13. Dezember 2023 12:00

Jüngste Pisa-Studie Folge einer hocheffizienten Verbildungspolitik

„Mach du sie dumm, ich mach sie jetzt arm“

von Axel B.C. Krauss

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Bildquelle: Kiselev Andrey Valerevich / Shutterstock Werden an Schulen seit jeher erfolgreich blockiert: (Experimentier-) Freude, Wissbegierde und Kreativität

Bei obigem Satz handelt es sich um ein Selbstgespräch der Politik: Mach du (bildungspolitischer Arm) sie mit über die Jahre schrittweise gesenkten Leistungsansprüchen „dumm“, ich (Wirtschafts- und derzeit vor allem „Klima“-Politik) mach sie arm. Keine sonderlich nette Analyse. Aber so ist es nunmal.

Ich hatte erst im vorletzten (oder vorvorletzten) Beitrag ein paar Worte verloren über die „asymmetrische Informationsverteilung“, die eine der wichtigsten Grundlagen jeder Legitimation von Herrschaft darstellt. Man darf gewiss fragen, ob Schulen tatsächlich „mündige, aufgeklärte“ Bürger hervorbringen sollen oder vielleicht doch nur gut funktionierende Steuerschafe. Dass bestimmte Grundlagen an der Schule erst gar nicht gelehrt werden, ist ja kein Zufall, weder im Fach Politik noch darin, was wirtschaftliche oder finanzsystemische Zusammenhänge betrifft. Doch abgesehen davon: Schulen können per se keine „Ausbildungs“-Anstalten sein in dem Sinne, „fertige“ Köpfe hervorzubringen – sie dienen prinzipiell einer ersten Orientierung dahingehend, durch eine Auswahl bestimmter Fächer ein mehr oder weniger solides Fundament für die eigene Weiterbildung zu schaffen, einen Nährboden zu streuen. Dieser soll – im besten Fall – herausragende Talente frühzeitig entdecken und fördern. Ganz allgemein könnte man auch sagen, die beste Bildungspolitik sei die, die als „Appetitanreger“ fungiert.

Für Hochschulen gilt Ähnliches. Dort werden die jeweils gewählten Fächer zwar vertieft, es wird sehr viel tiefer „ins Detail“ gegangen als in der Schule – vor allem in den Naturwissenschaften oder der Medizin –, aber auch das ist keine Garantie dafür, eine Universität als „fertiger Gelehrter“ zu verlassen. War es nie. Lernen ist ein lebenslanger Prozess. Das mag trivial klingen, aber ich habe immer wieder Menschen erlebt, die tatsächlich zu glauben schienen, ein Hochschulzeugnis sei die oberste Grenze des menschlichen Erkenntnisvermögens. Die interessantesten Informationen, die wirklich neue Erkenntnisse brachten oder andere Perspektiven als die (hoch-) schulstofflichen lieferten, habe ich weder an der Schule noch an der Uni kennengelernt, sondern fast ausschließlich durch eigene Neugier.

Zum einen ist es also ein Strukturproblem des staatlichen Bildungswesens – was auch immer wieder von Fachleuten bemängelt wurde, doch wurden vorgeschlagene Reformen nie oder nur einachtelherzig angegangen. Es wurde zu viel verschlafen. Zum anderen neigte die Bildungspolitik zu lange zum Irrglauben, einfach jedes Problem mit „mehr Geld“ zum Verschwinden bringen zu können, was natürlich ebenfalls nicht funktioniert hat. Es wurden Milliarden versenkt – ohne positive Resultate.

Drittens, wie auch von einigen Kommentatoren wie zum Beispiel Harald Martenstein in der „Welt“ bereits richtig angesprochen, trug die Migrationspolitik ebenfalls dazu bei. Hier sollte man allerdings aufpassen: Die durch die jüngste Pisa-Studie deutlich gewordene Misere ist nicht allein, wie andere bereits behaupteten, Massenzuwanderung geschuldet, denn wie gesagt: Die strukturellen Probleme des staatlichen Bildungswesens bestanden schon lange vor 2015. Albert Einstein wird bis heute ein Zitat zugeschrieben, das zwar gar nicht auf ihn zurückgeht und meiner Kenntnis nach auch nicht auf Albert Schweitzer (der gerne als alternative Quelle dafür genannt wird), doch unabhängig vom Urheber ist es in seiner Aussage goldrichtig: „Wenn du einen Fisch nach seiner Fähigkeit beurteilst, auf Bäume zu klettern, wird er sein ganzes Leben lang glauben, er sei dumm.“

Womit natürlich gemeint ist: Es gibt nachweislich eine Art „massennormativen“ Effekt des kollektivistisch ausgerichteten Bildungs- beziehungsweise Schulsystems, in dem Kinder in großen Gruppen vorgegebenen Lernstoff pauken und memorieren sollen – was wir wissen, was wir nicht wissen. Das aber trägt nicht gerade dazu bei, die unabdingbare Grundlage für herausragende geistige Leistungen zu fördern, also den individuellen geistigen „Spieltrieb“. Daher ist es auch kein Wunder, dass man unter den größten Denkern – egal, auf welchem Gebiet, sei es in den Wissenschaften, der Philosophie oder der Kunst – schon seit langer Zeit einen hohen Prozentsatz an Stimmen findet, die sich eher negativ über ihre Schulzeit geäußert haben: Sie empfanden die Schule als „Korsett“, als eine Zwangsjacke, die sie an der Entfaltung ihrer eigenen geistigen Anlagen eher hinderte.

Ferner gibt es im heutigen Deutschland – auch das ist ein gewichtiger Faktor – so gut wie keine Vorbilder mehr, die junge Menschen dazu ermuntern könnten, ihren eigenen geistigen Weg zu gehen. Will sagen: Es gibt derzeit keine echte Intellektuellenkultur mehr in diesem Land. Sondern fast nur noch – vor allem „dank“ der Massenmedien – angepasste Wackeldackel, Mitläufer, Konformisten und Feiglinge, die bei jedem kleinstkarierten Gebell des geistigen Prekariats namens „Mainstream“ schnell einknicken und sich für ihre angeblichen – nicht selten eher vermeintlichen – „Fehltritte“ auch noch unterwürfig entschuldigen, als stünden sie vor Gericht. Ansonsten hat man es im ehemaligen Land der „Dichter und Denker“ höchstens noch mit Staatstrompetern wie Jürgen Habermas zu tun oder massenmedientauglichen Dressmen wie Richard David Precht.

Summa summarum kommen also mehrere Faktoren zusammen, doch die wichtigsten sind und bleiben: ein stark reformbedürftiges Bildungssystem, das zu lange geschlafen hat; die kontinuierliche Absenkung der Standards; und, bevor ich’s vergesse, haben die „neuen Medien“ ebenfalls – und leider – ihren Teil dazu beigetragen, die – wie Manfred Spitzer es einmal zu Recht ausdrückte – „digitale Demenz“ zu fördern (so der Titel eines seiner Bücher). Apple-Gründer Steve Jobs wird, wie ich in einem anderen Beitrag erwähnte, schon gewusst haben, warum er auf eine gute Ausbildung seiner Sprösslinge achtete, statt sie zu viel Zeit vor Bildschirmen verbringen zu lassen. Und er sprach nicht umsonst von einer „Bozo Explosion“.

Was das ist?

Das kann man sehr leicht selbst herausfinden. Sofern der Wille dazu vorhanden ist. Der Rest fragt nach erfolgreichem Spießrutenlauf durch die Was-wir-wissen-Schule auf Facebook: „Quelle?“ Oder mit anderen Worten: The Walking Dead.

Bis nächste Woche.


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