Schützenhilfe durch: Dirk Müller: Bedürfnislos, doch scharfsinnig…
Ein neuer Dirk Müller spricht gelassen eine gefährliche Krypto-These aus
von David Andres
von David Andres drucken
Jeder kennt ihn, den stets auf gemütliche Weise aufgeregten Mann mit dem kleinen Oberlippenbart und einem Blick, der schon seit jeher sagte: „Ach, Kinder, ich erklär‘ euch jetzt, wo der Frosch die Locken hat.“ Die beiden Bestseller „Crashkurs“ und „Cashkurs“ haben den Börsenmakler und Fondsmanager Dirk Müller berühmt gemacht. Letzteres Buch legte die Grundlage für die gleichnamige Webseite, auf der sich über Wirtschaft, Börse und Finanzen informieren, in Müllers eigenen Fonds investieren oder sein „Cashkurs Gold“ buchen lässt.
„Viele wundern sich, warum ich den Kurs immer noch anbiete“, sagte Müller nun kürzlich bei Petra Führich, einer österreichischen Gastronomin, die es geschafft hat, auf ihrem Kanal immerfort überaus streitbare Gesellen zum Gespräch einzuladen, ohne dabei selber jemals ins Visier zeitgenössischer Gesinnungswächter zu geraten. Nun, so Müller, die Dinge seien eben etwas komplexer.
Wieso aber sollte man sich wundern, dass der Mann weiterhin macht, was er macht? Er, der das Zeitgeschehen seit jeher in Hinblick auf die Veränderungen an der Börse deutet oder eben in dessen Auswirkungen auf alle Zweige der Wertanlage? Ganz analytisch, „a-moralisch“ im nüchternsten Sinne des Wortes? Die Antwort: Weil dieser Dirk Müller sich dermaßen verändert hat wie ein Kumpel, den man nur alle paar Jahre mal trifft und der in der Zwischenzeit seine Weltreise hinter sich gebracht hat, samt Nacktbaden im Amazonas und Einkehr im indischen Aschram. Und der fortan nicht mehr derselbe ist.
Schauen Sie sich das Gespräch an, vor allem, wenn Sie Müller schon länger kennen, und reiben Sie sich amüsiert die Augen. Da sitzt er, der Geldmensch, und spricht über die Freiheit und das Glück, die sich einstellen, sobald man die „Anhaftung“ an alles Materielle, alles Dingliche, endlich innerlich losgelassen hat. Klar sei er dankbar und glücklich für sein großes Haus, doch lande er morgen in einer „Zweizimmerwohnung“, wäre er das auch noch. Sicher genieße er weiterhin, ein schnelles Auto zu fahren, aber der Dirk Müller, der sich durch solche Objekte und Statussymbole definiere, der sei im Verlauf der vergangenen paar Jahre verschwunden. Ferner schaue er zur Förderung des inneren Friedens nicht einmal mehr gewalttätige Filme, von unnötigem Nachrichtenkonsum ganz zu schweigen.
Keine Angst, liebes FF-Publikum, da ist niemand in seinem fünften Lebensjahrzehnt noch zum Sozialist geworden. Wer sich auskennt mit den großen, geistigen Einflüssen, die auf Menschen wirken können, der spürt bei jedem Satz, dass Dirk Müller während der erzwungenen Einkehr der Lockdown-Jahre nicht bei Karl Marx in die Lehre gegangen ist, sondern bei Eckhart Tolle. Achtsamkeitslehre statt Arbeiterklasse. Meditation statt Materialismus. Die Gelassenheit sei ihm gegönnt, vor allem, da er eine andere schon immer besaß – die Gleichgültigkeit gegenüber der öffentlichen Meinung. Wer schon 2011 das moderne Finanzsystem sowie den Euro sogar in „Compact“ kritisierte, hat ein dickes Fell.
Wieso also wird der neue Meditations-Müller, der Gegenwärtigkeits-Flaneur, nun zum interessanten Impulsgeber dieser Kolumne? Nun, zum einen, weil sein Plädoyer für das Bargeld, das dem Video auch seinen Titel verlieh, bereits ein guter Aufhänger ist, den Clip unter „normalen“ Verwandten und Freunden zu verbreiten. Vor allem aber, weil er in dem Gespräch, völlig losgelöst von allen Parteilichkeiten, ab der 35. Minute eine These zu Kryptowährungen aufstellt, die ich zum Schluss wörtlich zitieren möchte.
„Schon von Beginn an habe ich gedacht, das kann überhaupt nicht funktionieren. Der Bitcoin ist ein deflationäres Geldsystem. In unserem jetzigen, inflationären Geldsystem wird das Geld mit der Zeit immer etwas wertloser, damit die Leute motiviert sind, es auszugeben und zu verkonsumieren.“ Bei Digitalwährungen stünden nun „eine begrenzte Anzahl von Bitcoin einer immer größer werdenden Anzahl von Gütern und Dienstleistungen gegenüber.“ Ein Bitcoin wird daher mit der Zeit „immer wertvoller“ und jeder gesund denkende Mensch „horte“ ihn daher. Fazit: „Der Bitcoin war von seiner Struktur her ein Geldsystem, das Konsum verhindert.“ Also ein Geld, das „in unserem Wirtschaftssystem“, wie wir es bislang kannten, „nicht funktionieren“ kann, aber sehr wohl in einem angestrebten, utopischen, von postsozialistischen Hirnen in Davos erdachten neuen, in dem „die Leute gar nicht mehr konsumieren“ sollen.
Davon abgesehen habe er von vornherein die Geschichte nicht geglaubt, dass die „Notenbanken der Welt“ völlig ohnmächtig „am Seitenrand stehen bleiben“ und dem Aufstieg einer neuen, privaten Währung zuschauen, die „ein unbekannter Asiat im Hinterzimmer zusammengeschraubt“ hat und die endlich „die Menschen in die Freiheit führt“. Viel wahrscheinlicher sei, dass Krypto als scheinbare Freiheitswährung ohne echten Nutzen oder Gebrauch im alltäglichen Konsum in Wahrheit als „trojanisches Pferd“ erfunden worden sei, auf dass die Menschen sich an das Konzept einer digitalen Währung gewöhnt haben, wenn die subtile Diktatur der Neuzeit ihren digitalen Euro als Instrument totaler Kontrolle einführt.
So.
Da steht sie, die These, ausgesprochen von jemandem, der so gelassen geworden ist, dass er sogar eine heilige Kuh vieler Libertärer schlachtet.
Die Kommentarspalte sei eröffnet.
Quellen:
Ich zahle bar oder gar nicht! Dirk Müller bei @petrafuhrichtalks2691 (Youtube)
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.