25. Oktober 2023 08:00

Zur Wahl in Argentinien Die Freiheit, verdammt!

Worum es beim Wahlkampf von Javier Milei letztlich geht und was das für uns bedeutet

von Oliver Gorus

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Bildquelle: Facundo Florit / Shutterstock Javier Milei nur Zweiter im ersten Wahldurchgang: Wird ihm bei der Stichwahl ein Sieg gelingen?

In Argentinien steht das Volk anlässlich der Kür des neuen Staatspräsidenten vor einer sehr klaren, einfachen Wahl: Sozialismus oder Freiheit. Der libertäre Ökonom Javier Milei verspricht Freiheit, alle anderen Kandidaten versprechen mehr oder weniger Sozialismus und damit mehr von dem, was auch bisher schon nie funktioniert hat.

Mit Sozialismus unterschiedlicher Sorte und Intensität haben es die Argentinier in den vergangenen 70 Jahren wieder und wieder versucht. Das Ergebnis war immer das gleiche: Inflation, Verschuldung, Korruption, Verarmung, Wohlstandsabbau, Staatspleite. Die meisten heute lebenden Argentinier kennen gar nichts anderes mehr. Die Fotos und Erzählungen aus der glorreichen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts müssen für sie wie reich bebilderte Märchen klingen.

Selbst gewählter Niedergang

Sozialisten haben mit ihrer Planwirtschaft und ihrem Bürokratismus, ihrer Umverteilung und ihrem Leben über den Verhältnissen, ihrer Bevormundung und ihrem Hass gegen die Produktiven, ihrem Raub von Privateigentum und ihrer verlogenen, parasitären Ideologie noch nie in der Geschichte irgendwo etwas aufgebaut. Sie haben immer nur zerstört, was andere vor ihnen aufgebaut hatten.

So haben es die Sozialisten im „Silberland“ Argentinien seit der schicksalhaften Wahl Juan Peróns von 1946 geschafft, mit der demokratischen Rückendeckung der ideologisch verführten Bevölkerung aus einem der reichsten und schönsten Länder der Welt, aus dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen aller Länder, aus dem Land mit reichen Vorkommen von Bodenschätzen und gigantischen Flächen urbaren Bodens, aus dem Land mit einer der drei stärksten Währungen der Welt eine kaputte Bananenrepublik mit am Boden liegender Wirtschaft zu machen, die von Staatspleite zu Staatspleite taumelt – achtmal hintereinander!

Selbst gewählter Niedergang – das kommt insbesondere den Deutschen sehr bekannt vor. Ähnlich wie in Venezuela, Kuba, Korea, Deutschland und in vielen weiteren Ländern wurde in Argentinien der glasklare Beweis erbracht, wie dumm, falsch und verlogen der Sozialismus ist und wie schädlich und zerstörerisch er wirkt. Es ist ganz einfach: Wer versucht, das mühelose Leben auf Kosten anderer zu kultivieren, anstatt selbst mit ehrlicher Arbeit Wertschöpfung zu betreiben, stürzt Menschen in Armut und Elend. Immer und immer wieder.

Das verstehen auch einfache Gemüter, gerade ländliche Bevölkerungsteile mit Bezug zur Landwirtschaft können das ganz praktisch nachvollziehen: Wer das Saatgut verprasst, der hungert. Insbesondere schafft es im Falle von Argentinien der libertäre Javier Milei, in seinen Veranstaltungsreden und TV-Auftritten die Wahrheit mit klaren Worten und viel Sachverstand so zu transportieren, dass niemand inhaltlich überfordert ist. In Deutschland haben die Freiheitlichen seit Ludwig Erhard niemanden hervorgebracht, der diesbezüglich ähnlich talentiert ist.

Auf die Konservativen kommt es an

Aber dennoch: Im ersten Wahlgang haben die Argentinier mehrheitlich die Fortsetzung der Misere gewählt. Der Sozialist Massa, der als Wirtschaftsminister für die aktuelle Wirtschaftskrise voll verantwortlich ist, erhielt mit rund 36 Prozent die meisten Stimmen. Javier Milei schaffte nur 30 Prozent. Das ist so offensichtlich dumm und frappierend falsch, dass man sich als außenstehender Beobachter nur fragen kann: Wie kann das sein?

Ist es wirklich so, dass die Argentinier die sprichwörtlichen dummen Kälber sind, die ihren Schlachter selber wählen? Ist es wirklich so, dass die Argentinier lieber den auf jeden Fall in Armut, Elend und Not führenden Weg dem neuen, unbekannten, aber Wohlstand und Freiheit versprechenden Weg vorziehen, nur weil Ersterer bekannt und vertraut ist? Und was folgt daraus?

Zunächst einmal war das nur der erste Wahlgang. Am 19. November folgt die Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen, Massa und Milei. Und dabei kommt es wie bei allen Stichwahlen erst mal darauf an, an wen die meisten Stimmen der unterlegenen Kandidaten gehen.

In diesem Fall vereinte die ehemalige Innenministerin Bullrich vom konservativen Oppositionsbündnis 24 Prozent der Stimmen auf sich. Ihre Sammlungspartei ist von der inhaltlichen Position im politischen Spektrum her am ehesten mit der CDU in Deutschland, der SVP in der Schweiz oder der ÖVP in Österreich vergleichbar. Und wie überall sind diese Konservativen doppelgesichtig: einerseits offen für freiheitliche, marktwirtschaftliche, liberale Politik, andererseits anfällig für Sozialstaat, Umverteilung, Opportunismus und Etatismus.

Überall gilt: Entscheiden sich die konservativen Wähler für einen wirtschaftsliberalen Kurs zusammen mit den Freiheitlichen, kann eine Gesellschaft aufgebaut und zum Blühen gebracht werden. So wie in Deutschland unter Adenauer in den 1950er Jahren. Entscheiden sich die konservativen Wähler dagegen für den opportunistischen und staatsgläubigen Weg, Wahlgeschenke auf Pump anzunehmen und ihre Stimme für Staatsknete, Pöstchen im öffentlichen Dienst und moralisierende Weltverbesserungsideologie zu verschachern, dann wird eine Gesellschaft gespalten, eine Wirtschaft zerstört und die Zivilisation beschädigt, so wie in Deutschland unter Merkel und unter der Ampel im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts.

Am 19. November kommt es also auf die Wesensfestigkeit und das Wertegerüst der argentinischen Konservativen an – eine Konstellation, in der die deutschen Konservativen bis auf Ausnahmen zuletzt wiederholt grotesk versagt haben. Die Frage ist, ob die Wähler Bullrichs vernünftiger und integrer sind.

Wer glaubt an den Weihnachtsmann?

Des Weiteren kann man den vorläufigen sozialistischen Triumph im ersten Wahlgang auch so verstehen, dass das unehrenhafte Drittel der Bevölkerung ihren Versorger gewählt haben: Massa hat aus der Position des Wirtschaftsministers heraus tief in die völlig überschuldete Staatskasse gegriffen, um seinen Wählern Geschenke zu machen: Er ordnete höhere Freibeträge bei der Einkommensteuer an, stellte massenhaft zusätzliche Versorgtwerdenwollende im ohnehin schon hypertrophierten öffentlichen Dienst an und verschenkte Einmalzahlungen an Angestellte und Pensionäre.

Er warf also mit dem Geld anderer Leute um sich, erhöhte dabei die Verschuldung und somit die Last für alle heutigen und künftigen Bürger des Landes und spielte die Bevölkerungsgruppen gegeneinander aus. Das typische Programm der Sozialisten eben. Und natürlich bedanken sich die mit Raubgut Beschenkten durch ihre Stimme.

Aber dieses starke Drittel könnte damit eben auch das nahezu komplette bestochene Wählerreservoir des linken Weihnachtsmanns Massa gewesen sein.

Die Wahrscheinlichkeit, dass einige der Profiteure des bisherigen Pleitekurses im ersten Wahlgang gar nicht Massa, sondern Bullrich gewählt hatten, und nun im zweiten Durchgang doch noch für ihren Wohltäter stimmen, ist gering. Plausibler klingt, dass es viele Bullrich-Wähler gibt, die gezögert haben, den lauten und bisweilen schrill auftretenden Milei zu wählen, aber letztlich dennoch lieber ihm ihre Stimme geben als den schmierigen Sozialisten.

Milei müsste, um zu gewinnen, den größten Teil der Stimmen erobern, die bislang an Bullrich gingen. Schwierig. Aber andererseits: Wo soll Massa die fehlenden 14 Prozentpunkte hernehmen? Sicher eher nicht von den Bullrich-Wählern.

Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gewinnt Milei also doch noch.

Sich zur Knechtschaft zwingen lassen?

Sollten die Argentinier aber am 19. November tatsächlich sehenden Auges den Weg Venezuelas, Nordkoreas oder der DDR gehen, geschieht es ihnen auch nicht besser – dieser trotzige Reflex sitzt jedenfalls locker.

Aber ist so eine pauschale Verurteilung richtig?

Erstens wissen wir nicht, wie fair die Wahl abläuft und wie stark die Ergebnisse gefälscht sind. Das lässt sich von außen nicht seriös beurteilen. Zwar kennen wir aus vielen Beispielen der jüngeren Geschichte der Demokratie, wie sehr die politische Linke zur Wahlfälschung neigt, weil ihr ja gerade die eher konservativen individualistischen Charaktereigenschaften zuwider sind, also Tugenden wie Ehre, Gewissen, Gesetzestreue, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Ordnungsstreben. Links und kollektivistisch dagegen ist das Prinzip „Der Zweck heiligt die Mittel“ – womit Wahlfälschung beispielsweise in den USA oder in Deutschland immer wieder moralisierend gerechtfertigt wurde, um das angeblich „Böse“ in Gestalt Donald Trumps oder der AfD irgendwie zu verhindern, und sei es mit Betrug.

Aber dennoch ist es auch einfach nur schwach und jämmerlich, nach einer Wahlniederlage reflexartig von Wahlbetrug zu reden, ohne das beweisen zu können.

Es könnte jedenfalls durchaus sein, dass Massa gewinnt, weil seine Anhänger besser in der Disziplin der Wahlfälschung waren, alleine schon deshalb, weil sie im Gegensatz zur Entourage des Newcomers Milei zum politischen Establishment gehören und damit die entscheidenden Positionen besetzen, die die Auszählung der Stimmen beeinflussen können. Wir werden das wohl nicht erfahren, aber vor diesem Hintergrund verbietet es sich, die möglicherweise betrogenen Argentinier für den an ihnen verübten Betrug verantwortlich zu machen. 

Zweitens gilt – auch wenn vielleicht etwas mehr als die Hälfte der Argentinier in dieser glasklaren Wahl zwischen Freiheit und Sozialismus wider alle Vernunft für den Sozialismus votiert hätte –, dass knapp die Hälfte der Argentinier sehr deutlich dagegen war. „Den Argentinier“ gibt es nicht, es gibt auch keinen Volks- oder Wählerwillen einer Nation.

Einen solchen kollektiven Willen anzunehmen, ist eine absurde, kollektivistische Idee. Eine Masse von Menschen kann nichts wollen. Nur das Individuum verfügt über einen freien Willen. Und wenn etwa 20 Millionen der 45 Millionen Einwohner des Landes aus guten Gründen keinen Sozialismus mehr wollen, dann müssen sie sich überlegen, ob sie sich von den 25 Millionen den Sozialismus tatsächlich aufzwingen lassen wollen. Oder nicht. Es ist jedenfalls im Sinne des Selbstbestimmungsrechts legitim, das nicht zu wollen.

Konstruktiver Widerstand bestünde darin, nicht einverstanden zu sein, das deutlich zu äußern und stattdessen gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas anderes zu unternehmen.

Der letzte Ausweg

Dieser Showdown steht auch in anderen Ländern an, beispielsweise in Deutschland. Auf Dauer können Freiheitliche und Sozialisten nicht im gleichen Staat miteinander zusammenleben. Denn auf Dauer führt der Sozialismus immer zur Ausbeutung der Freiheitlichen, weil sie die Produktiven, die Wertschöpfenden, die Transferzahler sind. Sozialisten hassen freie Individuen, sie machen sie zu Sklaven. Und freie Individuen hassen es, ausgebeutet und geknechtet zu werden.

Darum wäre eine knappe Wahlniederlage des freiheitlichen Lagers in Argentinien die implizite und logische Aufforderung, die Scheidung einzureichen: Die Einheit eines Landes ist nicht so wichtig wie die Freiheit und der Wohlstand der Bewohner. Nationale Einheit ist eine Idee der Eliten, der Profiteure von Zentralismus und Nationalismus. Die Bürger haben nichts davon.

Sozialisten haben das natürliche Recht, in einem sozialistischen Staat zu leben. Niemand kann sie legitimerweise zwingen, aufrecht und selbstbestimmt in einem freien Land zu leben. Und genauso haben Freiheitsliebende das natürliche Recht, in einem freien Land zu leben. Niemand kann sie legitimerweise zwingen, im Sozialismus als Knecht zu dienen.

Wenn Libertäre in einem Land innerhalb eines bestehenden Systems alles versucht haben, um das System von oben oder von unten her freier zu machen, und sie am Ende dann doch der Tyrannei der Mehrheit unterliegen, dann bleibt für sie nur noch eins: selbstorganisierte Aufgabe von sozialistisch verseuchten Gebieten, Sammlung in Gebieten, in denen sie die Mehrheit haben, Aufbau von Parallelstrukturen und … Sezession.

Also: die friedliche, gewaltlose Trennung und die Ausrufung der Unabhängigkeit. Inklusive der dann erfahrungsgemäß notwendig werdenden Selbstverteidigung gegen die kriegerischen Angriffe des verlassenen Staats. Dezentralisierung als Gegenbewegung zum globalistischen Wahnsinn ist der Megatrend der nächsten Jahrzehnte.

Die unangenehme Wahrheit dabei ist: Der Kampf um die Freiheit ist am Ende ein Kampf ums Überleben – kulturell, zivilisatorisch und physisch.

¡Viva la libertad, carajo!


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