06. Dezember 2023 12:00

Poschardt über Tiktok Tropfen in Fässern verbieten!

Nach einem Fall in den Brunnen ergibt ein Wasserverbot keinen Sinn

von Axel B.C. Krauss

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Bildquelle: Luiza Kamalova / Shutterstock Chinesisches Videoportal Tiktok: Vor allem unter Jugendlichen für kurze Videoclips beliebt

Ulf Poschardt, Chefredakteur der „WeltN24“-Gruppe, glaubt, ein bereits vor langer Zeit in den Brunnen gefallenes und ertrunkenes Kind dadurch retten zu können, nachträglich ein Wasserverbot auszusprechen. Sozusagen. So schreibt er in seinem Artikel „Verbietet Tiktok“ vom 1. Dezember 2023: „Tiktok ist eine Schaltzentrale antisemitischer Hetze und ideologischer Propaganda. Leider ist die Innovationskraft des Westens zu schwachbrüstig, um ein attraktiveres Angebot dagegenzusetzen. Ja, ein Tiktok-Verbot wäre ordoliberal ein Offenbarungseid. Trotzdem lässt es sich gut begründen.“

Och, Jung.

Am Anfang war das Tiktok-Video? Und Gott sprach: Es werde chinesisches Propagandalicht? Die „Innovationskraft des Westens“ war also zu „schwachbrüstig“, um soziale Netzwerke beziehungsweise Medien erfunden zu haben, auf denen ich seit vielen, vielen Jahren genau dieselben Inhalte, zum Beispiel „ideologische Propaganda“, erleben durfte und heute noch darf? Egal, ob Facebook, Youtube, Instagram, Telegram, Twitter/X: Diese Plattformen sind also über jeden manipulativen, suggestiven und propagandistischen Zweifel erhaben? Und es gibt dort auch keinerlei üblen Content, bei dem man sich zuweilen die Nase zuhalten muss? Also? Alles verbieten?

Kuratiertes Meinen – oder Meinensollen – kann wohl kaum die Lösung sein. Es ergibt keinen Sinn, Pandora mit Steroiden vollzupumpen. Wohin soll das noch führen? Als wären in den letzten Jahren nicht schon genug Versuche unternommen worden, unerwünschte, sprich inoffizielle Ansichten zu unterbinden. Zensurbestrebungen unter dem Vorwand des „Kampfes gegen Desinformationen“ gab und gibt es genug.

Die naheliegendste Lösung wäre, sich selbst mehr sogenannte „Medienkompetenz“ anzueignen: nicht jeden Quatsch gleich teilen, besser auf die Quellen der Informationen achten, einen wacheren, kritischeren Blick an den Tag legen. Ob das über ein Verbot irgendeiner Plattform gelingt, darf bezweifelt werden. Erstens, weil es mehr als genug andere gibt, über die man Einfluss nehmen könnte, zweitens, weil selbst bei einem Verbot von Tiktok die chinesische Regierung einfach eine neue Plattform aufziehen könnte. Übrigens ist seit Mai 2020 Kevin A. Mayer Geschäftsführer von Tiktok. Davor führte er den Streaming-Dienst von Disney.

Und Facebook? Arbeitete zum Beispiel eng mit dem „Atlantic Council“ zusammen, um Pro-Nato-Agitprop unter die Leute zu bringen und alles aus der öffentlichen Timeline auszublenden oder gar per Kontosperrung zu bannen, was kurzerhand als „Desinformation“ eingestuft wurde, auch dann, wenn es eigentlich nur den guten, alten Standards einer ausgewogeneren, nicht irgendeiner Denkfabrik entsprungenen oder von dieser genehmigten Berichterstattung genügte. Und jedes Mal, wenn man einen kritischen Beitrag zur offiziellen „Pandemiepolitik“ posten oder teilen wollte, wurde man vom Portal mit dem Erziehungspokal erst mal gefragt: „Bist du dir sicher, dass du diesen Beitrag posten möchtest? Wieso hältst du dich nicht ans Covid-19-Wahrheitsministerium?“

Wer zur Abwechslung vom westlichen, also natürlich durchweg „guten“ Einheitsbrei lieber Krem-Propaganda bevorzugt, kann ja auf die zahlreichen „alternativen“ Seiten und Telegramkanäle zurückgreifen, die Wladimir Wladimirowitsch zum strahlendsten Altruisten der Weltgeschichte erklären, der uns alle „befreien“ wird. Propaganda? Gar kein Problem. Sie können frei wählen zwischen vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen.

Ach ja, und erinnert sich noch jemand an den grünen Schlumpf mit den blauen Haaren? Rezo oder so. Mit einer sehr finanzstarken, einflussreichen Firma im Rücken, die ihn auf Youtube zu einem neuen Influencer aufbaute. Kurze Zeit später landete er dann – vorübergehend zumindest – bei Deutschlands führender Postille für Beziehungsprobleme und Klimatod, also Dr. Sommers Wochenblatt („Die Zeit“).

Außerdem gibt es auf Tiktok selbst ja auch nicht nur chinesische Propaganda. So hieß es in einem Artikel des „Focus“ vom 4. Dezember: „SPD-General Kühnert schießt in Video gegen Klimaskeptiker“. Allein die Wortwahl „Klimaskeptiker“ ist schon wieder so strunzdoof, dass sich daneben selbst das albernste Hüpfdohlen-Popvideo auf Tiktok wie feinster Fellini ausnimmt.

Die Reaktionen vieler User fielen dann auch entsprechend aus und belegen zudem eines meiner Hauptargumente gegen „ordoliberales“ Verbotsgeschwätz: Ganz so dusselig, wie die Politik „ihre“ Bürgen gerne hätte, um ihnen unter diesem Vorwand mehr Vorschriften machen und sie vor Desinformationen „schützen“ zu können, sind sie dann doch nicht. So heißt es im „Focus“-Artikel weiter: „Das Video wird auf Tiktok rege kommentiert. So schreibt ein User: ‚Mit solchen Dullis müssen wir uns täglich rumschlagen.‘ Einen anderen stimmt der Clip ‚fassungslos‘ und einem anderen Nutzer ‚fehlen die Worte‘. Ein weiterer meint: ‚Kevin Kühnert der Multimillionär sagt uns ,was wir zu machen haben.‘“

Ob Klima-Kevin Multimillionär ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich ihn in puncto Atmosphärenphysik nicht für ausschlaggebend halte. Auch frage ich mich, welcher restlos durchgeknallte Harlekin die SPD, immerhin eine der dienstältesten Parteien Deutschlands, eigentlich geritten haben muss, einen Kühnert ganz unironisch zum – kein Witz oder vielleicht doch – Generalsekretär zu machen.

Jedenfalls geht es mir hier natürlich um die Frage, wie man sich vor der ständigen Propaganda, den versuchten Einflussnahmen, dem „Nudging“, kurz, den regelrechten Schlachten um die Informationshoheit auch in den „neuen Medien“ schützen kann. Na, ganz einfach: indem man nur Tiktok verbietet, während man andernorts dem fröhlichen Treiben ungerührt zusieht, gelle?

Klaro. Durfte ich ja erst kürzlich wieder erleben, als die hiesige, also nichtchinesische Presse auf breiter Front die Falschmeldung, man könnte auch sagen: Desinformation ausschied, dem Bund „fehlten“ 60 Milliarden für den Klimaschutz. Welch ein Blödsinn. Denn da es sich bei der „Klima“-Politik um einen überflüssigen Ausgabenposten handelt, der aufgrund seiner Nutzlosigkeit ersatzlos gestrichen werden könnte, kann von „fehlendem“ Geld natürlich nicht die Rede sein.

Es sei denn, man möchte glauben, Politiker könnten tatsächlich das Klima regeln, und zwar weltweit. Aber das liefe darauf hinaus, zu glauben, man sei keiner Gefahr durch falsche Informationen mehr ausgesetzt, indem man eine einzige Plattform wie Tiktok verbietet, also einen Tropfen in einem Fass. Haha.

Bis nächste Woche.


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