11. Dezember 2023 17:00

„Der Spiegel“ über die AfD Durchdrehende Propagandamaschinisten

Schon die ersten Aufklärer hatten nur Verachtung für die „Kanaille“ übrig

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Shutterstock Basteln am Himmelreich auf Erden: Unmöglich, sagt die „Kanaille“ und treibt damit die postmodernen Erben der Aufklärung in den Wahnsinn

Es hat einen gewissen „Unter-haltungs-wert“, wenn „Haltungs“-Journalisten ihren „Halt“ verlieren. Verzeihen Sie bitte diesen etwas ungelenken Versuch eines Kalauers, aber eine jüngst vernommene Nachricht verdient nichts mehr als billigen Hohn und Spott. Die Nachricht nämlich, die der Webseite der „Jungen Freiheit“ zu entnehmen ist, dass das Schmierenblatt, welches sich „Der Spiegel“ nennt, öffentlich den systemtreuen Parteien den Rat gibt, mit höchst zweifelhaften Verfahrenstricks die AfD finanziell trockenzulegen und auch sonst auszubooten – und damit gut ein Fünftel des Wahlvolks faktisch in politische Quarantäne zu werfen.

Der Vorgang ist ein weiteres, tragikomisches Zeichen des sich im ganzen Westen ausbreitenden Umbruchs, dass die Vorturner der herrschenden Klasse, zu der die Pseudopriesterschaft der schreibenden Zunft bei den etablierten Medien gehört, immer häufiger und offensichtlicher auf die Schnauze fallen – wie ein alternder Akrobat, der noch immer glaubt, ohne Sicherheitsnetz auskommen zu können.

Es fällt auf, dass in Krisenzeiten der (Post-) Moderne immer wieder etwas zum Vorschein kommt, das man die „dunkle Seite der Aufklärung“ nennen könnte. Der britische Privatgelehrte, Wahlkatholik und Kulturhistoriker Christopher Dawson (1889–1970) schrieb ein Buch, das posthum 1972 unter dem Titel „The Gods of Revolution“ veröffentlicht wurde. Darin beschreibt er, was Leuchtgestalten der Aufklärung wie etwa Voltaire (1694–1778) über „das Volk“ dachten. Die „Kanaille“ sei einer Aufklärung nicht wert und verdiene „das Joch“, wird der französische Philosoph dort zitiert. Und: Er bezweifle, ob das Volk die Zeit oder die Fähigkeit zur Bildung habe. Es sei nicht der Arbeiter, den „wir“ belehren sollten, sondern der Bürger und Städter. Die Aufklärung der Schumacher und Dienstmägde, spotte er, sei Aufgabe der „Apostel“.  

In diese offensichtliche moralische Lücke und unter dem Umstand einer die Macht über führende Geister verlierenden „Apostel“ stieß Jean-Jacques Rousseau (1712–1778). Der Vordenker der Französischen Revolution sah die Wurzel aller Übel nicht in individueller Sünde oder Ignoranz, sondern, so Dawson, „in der sozialen Ungerechtigkeit und den Korruptionen einer künstlichen Zivilisation“. In seinen Schriften plädierte Rousseau, so der Engländer, „für die Sache des Individuums gegen die Gesellschaft, der Armen gegen die Reichen, des Volkes gegen die privilegierten Klassen, die Sache der Liebe gegen Konvention und der Intuition und des religiösen Gefühls gegen die Philosophen und Freigeister.“ Wobei, füge ich hier hinzu, er mit „religiösen Gefühlen“ nicht das Christentum, sondern eher eine Naturreligion meinte. Er lobte die Vorstellung vom „edlen Wilden“ und wollte die Menschheit „zurück zur Natur“ führen.

Rousseau sei der Erste gewesen, der das Feuer des „Ideals der Demokratie“ im Geist der Menschen anfachte, die aus seiner Sicht „mehr als eine Regierungsform“ sei, nämlich vor allem „eine Lebensform, eine Vision der sozialen Gerechtigkeit und der Bruderschaft“, nichts anderes also als „der Himmel auf Erden“. Soweit Dawson.

Wie der Verlauf der folgenden Revolutionen seither zeigte, ist aber keiner der von Rousseau beeinflussten Umstürzler dauerhaft vom Diktum Voltaires abgewichen, dass es Zeitverschwendung sei, „die Kanaille“ aufklärerisch belehren zu wollen. Um sie ruhig zu stellen, während man emsig am Bau des Himmelreichs bastelte, stieg man stattdessen offenbar auf Propaganda und psychologische Manipulation um. Weil diese naturgemäß nicht der Wahrheit entsprechen, hilft man mit Geld nach, das oft aus der Druckerpresse stammt. Solche Versuche enden regelmäßig in einer Katastrophe. Siehe die Exzesse der Französischen und Russischen Revolutionen, die Verwüstung der napoleonischen Kriege sowie der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus. Himmelfahrtskommandos statt Himmelfahrt also.

Jetzt, wo auch im postmodernen, relativistischen Westen auf dem immer holprigeren Weg in den Diversitätshimmel die Propagandamaschine immer mehr an Zugkraft verliert, immer mehr durchdreht und auch die Geldmaschine nicht mehr zuverlässig die Schlaglöcher füllen kann, drehen offenbar auch die Maschinisten durch. In Amerika sehen wir seit 2016 das Phänomen des „Trump derangement syndrome“ und in Großbritannien das „Brexit derangement syndrome“, eine von „Trump“ und „Brexit“ ausgelöste „Gestörtheit“, deren Opfer hinter jeder Entscheidung „des Volkes“, die sie nicht propagandistisch begleitet und genehmigt haben, böse dunkle Mächte wittern, unter anderem ironischerweise „Verschwörungstheoretiker“. In Deutschland 2023 haben wir nun eine „AfD-ausgelöste Gestörtheit“. Ein prominentes Opfer ist Ann-Katrin Müller, Autorin des oben erwähnten „Spiegel“-Kommentars. Es gibt viele andere, wie es jeder Blick in eine aktuelle Talkshow ihrer Wahl bestätigt.

In Wahrheit haben wir acht Milliarden aktuellen Erdenbewohner der „Kanaille“ sehr viel zu verdanken. Ohne ihre Emsigkeit, ihre technischen Fertigkeiten und ihren Erfindergeist, ohne ihre Umtriebigkeit, wenn sie erst einmal die Freiheit dazu hatte, hätte es im 19. Jahrhundert keine Industrielle Revolution, keine Explosion an technisch-wissenschaftlichen Durchbrüchen und keine Kapitalanhäufung gegeben, von der wir noch heute zehren. Was die „Kanaille“ nicht interessierte, waren philosophische Höhenflüge über angeblich ideale Gesellschaften und perfekte Menschen – also was von jenen Kreisen stammt, deren aktuelle Manifestation man mit dem Kürzel „Davos“ umschreiben kann. Die „Kanaille“ wusste und weiß, dass nichts und niemand auf dieser Welt perfektioniert werden kann.

Die Erben der Aufklärung versuchten, die von Voltaire und anderen zynisch benannte, moralisch schwer vertretbare „Kanaillenbildungslücke“ durch Propaganda über ein in Kürze zu erreichendes Paradies auf Erden zu überkleistern. Und jeden Widerspruch des Volkes dagegen mit Geld zum Schweigen zu bringen. Ihr jetziges Scheitern bedeutet nicht, dass nach dem nächsten Himmelfahrtskommando sie oder ihre geistigen Nachkommen es nicht nochmal versuchen werden. Was beweisen würde, dass an der Grundidee der Aufklärung selbst etwas faul sein muss.  


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