28. November 2023 22:00

Populäre Irrtümer der Linken Kein „Recht auf den Besitz anderer“

Es gibt keine „(Ur-) Schuld gegenüber der Gemeinschaft“

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

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Bildquelle: Shutterstock Irrtum Nummer drei: Viele Linken denken, ihnen stünde ein Teil des Besitzes anderer zu

In meiner letzten Kolumne legte ich dar, dass die Besitznorm (Verteidigung des eigenen Besitzes, Respekt vor fremdem Besitz) von Kindern recht früh (zwei bis drei Jahre) gelernt wird, Evolution aber keine Einbahnstraße ist, und deshalb kann die Besitznorm auch wieder verlernt werden. Was bei vielen Menschen auch „gelungen“ ist, und zwar mit Propaganda und Indoktrination.

Heute will ich darauf eingehen, dass es – ohne entsprechende Vereinbarung – kein „Recht auf den Besitz anderer“ gibt – und wieso das gar nicht schlimm ist.

Kein Recht auf den Besitz anderer

Im Gegensatz zum diskursiv behaupteten Rechtspositivismus gibt es handlungslogisch nur vereinbartes Recht, kein einseitig aufgezwungenes. Recht ist dem Handeln nicht vorausgesetzt, sondern kann erst durch normatives zwischenmenschliches Handeln entstehen, also wenn mehrere übereinkommen, was gelten soll. Eine einseitige Anordnung unter Androhung von Zwang lässt keine Pflicht eines anderen entstehen, sondern sie basiert auf Macht und nicht auf Recht. Ein Recht entsteht, wenn sich ein Mensch zu etwas verpflichtet und dem anderen hiermit spiegelbildlich ein Recht einräumt. Beim Bäcker verpflichten Sie sich, zu bezahlen, und der Bäcker, das Brötchen zu übereignen. Daraufhin haben Sie ein Recht auf das Brötchen und der Bäcker hat ein Anrecht auf das Geld. Da Sie beide diesen Austausch freiwillig vereinbaren, ergibt sich a priori eine Win-win-Situation, das heißt, jeder steht danach besser als davor. Der Wohlstand und das Wohlbefinden aller Beteiligten haben sich gemehrt.

Damit jemand ein Recht hat, dasjenige zu erhalten, was Sie besitzen, also worüber Sie in einem ökonomisch-sozialen Sinne die tatsächliche Kontrolle ausüben, müssten Sie sich verpflichtet haben, ihm dasjenige zu übereigenen. Das tun Sie nur, wenn Sie dafür etwas erhalten, was Ihnen noch mehr wert ist als die Aufgabe des Besitzes an Ihrer Sache. Das kann durchaus auch ein nicht-materielles Motiv sein, etwa wenn einer seiner Frau ein schönes Auto schenkt (ein Geschenk muss auch angenommen werden, also ist auch die Schenkung ein „zweiseitiges Rechtsgeschäft“).

Wenn Sie jemand unter Androhung eines Übels, wie etwa Zwangsgeld oder Zwangshaft, zwingt, Ihren Besitz aufzugeben, dann hat er kein Recht dazu, aber unter Umständen hat er die Macht. Und Ihnen erscheint unter Umständen die Zufügung des Übels noch widriger, als den Besitz aufzugeben, sodass er damit dann Erfolg hätte. Das gibt ihm jedoch kein „Recht“ hierzu, auch dann nicht, wenn er sich in der Mehrheit wähnt.

Freilich kann derjenige, der sich Ihres Besitzes bemächtigt hat, einem dritten Nutznießer ein Recht auf das von Ihnen konfiszierte Vermögen einräumen, aber Ihnen gegenüber hat er kein Recht auf Ihren Besitz, sondern nur dem Zwingherren gegenüber – der dieses Privileg für den Dritten aber auch jederzeit wieder kassieren kann.

Fremdbesitz an den Produktionsmitteln – wer bestimmt den Produktionsprozess?

Dass es ohne entsprechende freiwillige Verpflichtung kein Recht auf den Besitz anderer gibt, ist aber gar nicht schlimm. Denn der Fremdbesitz (aus Sicht der Nichtbesitzer) an den Produktionsmitteln in der marktwirtschaftlichen Gesellschaft, also im Kapitalismus, ist kein Übelstand für die Kunden, sondern im Gegenteil. Ludwig von Mises (1881–1973) erkannte bereits, dass in der Marktwirtschaft die Besitzer der Produktionsmittel den Produktionsprozess nicht nach ihrem Gutdünken bestimmen können, wenn sie erfolgreich sein wollen, sondern dass die Kunden mittelbare, indirekte Besitzer der Produktionsmittel sind. Denn produziert der Hersteller nicht entsprechend den Wünschen seiner Kunden – die ja den Kauf und damit die Finanzierung des Produktionsprozesses schadlos ablehnen können –, dann fährt der Hersteller Verluste ein. Erleidet er dauerhaft Verluste, dann geht er insolvent und die Produktionsmittel kommen – aus Sicht der Kundschaft – in bessere Hände. In der Marktwirtschaft ist der Kunde also tatsächlich in diesem Sinne König.

Schlussbetrachtung und Ausblick

Wir haben gesehen, dass es ohne eine freiwillige Vereinbarung kein Recht auf den Besitz anderer diesen gegenüber geben kann und dass das in einer arbeitsteiligen Marktwirtschaft keinesfalls negative Auswirkungen haben muss, sondern derjenige, der profitabel produzieren will, darauf angewiesen ist, dass er die Produktionsmittel, die er besitzt, im Sinne seiner Kunden verwendet.

In meinen nächsten Kolumnen will ich auf weitere populäre Irrtümer der Linken eingehen, nämlich dass es keine „(Ur-)Schuld“ des Individuums gegenüber der Gemeinschaft gibt und warum uns die Arbeit nicht ausgehen wird – und falls dies in einem „Utopia“ doch der Fall sein sollte, dass dies nicht schlimm wäre und keinen „Zwang von oben“ erfordern würde.

Wer es nicht erwarten kann oder noch mehr „populäre Irrtümer der Linken“ widerlegt sehen will, der findet in meinem Buch der „Der Kompass zum lebendigen Leben“ ein ganzes Kapitel (XIV), in dem ich 23 populäre Irrtümer widerlege, wie beispielsweise „Öffentliche Güter (insbesondere Wege) – kann nur der Staat“, „Es ging uns noch nie so gut wie heute“, „Digitalisierung – die Arbeit geht ‚uns‘ aus“, „Facharbeitermangel – es gibt zu wenig Arbeiter“ – und so weiter. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

Quelle:

Der Kompass zum lebendigen Leben (Andreas Tiedtke)


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