12. Dezember 2023 22:00

Populäre Irrtümer der Linken Hilfe, uns geht die Arbeit aus!

Hilfe, überall herrscht Personalmangel!

von Andreas Tiedtke (Pausiert)

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Bildquelle: Shutterstock Nur keine Panik: Es wird immer Arbeit geben

In der populären, infantilen Diskussionskultur argumentieren Menschen entsprechend ihren unterschiedlichen Bereichshaltungen, die zueinander im Widerspruch stehen, ohne dass ihnen das Kopfschmerzen bereitet. So wird beispielsweise prominent vertreten, dass uns die Arbeit ausgehen wird, insbesondere im Hinblick auf neuere Entwicklungen wie Digitalisierung und jüngst KI (Künstliche Intelligenz). Dies wird auch als Argument für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ – in Deutschland: Bürgergeld – angeführt. Wenn es zu wenig Arbeit gebe, dann müssten eben diejenigen, die „keine Chance auf einen Arbeitsplatz“ hätten, eine Art Abgeltung hierfür erhalten.

Im Widerspruch hierzu beklagen oft dieselben Menschen, dass es „überall Personalmangel“ gäbe. Bäckereien schließen wegen Fachkräftemangel, Metzgereien verkürzen ihre Öffnungszeiten, auf Handwerker muss man monatelang warten, die Gastronomen schränken ihr Angebot ein und viele mittelständische Betriebe finden kein Personal mehr.

Hilfe, uns geht die Arbeit aus!

Das Argument, dass wegen des technischen Fortschrittes dereinst die Arbeit ausgehen könnte, ist so alt wie der technische Fortschritt selbst. George Reisman, ein Schüler Ludwig von Mises (1881–1973), schrieb hierzu:

„Mises zeigte, dass der Wettbewerb im Kapitalismus einen völlig anderen Charakter hat als der Wettbewerb im Tierreich. Es handelt sich nicht um einen Wettbewerb um nur spärlich vorhandene, naturbelassene Mittel zur Sicherstellung des nackten Überlebens, sondern um einen Wettbewerb um die positive Schaffung von neuem und zusätzlichem Wohlstand, von dem alle profitieren. Der Wettbewerb zwischen Bauern, die mit Pferden arbeiten, und solchen, die mit Traktoren arbeiten, hatte beispielsweise nicht zur Folge, dass die erstgenannte Gruppe verhungerte, sondern dass alle mehr Nahrung und Einkommen zur Verfügung hatten, um zusätzliche Mengen anderer Güter zu kaufen.“

Reisman weiter: „Dies galt selbst für die Bauern, die den Wettbewerb verloren, sobald sie sich in andere Bereiche des Wirtschaftssystems integrierten, die gerade durch die Fortschritte in der Landwirtschaft expandieren konnten. In ähnlicher Weise profitierten auch die ehemaligen Pferdezüchter und Schmiede von der Verdrängung der Pferdekutschen durch das Automobil, sobald sie die notwendigen Anpassungen vornahmen.“

Wenn nun wegen Innovationen beispielsweise im Bereich der KI und allgemein der Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen, wie beispielsweise Fotografen, Foto-Modelle, Journalisten, Texter und dergleichen, dann bedeutet dies nicht, dass diese Menschen arbeitslos bleiben müssten. Diejenigen, die mit KI oder Digitalisierung ihre Produktivität steigern, können höhere Löhne erzielen. Und diejenigen, die in den vorgenannten Bereichen keine Anstellung mehr finden, können nun in anderen Bereichen arbeiten, in denen ihre Arbeitsleistung dringender benötigt wird. Der technologische Fortschritt in dem einen Bereich macht es möglich, dass nun vermehrt Güter in anderen Bereichen hergestellt oder Dienstleistungen angeboten werden können, was vorher nicht möglich war, weil die Arbeit in dem Wirtschaftszweig gebunden war, der nun durch technologischen Fortschritt effizienter produzieren kann. Dadurch können nun Bedürfnisse der Verbraucher befriedigt werden, die vorher unbefriedigt bleiben mussten. Die Arbeitsplätze fallen also nicht weg, sondern durch den technischen Fortschritt verlagern sich die Arbeitsplätze in andere Wirtschaftszweige, die andere Produkte herstellen und andere Dienstleistungen bereitstellen.

So waren im Jahr 1900 noch rund 38 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Durch Kapitaleinsatz, wie Traktoren, Mähdrescher, Düngemittel et cetera, ist die Arbeit produktiver geworden und die Anzahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft ist im Jahr 2011 auf nurmehr 1,6 Prozent zurückgegangen. Pro Hektar Agrarfläche waren 1900 noch 30,6 Arbeitskräfte tätig, 2011 waren es nurmehr 3,3. Heute produziert ein Landwirt mehr als das Dreizehnfache, was er noch nach dem Krieg 1949 produziert hatte.

Diese Arbeitsplätze sind nicht „weggefallen“, sondern es konnten Arbeitsplätze in anderen Bereichen entstehen, in denen weniger drängende Bedürfnisse als Ernährung befriedigt werden. Es wäre nicht vorstellbar, dass sich heute Menschen mit der Herstellung von Elektrofahrrädern, Stand-Up-Comedy, Smartphones, Youtube-Videos, Fernsehgeräten, Staubsaugern, Büchern, Kosmetik et cetera beschäftigten, wenn nach wie vor der relativ größte Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig sein müsste.

Die Arbeit geht nicht aus…

Die Befürchtung, dass uns die Arbeit dereinst ausgehen könnte, ist ein Hirngespinst, denn ob die Arbeit ausgeht, hängt nicht zuvörderst von technischen Entwicklungen ab, sondern es ist eine ökonomische Frage, also eine handlungslogische. Falls es irgendwann ein futuristisches Schlaraffenland gibt, in dem es keine menschliche Arbeit mehr braucht, um alle Güter und Dienstleistungen herzustellen, so würde nicht deswegen „Arbeitslosigkeit“ vorherrschen, weil niemand mehr Arbeit „finden kann“, sondern weil niemand mehr Arbeit sucht; weil es im Schlaraffenland deswegen nichts mehr zu arbeiten gibt, weil alles „im Überfluss“ vorhanden ist. Aber solange auch nur ein einziges Bedürfnis noch unbefriedigt bleibt, das durch die Handlung eines anderen befriedigt werden könnte, wird es noch Arbeitsangebote geben.

Wer behauptet, es gäbe wegen technologischen Fortschrittes heutzutage nicht genug Arbeit für alle, und wer daher erzwungene Umverteilung fordert, der widerspricht sich selbst. Durch Umverteilung sollen Menschen sich unerfüllte Bedürfnisse erfüllen können. Haben Menschen un­erfüllte Bedürfnisse, dann gibt es Bedarf an zusätzlicher Arbeit zur Erfüllung dieser Bedürfnisse. Wären alle Bedürfnisse durch den Technologieeinsatz erfüllt, bräuchte es keine Umverteilung.

Die Befürworter von Umverteilung und Bürgergeld verkennen die heutige Realität völlig: Wir sind von solchen futuristischen Zuständen weit entfernt! Die Zimmerer, Klempner, Maurer, Metzger, Rechtsanwälte, Manager, Gebäudereiniger et cetera, die heute einer bezahlten Arbeit nachgehen, tun dies, weil sie ohne ihr Gehalt eben nicht über die Mittel verfügten, die sie sich wünschen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen – weil die Technologien und das Kapital eben nicht in dem Ausmaß vorhanden sind, dass sie die Befriedigung ihrer Bedürfnisse durch weniger oder angenehmere Arbeit finanzieren könnten.

Schlussbetrachtung und Ausblick

Wie wir gesehen haben, führt der technologische und digitale Fortschritt nicht dazu, dass Menschen notwendigerweise arbeitslos würden. Vielmehr hat der technologische Fortschritt dazu geführt, dass Menschen, die in Branchen tätig waren, die relativ drängendere Bedürfnisse befriedigen, wie etwa Lebensmittelproduktion oder Rohstoffabbau, nunmehr ihre Arbeitskraft in Bereichen einsetzen können, in denen weniger drängende Bedürfnisse wie ein eleganter Haarschnitt oder der Genuss einer Podcast-Show befriedigt werden können.

In meiner nächsten Kolumne werde ich darauf eingehen, wieso es trotz des angeblich so „arbeitsplatzvernichtenden technischen Fortschrittes“ in vielen Branchen Personalmangel gibt und – vor allem – wie dieser Personalmangel aus ökonomischer Sicht leicht behoben werden könnte.

Quellen:

Zu Ehren Ludwig von Mises | 50. Todestag (George Reisman)

Das bedingungslose Grundeinkommen ist unsozial (Andreas Tiedtke)

Der Kompass zum lebendigen Leben (Andreas Tiedtke)


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