21. November 2023 22:00

Populäre Irrtümer der Linken „Mir muss alles mitgehören!“

Kein „Recht“ auf fremder Arbeit Früchte

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

von Andreas Tiedtke (Pausiert) drucken

Artikelbild
Bildquelle: Shutterstock Vielen Linken fällt eine Unterscheidung schwer: Meins und deins.

Der berühmte Humanethologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt (1928–2018) beobachtete, dass bereits Kleinkinder und auch Primaten Besitz an Sachen kennen. In der menschlichen Ontogenese entwickelt sich die Besitznorm (Verteidigung des eigenen Besitzes und Respekt vor fremdem Besitz) im Alter von zwei bis drei Jahren. Unter zwei Jahren kennen Kinder die Wegnahme-Hemmung noch nicht. Die Besitznorm spielt auch stammes- und evolutionsgeschichtlich eine entscheidende Rolle, da Menschen Werkzeuge benutzen, die sie aufwendig herstellen müssen. Könnten sie hierüber nicht verfügen, sondern müssten befürchten, dass ihnen der Besitz im nächsten Moment wieder entzogen wird, würde die Herstellung keinen Sinn machen.

„Die [Besitz-] Regeln entwickeln sich spontan“, so Eibl-Eibesfeldt, „im Spiel mit anderen Kindern, und nicht als Ergebnis eines Eingreifens ‚von Oben‘, sondern schlicht aus der menschlichen Neigung heraus, zwischenmenschliches Handeln auf regelbasierte Art und Weise zu regulieren.“

Allerdings: Es ist auch eine Regression möglich, sowohl der Umgang mit Werkzeugen als auch die Besitznorm können wieder verlernt werden. So schreibt Eibl-Eibesfeldt, dass sogar Gorillas, die im Gegensatz zu Schimpansen und Bonobos keine Werkzeuge benutzen, Besitz kennen, was darauf hindeutet, dass sie früher einmal Werkzeuge benutzt haben. Evolution ist eben keine Einbahnstraße.

Und Menschen, vielleicht insbesondere solche, die selbst keine Werkzeuge benutzen wollen, können die Besitznorm wieder verlernen. Dies bei vielen Menschen vollbracht zu haben, können sich die Sozialisten auf ihre Haben-Seite verbuchen, allerdings zum Preis, dass der Fortbestand der arbeitsteiligen und kapitalbasierten Gesellschaft hierdurch gefährdet wird.

Privatstädte ermöglichen „Steuerflucht“

Jemand, der es allem Anschein nach geschafft hat, die Besitznorm wieder zu verlernen, argumentierte in den sozialen Medien gegen freie Privatstädte – und damit gegen eine Form des friedlichen gesellschaftlichen Zusammenlebens –, dass diese „Steuerflucht“ ermöglichen würden. Seiner Idee nach müsste der Staat also auf alles Vermögen weltweit zugreifen können, denn ansonsten würde es den anderen – und vor allem auch ihm – ja vorenthalten.

Dahinter steckt der Gedanke, dass einem auch dann ein Anteil an der Wertschöpfung anderer zustehen müsste, wenn man selbst gar nicht daran mitgewirkt hat. Leute, die so ticken, sehen den Fremdbesitz anderer und die Verteidigung dieses Besitzes als feindliche Handlung an. Aber das ist handlungslogisch falsch, denn Besitz lässt sich sehr wohl auf friedliche Art und Weise durch Erstinbesitznahme eines „herrenlosen“ Gutes sowie durch Verarbeitung herstellen und auf freundliche Art und Weise durch freiwilligen Austausch. Der Erwerb von Besitz erfordert keinesfalls denknotwendig, dass ein Dritter dabei zu Schaden kommt, wie das so mancher Linke imaginiert. Und die Verteidigung friedlich oder freundlich erworbenen Besitzes ist keine feindliche Handlung, sondern Verteidigung ist die Abwehr einer feindlichen Handlung, sozusagen die „Negation der Negation“ und damit eine friedliche Handlung in dem Sinne, weil mit ihr die Aufrechterhaltung des friedlichen Status quo ex ante (also vor dem Angriff) bezweckt wird.

Nehmen wir an, in der freien Privatstadt erwerben Personen durch den Einsatz von Arbeit und Kapital im Prozess der Arbeitsteilung Vermögen, und diese freie Privatstadt liegt weitab auf einer Insel. Die Idee, dass einem Dritten hier in Deutschland ein „fairer Anteil“ daran zustünde, ist geradezu absurd, in jedem Falle aber handlungslogisch falsch. Der „faire Anteil“ eines Dritten an diesem Vermögen ist handlungslogisch: Null!

Auch wenn ein Bürger aus Deutschland auf dem Weg zu dieser Insel Vermögen aus Deutschland mitgenommen hat, das er friedlich oder freundlich erworben hat, ist handlungslogisch der „faire Anteil“ eines hier in Deutschland lebenden Dritten daran ebenfalls: Null.

Der Ökonom und Sozialphilosoph Anthony de Jasay (1925–2019) erkannte, dass es einen „Glauben“ gebe, wonach jedermann „der Gesellschaft“ oder „dem Gemeinwohl“ etwas schulden würde, und dass dieser Glaube tief im Bewusstsein vieler Menschen in unserem Zeitalter der Post- oder Gegenaufklärung verwurzelt sei. Der „Grundstock“ des Wohlstandes, so dieser Glaube, gehöre „der Gesellschaft“, denn es sei unmöglich, die unzähligen Anteile, die in der Vergangenheit von jedem Einzelnen geleistet wurden, aufzudröseln und zurückzuverfolgen. Wer habe was erfunden und wem sei welche Innovation eingefallen?

Wir können es hier dahingestellt sein lassen, dass handlungslogisch nur Individuen handeln können, auch in Gruppen, gegeneinander oder miteinander, aber niemals geistige Konzepte wie „die Gesellschaft“ oder „der Staat“. Denn de Jasay entlarvte die Fehlerhaftigkeit des Argumentes bereits wie folgt: Die einzelnen Beiträge können sehr wohl „zurückverfolgt“ und „aufgedröselt“ werden: Denn bei freiwilligem Austausch wurde bereits für alles bezahlt. Der Produzent, der Erfinder, der Müllmann, der Privatlehrer – alle haben etwas dafür erhalten und erhalten etwas dafür, dass sie am Prozess des gesellschaftlichen Austausches teilnehmen. Jeder hat etwas gegeben und dafür etwas erhalten, sogar etwas erhalten, das er mehr geschätzt hat als das Hergegebene, sonst wäre es handlungslogisch zu keinem Austausch gekommen. Es bleibt also nichts mehr übrig, was der Einzelne „der Gesellschaft“ schulden würde. „Es gibt keinen weiteren, überhängenden Anspruch ‚der Gesellschaft‘, der nicht bereits abgegolten wurde, und es kann niemand verlangen, dass ein zweites Mal bezahlt werden müsste“, schrieb de Jasay.

Schlussbetrachtung und Ausblick

In meiner vorhergehenden zwölfteiligen Serie über „die Psychologie der Politik“ hier bei den Freiheitsfunken habe ich dargelegt, dass wir heute in einer infantilen Gesellschaft leben, die von feindseligen Haltungen gegenüber den Mitmenschen und sich selbst geprägt ist. Heute haben wir gesehen, dass sich mit Propaganda und Indoktrination sogar eine feindselige Haltung gegenüber anderen und deren Besitz erzeugen lässt, die im Endeffekt eine Regression bedeutet zu der Haltung eines Kleinkindes zu Besitz, das jünger als zwei Jahre alt ist. Ich finde das bemerkenswert.

In meiner nächsten Kolumne will ich darauf eingehen, wieso dem Linken auch kein „Recht“ auf den Besitz anderer zustehen kann, sofern er mit diesen keine freiwilligen Vereinbarungen abschließt, und wieso Ludwig von Mises (1881–1973) in der Marktwirtschaft den Kunden als den mittelbaren, indirekten Besitzer der Produktionsmittel angesehen hat – wohingegen in der „Staatswirtschaft“ der Finanzierende keine individuelle Möglichkeit hat, mitzuentscheiden, was, wer, wann, wo und zu welchem Preis herstellt.

Quellen:

Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie des menschlichen Verhaltens – Grundriss der Humanethologie (5. Auflage 2004, Seite 482 fortfolgende, 490 fortfolgende)

Anthony de Jasay: Against Politics (2004, E-Book, “Let Exclusion Stand”)

Andreas Tiedtke: Der Kompass zum lebendigen Leben (Seite 134; 307)


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.