Seipelwergin: Wie kann die Presse wieder stubenreiner werden?
Gedanken zur informationellen Entgiftung
von Axel B.C. Krauss
Letzte Woche geschah etwas Saukomisches. Ein Journalist namens Hubert Seipel wurde beschuldigt, gegen Bezahlung Kreml-Propaganda verbreitet zu haben. Er trat in Nothing but Talkshows oft als „Russlandexperte“ auf. „Die öffentlich-rechtlichen Sender“, hieß es dazu in einem Artikel der „Welt“ vom 17. November aus der Feder von – und an diesem Punkt blamiert sich die ganze Farce bis ins innerste Knochenmark – ausgerechnet Clemens Wergin, „müssen sich fragen lassen, warum sie diesen Russlandexperten ungehindert gewähren ließen“.
Wenn ich mich darüber lustig mache, und das tue ich ausgiebig und bis zur völligen Erschöpfung der Lachmuskeln, dann natürlich nicht, weil solche Fälle einfach zu ignorieren oder auf die leichte Schulter zu nehmen wären. Wenn jemand, der sich den Anspruch gibt, Journalist, also eigentlich „unabhängig“ oder „neutral“ zu sein, Propaganda für eine Regierung verbreitet, obendrein gegen Bezahlung, ist das nicht in Ordnung.
Das Problem ist nur: Es geschieht regelmäßig, Tag für Tag, und das nicht nur bei Seipelwergin. Schon mal was von den Veröffentlicht-Unredlichen gehört?
Da können die Marx Brothers einpacken: Wenn ausgerechnet ein Wergin, einer der lautstärksten Nato-Schreier und Kriegs-Cheerleader, der noch jeden humanitären Hilfsmord des Bündnisses so glücklich glucksend bejubelte, als drohten seine Herzkranzgefäße jederzeit zu platzen, einem anderen genau das vorwirft, was er selber regelmäßig praktizierte und auch heute noch praktiziert, zudem mit förmlich jakobinischem (G)Eifer, ist der Spott selbstverständlich vorprogrammiert. Wie soll ich das bitte ernst nehmen? Was ist das für ein Kindergarten?
Nicht nötig, sich dabei aufs Militärische zu beschränken. Falls man heutzutage überhaupt noch unterscheiden kann zwischen soldatisch und zivil, sozusagen: Schließlich waren auch die Angstpornos, ja, der blanke „Inzidenzzahlen“-Psychoterror und die „Weiße Folter“ zur Rezessions-Corona-Hochzeit zum Zwecke der Gesinnungstrimmung der Bevölkerung von generalstabsmäßiger Qualität, mit stramm zusammengeschlagenen Hacken stets ganz auf Regierungsseite und mit zuweilen ans Arische grenzender Verachtung für Ungeimpfte.
Ganz zu schweigen vom Klimastalinismus: Fahrscham. Flugscham. Ach, ganz allgemein Reisescham. Grillscham. Haustierscham. Wieso lachen Sie? Es erschienen tatsächlich Artikel, in denen zum Beispiel Katzen vorgeworfen wurde, zu viel CO2 zu verursachen. Butterscham (wegen Methankühen und so). Kinderscham. Kein Witz. Sogar Neugeborene machten sich erheblicher Klimabelastung schuldig. Ich erinnere mich an einen Artikel der „FAZ“, in dem ein „Experte“ sich dadurch der Lächerlichkeit preisgab, von „Bauscham“ zu sprechen: Neue Wohnungen und Häuser sind der reinste Klimakiller!
Aber ich soll mich jetzt fürchten, weil irgendein Journo Kreml-Propaganda feilbot? Als fiele sie in der ständigen trilateralen, CFR-, Aspen-, Tavistok-Gender-, Club of Rome-, „Währungshüter“- oder WEF-Propaganda et cetera, et cetera, der die Menschen dieses Landes rund um die Uhr ausgesetzt sind, überhaupt noch auf.
Die entscheidende Frage muss also lauten: Wie kann der Journalismus, falls es so was im Mainstream heuer überhaupt noch gibt, wieder stubenreiner werden? Es ergibt ja keinen Sinn und führt nicht weiter, wenn Propagandisten sich gegenseitig der Propaganda beschuldigen. Um Ulm und um Ulm und um Ulm herum. Witzlos.
Gleich noch witzloser wird es, wenn solche Vendetten letztendlich nur dieselben überholten, falschen Binärnarrative notbeatmen: Hier der „gute“ Westen, dort der „böse“ Osten. Dass auf internationaler vertragsrechtlicher, sprich UN-Ebene, gleichzeitig Nägel mit Köpfen in Richtung Global Governance gemacht werden (unter Einbeziehung zahlreicher Brics-Länder), geht dabei natürlich unter …
Es wäre schon viel geholfen, könnte das nur noch unerträgliche Dauer-„Stupsen“ von Lesern und Zuschauern auf ein akzeptables Maß reduziert werden. Auf ein akzeptables Maß? Aber warum nicht ganz vermeiden?
Weil das völlig illusorisch wäre. Solange es Machthierarchien gibt, wird es auch immer den Versuch geben, diese durch Schaffung und Aufrechterhaltung einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Beherrschten und Herrschern, zwischen Regierten und Regierenden zu stützen. Erstere sollen nicht über dieselben Informationen verfügen wie Letztere. Weil das die Machtbasis gefährden würde. Wissen ist nun mal buchstäblich Macht. Solange das der Fall ist, wird es auch immer Propaganda geben, Hirnwäsche, Manipulation. Das „gemeine Volk“ soll an der Nase herumgeführt werden – an dieser uralten Herrschaftsmethode hat sich bis heute nichts geändert. Diese fundamentale Erkenntnis kann schon sehr hilfreich sein, weil einem dadurch klar wird, dass man vonseiten der „Autoritäten“ nie erwarten kann, „umfassend“ informiert zu werden. Gerade von dieser Seite nicht.
Der Rest ist Geplänkel: Wenn also nun die üblichen „eingebetteten“ Verdächtigen am lautesten schreien, weil jemand Moskau zu Diensten war, lächeln Sie bitte milde und antworten: Wer im Glashaus sitzt, kann ja gerne mit Mühlsteinen werfen, macht sich dadurch aber nur noch lächerlicher, als er ohnehin schon ist. Nicht, dass man sich noch fragen könnte, ob man manipuliert werden soll – das ist sowieso der Fall. Die Frage ist, von wem man sich manipulieren lassen möchte.
Doch das ist auf Dauer natürlich überhaupt keine Lösung, sondern wäre Fatalismus. Also wie kommt man dem nun bei? Man kann sich zumindest so weit davon „entgiften“ oder „entschlacken“, nicht mehr jedem Versuch der Einflussnahme auf den Leim zu gehen. Das gelingt nur durch eigene Weiterbildung und vor allem durch eine sorgfältigere Auswahl der Informationsquellen. Wirklich weiterführende, substanzielle Informationen mit echtem Erkenntnisgewinn gibt es im Mainstream aber nur noch sehr selten. Es gibt leider keinen anderen Weg, als selber zu denken – und das obliegt jedem Einzelnen.
Leider gilt das oben Gesagte zunehmend auch für den alternativen Sektor. Deshalb abschließend eine Warnung zu rechten Zeit: Es werden momentan Versuche unternommen, die Deutungshoheit in den alternativen Medien zu erlangen beziehungsweise zu übernehmen. Mit anderen Worten: Es soll dort ein „neuer Mainstream“ aufgebaut werden, indem neue „Meinungsführer“ durch „prominente“ Fürsprache aufgebaut werden. Aus naheliegenden Gründen: Auf „offiziellem“, sprich Mainstreamweg, wäre das nicht mehr möglich. Das Misstrauen ist zu groß geworden.
Jüngstes Beispiel für diesen Versuch (von denen es in Zukunft noch weitere geben wird): Fürstin Gloria von Thurn und Taxis war unlängst ausgerechnet bei Reichelt zu Gast und verbreitete dort – wie einige Wochen zuvor bei Jasmin Kosubek – ein paar der üblichen Desinformationen und erwähnte rein zufällig auch noch ein bestimmtes Portal. Wenn sie mit solchen Kapriolen konfrontiert sind, wissen Sie: Jap, das ist ein Täuschungsmanöver.
Bis nächste Woche.
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