16. Oktober 2023 18:00

Überfall auf Israel Vier Lehren für den Westen

Überlegene Technik allein hält zu allem entschlossene Gotteskrieger nicht auf

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Opachevsky Irina / Shutterstock.com 7. Oktober 2023: Terrorangriff der Hamas auf Israel

Oh, ein Krieg. Hatten wir ja schon lange nicht mehr. (Ironie aus.) Und wie bei anderen jüngsten Manifestationen der globalen Permakrise glänzt eine ins Auge springende Frage geradezu blendend durch Abwesenheit im Mainstream. In diesem Fall: Wie kann es sein, dass ein brutaler, terroristischer, tausendfach tödlicher, offenbar von langer Hand geplanter Überfall auf breiter Front nicht von den legendär effizienten Geheim- und Sicherheitsdiensten des überfallenen Landes vorausgesehen wurde? Oder von den Geheimdiensten der befreundeten Supermacht? Ausgerechnet fast genau am fünfzigsten Jahrestag eines anderen, ebenfalls überraschenden Überfalls auf das gleiche Land. Wie viele Amtsinhaber werden deswegen ihren Posten räumen müssen? Auf diese ausgeblendeten Fragen erfolgt, wie üblich, ein donnerndes Schweigen.

Die Ursachen der sich immer wieder entladenden Spannungen in Nahost sind mannigfaltig, vielfältig, vielschichtig, verwoben und komplex. Deren Diskussion füllt ganze Bibliotheken. In dieser Kolumne soll es weder darum gehen noch um die Wahrscheinlichkeit, inwiefern sich der aktuelle Krieg zu einem Weltbrand ausweiten wird. Stattdessen geht es hier um einen mit den obigen Fragen zur Sprache kommenden Aspekt der aktuellen Hamas-Gräueltaten, der, unabhängig vom weiteren Verlauf dieser Auseinandersetzung, für den ganzen Rest der westlichen Welt relevant ist. Denn er beleuchtet eine inzwischen pathologische Schwäche der Kultur des Abendlandes.    

Ilana Mercer, eine aus Südafrika stammende, jetzt in den USA lebende paläolibertäre jüdische Kommentatorin, die eigenen Angaben zufolge mehrere Jahre in Israel verbracht hat, legt den Finger in die Wunde. In einem auf auf ihrem Blog veröffentlichten Artikel schreibt sie: „Meiner Einschätzung nach könnten die israelischen Geheimdienste sehr wahrscheinlich kompromittiert worden sein. Israel ist eine fortschrittliche Gesellschaft, die nach rassischen, sexuellen und geschlechtlichen Quotierungsgesichtspunkten rekrutiert, nicht unbedingt nach Leistung und Befähigung.“ Eine solche, „nichtdiskriminierende“ Vorgehensweise, die zu einer „Auflösung“ oder „Selbstverbrennung“ der „Institutionen einer Gesellschaft im Kessel des Multikulturalismus“ führe, hätten die „fortschrittlichen“ Israelis von den USA gelernt. So wie „alle anderen Satellitenstaaten Amerikas auch“, wie Mercer ausführt.

Damit hat sie nicht unrecht. Derselbe Ungeist, der es der deutschen Bundeskanzlerin und ihren schleimenden Lakaien und Nachahmern erlaubten, „diskriminierungslos“ millionenfach gute und böse „Flüchtlinge“ ins Land und auf eine weitgehend arg- und wehrlose Bevölkerung loszulassen, herrscht offenbar auch in jenem Außenposten der westlichen Zivilisation, der Israel heißt. Diesem Ungeist ist Diskriminierung nach Leistung ein solches Gräuel, dass er nicht nur eine zerbröselnde Infrastruktur, sondern sogar echte Gräueltaten gerne riskiert. Dieser Ungeist ist das genaue Gegenteil jenes Geists, der den Westen einst zur stärksten, lebensbejahenden, optimistischsten und attraktivsten Zivilisation machte, die jemals auf diesem Planeten existierte. 

Wäre dieser Ungeist nicht so stark, hätte man in Israel beizeiten die Grenze zu Gaza besser zu schützen gewusst. Besonders, wenn ein Musikfestival in dessen Nähe lief. Besonders in den Tagen um den fünfzigsten Jahrestag und so weiter, siehe oben. In einem Gespräch mit David Vance führt Mercer weiter aus, dass das Festival weder militärisch noch polizeilich gesichert war. Wenn jemals das Wort von einem „Tanz auf dem Vulkan“ gerechtfertigt war, dann in diesem Fall.

Mercer zufolge sei die Grenze zum Gazastreifen seit Jahren nicht in Person, sondern ferngesteuert überwacht worden, unterstützt von künstlicher Intelligenz, automatischen Schusswaffen und ähnlichem High-Tech-Zeugs. Damit relativieren sich Spekulationen über Gründe, die eine absichtsvolle Vernachlässigung der Grenze, der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und damit eine kalkulierte Zulassung des Terrors nahelegen. Geostrategische etwa, wie die Tatsache, dass derzeit eine Annäherung von Israel und Saudi-Arabien angestrebt wird. Oder innenpolitische, wie die Tatsache, dass die von radikal-orthodoxen Juden abhängige Regierung Benjamin Netanjahus eine Justizreform durchführt, die das von „fortschrittlichen“ Richtern beherrschte Oberste Gericht einschränken soll – eine Reform, die von der „fortschrittlichen“ Hälfte des Landes abgrundtief gehasst und intensivst bekämpft wird.

Zudem gibt es Berichte, denen zufolge kurz vor dem Überfall 2000 Soldaten aus dem Süden in die Westbank abkommandiert wurden, um eine Großveranstaltung radikal-orthodoxer Siedler zu schützen. Inwiefern das alles in der Vorgeschichte des Hamas-Überfalls eine Rolle spielte, wird eines Tages vielleicht aufgeklärt werden. Wenn jedoch die Beschreibungen Mercers zutreffen, dann hätte es, herrschte nicht der erwähnte Ungeist, eine bessere Grenzsicherung und bessere nachrichtendienstliche Arbeit gegeben, egal, was irgendwelche dunklen Mächte im Hintergrund planten.

Es gibt also vier Lehren aus diesem fürchterlichen Schlamassel für den Rest der Welt, insbesondere der westlichen. Erstens: Ein zu allem entschlossener, todesverachtender Gotteskrieger übertrumpft jede Technologie, wenn diese von risikoaversen, realitätsfremden, technikverliebten, aber politisch korrekten Männlein und Weiblein bedient und kommandiert wird.  

Zweitens: Politische Korrektheit, egal ob von progressiv-links oder orthodox-rechts, macht deren Protagonisten realitätsblind.

Drittens: Diskriminierung zugunsten der Leistungsfähigkeit und des Leistungswillens, egal, wie gesellschaftlich „repräsentativ“ oder nicht das Ergebnis dann ist, rettet Leben und führt zu Wohlstand, Wachstum und Frieden für alle, egal, welcher Hautfarbe, sexueller Neigungen oder welchen Geschlechts.

Viertens: Eine saturierte Gesellschaft, deren Einwohner kein Ziel kennen, das den eigenen Lebenshorizont überschreitet, ist in akuter Gefahr, des Wahnsinns – oder der Wahnsinnigen – fette Beute zu werden.

Quellen:

Ilana Mercer: Hamas, Israel and the Anatomy of State Treason (ilanamercer.com)

Ilana Mercer im Gespräch mit David Vance zum gleichen Thema (rumble, englisch)


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