den vagen Eindruck eines Präzedenzfalls gehen kann.
Die Familie beantragte damals nämlich politisches Asyl und berief sich dabei auf die Verfolgung durch die deutschen Behörden, im konkreten Fall die des Landes Baden-Württemberg. Und 2010 gab ihnen ein Richter in Nashville recht. Die Schockwellen des Urteils reichten damals bis nach Washington. Die Obama-Administration focht das Urteil an und gewann. Ein Einspruch der Familie beim Obersten Gerichtshof wurde nicht angenommen. Dennoch entschied sich die Regierung damals, die Familie in Ruhe zu lassen und auf eine Abschiebung zu verzichten. Das scheint sich nun geändert zu haben. Einen Monat hat die Familie laut der HSLDA bekommen, um sich BRD-Pässe ausstellen zu lassen und die Vereinigten Staaten zu verlassen.
Doch die Rechtslage ist kompliziert. Denn zwei der mittlerweile sieben Kinder der Romeikes sind in den USA geboren und damit amerikanische Staatsbürger. Diese kann man nicht abschieben. Zwei weitere Kinder sind mittlerweile mit US-Bürgern verheiratet. Tatsächlich, und das mag für viele Europäer (zu Recht) schockierend klingen, deportiert die US-Regierung auch Eltern von minderjährigen Staatsbürgern, allerdings in der Regel nur, wenn diese nach dem Verständnis Washingtons „illegal eingereist“ sind oder sich „illegal“ im Land aufhalten. Beides trifft auf die Romeikes nicht zu. Oder war es vielleicht erst die Gesetzesinitiative der republikanischen Abgeordneten Diana Harshbarger, die der Familie ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verschaffen wollte, die die US-Regierung auf den Plan gerufen hat?
Das ganze unwürdige Gezerre um die Romeikes zeigt auch einmal mehr: Mit dem „Land der Freien“, das Francis Scott Key im Star-Spangled Banner rühmt, hat das heutige Amerika nur noch bedingt zu tun. Genau aus solchen Gründen, wie sie die Romeikes vorbringen, sind Menschen in den vergangenen Jahrhunderten scharenweise nach Amerika aufgebrochen. Doch heute zeigt ihnen dieses Land oft die kalte Schulter. Und die derzeitige Administration findet Einwanderung ohnehin nur dann gut, wenn sie dazu geeignet ist, perspektivisch das Wählerreservoir für die Demokratische Partei zu vergrößern. Laut Aussage der Familie sei die Entscheidung zum Auswandern gefallen, als die Polizei damit begann, die Kinder jeden Morgen gegen ihren Willen zu Hause abzuholen und zur Schule zu bringen. Wenn man so was hört, fragt man sich schon, inwiefern sich am Ende eigentlich eine deutsche Schule von einem Gefängnis mit Freigang unterscheidet.
Das kann man sagen, ohne sich mit der christlichen Motivation der Familie für den Heimunterricht zu identifizieren. Gott habe es ihnen aufgetragen, so die Romeikes. Denn in staatlichen Schulbüchern werde dazu aufgerufen, den Teufel statt Gott anzubeten, und Hexerei propagiert. In einem der Bücher hieß es laut Vater Romeike: „Gott wird dich nicht hören. Wenn du Satan fragst, wird er dir helfen.“ Also ganz ehrlich: Dieses Schulbuch hätte ich gerne mal gesehen.
Die HSLDA setzt sich weiterhin öffentlichkeitswirksam für den Verbleib der Familie ein. Der Einwand, der Familie drohe in Deutschland Verfolgung, ist richtig. Allerdings: Wenn sie freiwillig ausreisen, kann sie doch niemand zwingen, nach Deutschland zu fliegen. Und selbst wenn sie nach Deutschland zurückgebracht würden, müssen sie ja nicht im Land bleiben. Es gibt schließlich noch andere Länder außer der BRD und den USA, darunter zahlreiche, in denen Homeschooling legal ist. Auch ein Verbleib in Amerika ohne Aufenthaltstitel wäre möglich. In Amerika ist es wesentlich unwahrscheinlicher, als „Illegale“ aufzufliegen als hierzulande, zumindest wenn man kein Problem damit hat, etwas unter dem Radar zu leben. Das Land ist zum Untertauchen wie gemacht. Polizisten dürfen zwar nach einem Ausweis fragen, solange man aber nicht am Steuer eines Autos sitzt, ist man nicht gezwungen, ihnen den zu zeigen. Und wenn man dann noch über ein Unterstützernetzwerk verfügt, kann man so unter halbwegs normalen Umständen schon ein paar Jahre unbehelligt aussitzen und wenn es nur so lange ist, bis wieder eine republikanische Administration im Amt ist.
Letzten Endes spielen die Gründe und auch die Weltanschauung der Familie keine Rolle. Das Ehepaar Romeike hat selbstverständlich genauso wie alle anderen Eltern auch das Recht, ihre Kinder nach ihren eigenen Wertvorstellungen zu unterrichten. Und wer dabei das Kindeswohl in Gefahr sieht, der ist wohl eher von seinen Vorurteilen gegenüber gläubigen Christen getrieben, als dass es ihm um die Kinder ginge, die ohnehin niemanden außer den Eltern etwas angehen.
Wie geht es nun weiter? Wenn die Regierung tatsächlich ernst machen sollte, bleiben den Romeikes zwei Möglichkeiten: Entweder sie bestellen für die beiden Kinder, die amerikanische Staatsbürger sind, einen gesetzlichen Betreuer oder sie verlassen gemeinsam mit den Kindern das Land.
Natürlich ist der derzeitigen US-Administration die steigende Zahl von Homeschooling-Familien in den USA ein Dorn im Auge, andernfalls würde sie die Romeikes einfach ignorieren. In seinem Einspruch gegen das Asyl für die Familie schrieb das damals von Eric Holder geführte Justizministerium in Verteidigung des deutschen Schulzwangs: „Kindern aus allen gesellschaftlichen Schichten Toleranz zu lehren, hilft ihnen, die Fähigkeit zu entwickeln, als voll funktionsfähige Bürger in Deutschland interagieren zu können.“ Das Ziel dabei sei „eine offene, pluralistische Gesellschaft.“
Sollte ein Kind gegen den Willen der Eltern zum Schulbesuch gezwungen werden? Thomas Jefferson hatte dazu eine klare Meinung. Nicht mit Bezug auf Leute wie die Romeikes, sondern auf Eltern, die ihre Kinder als billige Arbeitskräfte missbrauchten, statt sie zur Schule zu schicken, schrieb der spätere dritte Präsident der Vereinigten Staaten: „Es ist besser, sich mit dem seltenen Fall abzufinden, wenn Eltern sich weigern, ihrem Kind eine Ausbildung zukommen zu lassen, als die allgemeinen Gefühle dadurch zu verletzen, dass man sie zwangsweise zur Schule karrt und das Kind gegen den Willen seines Vaters zu einer Ausbildung zwingt.“
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