Welt im Dauerstress: Der Nahost-Konflikt als jüngster Beitrag zum Zeitalter der „Polykrise“
Nach „Frieren gegen Putin“ nun „Frieren gegen Katar“?
von Axel B.C. Krauss
Kriege, Hungersnöte, Pandemien, „Klimaschocks“: Geht es nach den elitären Wortführern der großen „Transformation“ der Welt, leben wir wohl nun im Zeitalter der sogenannten „Polykrise“. Horst von Buttlar schrieb dazu in einem auf dem Internetportal des Magazins „Capital“ am 15. Januar 2023 erschienenen Artikel („Davos und die Krise in der Krise in der Krise“), gewürzt mit einer Prise Ironie: „Es gehört zum guten Ton in Davos, vor und beim Treffen der Mächtigen die Stirn in tiefe Sorgenfalten zu legen. Irgendwas ist immer, eine Finanzkrise, eine Naturkatastrophe oder ein ‚globale Herausforderung‘, flankiert von Megatrends, die sowohl Hoffnung als auch Bedrohung verheißen. Und der Kapitalismus, nun, den kann man auch kritisieren und mehr Wohlstand für alle fordern, wenn man aus dem Helikopter gestiegen ist. Die Welt kommt zusammen in einer Zeit, in der sie gefühlt auseinanderzufallen droht. Der WEF-Gründer Klaus Schwab sprach im Vorfeld von zahlreichen, teils parallelen Krisen und einer ‚zunehmenden Fragmentierung‘. Seit einiger Zeit sprechen Experten und Politiker von ‚multiplen Krisen‘, ‚verschachtelten Krisen‘, einer ‚Poly-Krise‘ – oder einfach: der Krise in der Krise in der Krise. Man kann also gut und gerne feststellen: Das Schweizer Bergdorf wird zu einer wuselnden Weltregierungszentrale. In Tausenden Panels und Diskussionen, bilateralen Treffen und auch Partys werden die Synapsen der Kooperation wieder gepflegt und ausgebaut.“
Nun ja, zu einer „Weltregierungszentrale“ wird das WEF sicher nicht – diese Aufgabe wurde schon vor langer Zeit, beginnend mit der „League of Nations“ nach dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zweiten mit Gründung der Vereinten Nationen, ebendieser UN und den mit ihnen verbundenen Institutionen wie zum Beispiel der Welthandelsorganisation, der Weltgesundheitsorganisation, der Weltbank und so weiter, und so fort zugedacht.
Zumal Buttlar in seinem Artikel leider auch nicht die Möglichkeit in Erwägung zieht, dass so manche Krisen, denen eher „hinterherzulaufen“ als sie zu „antizipieren“ er den Teilnehmern an den jährlichen Treffen in Davos vorwirft, den Weltgestaltern nicht nur gar nicht so ungelegen kamen, um (klabaster) globale Lösungen für globale Probleme vorzuschlagen, sondern dass hier vielleicht sogar dezent nachgeholfen wurde …
Ich werde hier nicht auf die überaus komplizierte Vorgeschichte des nun wieder aufgeflammten, aber schon seit vielen Jahrzehnten vor sich hin schwelenden Nahostkonfliktes eingehen. Im Rahmen eines einfachen Kolumnenbeitrags wäre das ohnehin unmöglich – so viele regionale als auch internationale Mächte und ihre Geheimdienste haben ihre Finger in diesem Brei: angefangen beim britischen Kolonialreich, das die Gestaltung der Region ganz wesentlich beeinflusste, über seinen offiziellen Nachfolger (das „amerikanische Jahrhundert“), Staaten wie Russland und in den letzten Jahren auch China (an der Seite des Iran) bis hin zu bereits erwähnten Regionalmächten (Saudi-Arabien, Katar, Iran, Syrien et al.) –, dass man sehr viel Recherche-Arbeit investieren muss, um eine halbwegs zufriedenstellende Übersicht zu erhalten. Es sind nicht umsonst Hundertschaften dicker Wälzer darüber verfasst worden.
Deshalb werde ich auch nicht auf die überwiegend unergiebigen und teilweise völlig überspannten Spekulationen der Alternativmedien eingehen. Es war alles wieder nur inszeniert, alles gefälscht, alles Lüge, „Crisis Actors“ waren am Werk, und über alledem darf man nie vergessen: Der Westen ist sowieso an allem schuld.
Leider bin ich aufgrund einer grotesk falschen Behauptung eines der bekannteren Quatschköpfe, der mit seinen Filmchen erschreckenderweise recht hohe Aufrufzahlen erzielt (viele Zehn- bis manchmal sogar Hunderttausende), gezwungen, auf den Titel eines seiner aktuellen Videos zum Thema einzugehen: „Freimaurer: Die Lakaien Israels“. Historisch gesehen ist das blühendster Blödsinn. Angesichts solcher Falschbehauptungen kann ich dem jungen Mann nur empfehlen, lieber wieder schnell zu seiner Kernkompetenz zurückzukehren, also der Frage nachzugehen, welche Deutschrapper Illuminaten sind oder nicht …
Doch warum erwähne ich solchen Mumpitz überhaupt? Aus purer Lust am Bashing überqualifizierter alternativer „Aufklärer“? Keineswegs.
Denn damit hätte ich auch schon den ersten politischen Verwendungszweck dieses Konfliktes angesprochen, der – so viel darf man jetzt schon vermuten – höchstwahrscheinlich zur Unterstützung und Beschleunigung diverser (geo-) politischer Umgestaltungsprozesse ausgenutzt werden wird.
Kaum waren die ersten Fakes, Falschinformationen und zuweilen haarsträubenden, von angeblichen „Whistleblowern“ erhobenen Behauptungen aufgetaucht und fleißig verbreitet worden, wurden auch schon die erwartbaren Rufe nach einer strengeren Informationskontrolle im Internet wieder lauter.
So titelte die „Financial Times“ am 12. Oktober: „EU startet Untersuchung von Elon Musks X wegen Desinformationen zum Krieg zwischen Israel und der Hamas“. Das Portal „DW – Made for Minds“ schlagzeilte am 13. Oktober „EU warnt X, Meta und Tiktok wegen Israel-Hamas-Desinformation“, und das ZDF brachte am 11. Oktober einen Artikel, in dem es heißt: „Nahost-Konflikt wird Desinformations-Desaster. Der aktuelle Konflikt in Nahost spült Unmengen an Falschinformationen in soziale Medien.“
Da werden natürlich Erinnerungen an ganz ähnliche Warnungen der EU angesichts der in alternativen Medien verbreiteten „Desinformationen“ zu den Covid-Impfungen wach. Fairerweise muss hinzugefügt werden, dass nicht alle Fragen, die zum Nahostkonflikt gestellt wurden, völlig unberechtigt waren. Manches aber war tatsächlich so versponnen, dass einige Kommentatoren die durchaus berechtigte Frage stellten, ob das alles wirklich nur Unbedarftheit oder schlicht Blödheit geschuldet sein kann oder ob ein guter Teil davon vielleicht sogar absichtlich lanciert wird, um die ohnehin schon seit Jahren erhobenen Forderungen nach mehr Zensur sogar noch zu befeuern. Das ist keineswegs eine paranoide Vorstellung. Es würde mich unterraschen, sollten manche dieser Videos gleich aus irgendeiner regierungsamtlichen oder nachrichtendienstlichen Giftküche stammen. Ist ja auch kein großer Aufwand: einfach jemanden vor eine Webcam setzen, irgendwas erzählen lassen und die Streifchen auf Youtube hochladen. Dann einfach auf Leichtgläubigkeit und den „Kuhfladen-Effekt“ hoffen, und sobald die vermeintlich „sensationellen Enthüllungen“ weit genug verbreitet sind, hat man eine prima Begründung für mehr Kontrollen der Online-Informationsströme …
Die zweite absehbare Folge – je nachdem, wie sich die Situation weiterentwickelt – wäre natürlich eine weitere Verschärfung der „Energiekrise“ beziehungsweise Verteuerung der Preise für fossile Energieträger im Rahmen der „Nachhaltigkeitsagenda“ und drittens wohl auch ein weiter steigender Migrationsdruck. Wohin sich Hunderttausende oder gar Millionen im Falle eines „Flächenbrandes“ in der Region, vor dem Olaf Scholz unlängst warnte, in Bewegung setzen würden, braucht nicht erwähnt zu werden: Sie würden eher nicht in die Karibik paddeln, sondern sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Richtung Europa und somit auch Deutschland in Bewegung setzen. Da träfe es sich doch ganz hervorragend, dass mit der EU bereits eine supranationale Struktur existiert, die in der Lage wäre, den (klabaster) „überforderten Nationalstaaten“ unter die Arme zu greifen, um das Chaos noch bewältigen zu können. Inklusive rascher Einführung einer digitalen ID (EUDI, „EU Digital Identity Wallet“) zum besseren Management und zur leichteren Rückverfolgbarkeit der Menschenströme – siehe dazu die Anmerkungen in meinem letzten Kolumnenbeitrag (in Afrika wurden genau solche Projekte bereits von der UN erprobt).
Was die Preise für fossile Energieträger betrifft, muss wohl nicht mehr erwähnt werden, dass mit einer Steigerung ohnehin „nur“ einer Politik Rechnung getragen würde, die schon viele Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Da ich in den letzten zwei bis drei Jahren detailliert darauf eingegangen bin, genügt es, einige wenige, aber dafür sehr aufschlussreiche Sätze aus einem Strategiepapier der Trilateralen Kommission von 1978 („Energy: Managing the Transition“) zu wiederholen (die im Hinblick auf künftige Ölkrisen geäußert wurden): „Es ist angemessen, wenn die trilateralen Länder“ – zu denen auch Deutschland gehört – „verschiedene Mechanismen zur Erhöhung der Preise in Betracht ziehen würden. Wir empfehlen dringendst jeder trilateralen Regierung, ihre Steuerstrukturen zu überprüfen und spezifische Energiesteuern einzuführen. Es steht außer Zweifel, dass für die internationalen Ziele in den künftigen Jahren immer mehr Geld benötigt werden wird.“
Wie gesagt: Das hängt natürlich von der weiteren Entwicklung ab. Vielleicht bleibt es bei einem rein regionalen Konflikt ohne größere weltpolitische Auswirkungen, der bald wieder abklingt – oder er wird sich, so wie in der Ukraine, über Jahre hinziehen und im Rahmen eines (wie ebenfalls an der Ukraine deutlich zu beobachtenden) technokratischen Krisenmanagements nach Strich und Faden politisch verzweckt. Vor dem Hintergrund der bereits in großer Zahl erschienenen Meldungen dazu sollte sich jedenfalls niemand wundern, falls demnächst (mit Beginn der Winterzeit) die Parole „Frieren gegen Putin“ durch „Frieren gegen Katar“ oder von mir aus „Frieren für den Frieden“ ausgewechselt wird.
Sollte obendrein Peking die „Gunst der Stunde“ nutzen und sich um Taiwan „kümmern“, könnte man in der Tat von einer waschechten „Polykrise“ sprechen. Dann allerdings dürfte es wirklich nicht mehr lange dauern, bis zum Beispiel König Charles inklusive prominenter Unterstützer auf einer ganzen Zeitungsseite in einer „renommierten“ Publikation der Wahl eindringlich darum bitten wird, dem wüsten Treiben mit effizienten, handlungsfähigen Global-Governance-Strukturen Einhalt zu gebieten.
Bis nächste Woche.
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